Dieser Übergang vom Kindes- zum Erwachsenenalter - wenn Jungs zu jungen Männern werden und Mädchen zu jungen Frauen - ist eine der wichtigsten Erinnerungen für jeden. Aber der Zeitpunkt, wenn dies passiert, wenn Jungs und Mädchen also volljährig werden, und wie dies gefeiert wird, hängt davon ab, wo und in welcher Kultur man aufwächst. Wenn man sich zurückerinnert, vergisst man wohl nie wieder seine eigene 18. Geburtstags-Party oder die seines besten Freundes bzw. seiner besten Freundin. Und warum sollten wir auch? Ob es nun peinlich oder wahnsinnig toll war, war der 18. Geburtstag - für die Jungs und Mädchen in unserem Kulturkreis zumindest - wohl einer der einschneidensten Erlebnisse, an die wir uns erinnern. Hier folgen 13 andere Traditionen, die zeigen, wie andere Kulturen die Volljährigkeit feiern.
1. Die jüdische Volljährigkeit: Bar und Bat Mitzwa
Überall auf der Welt feiern jüdische Jungs ihre Bar Mitzwa mit 13, Mädchen ihre Bat Mitzwa mit 12 Jahren. Mit dem Fest drücken sie ihre Verbindung zum jüdischen Glauben aus und müssen nun dem jüdischen Recht folgen. Nach der förmlichen, religiösen Zeremonie folgt normalerweise eine große Feier, um die harte Arbeit der Jungen und Mädchen anzuerkennen. Denn die Wochen vor einer Bar/Bat Mitzwa verbringen die jüdischen Jungen und Mädchen mit Pauken, um sich auf die Zeremonie vorzubereiten.
2. Der Sateré-Mawé Brauch: Tropische Riesenameisen sind ein Muss
Im brasilianischen Amazonasgebiet feiern 13-jährige Jungs, die dem Sateré-Mawé Stamm angehören, ihre Volljährigkeit in einer jahrhundertealten Tradition: sie suchen den Dschungel nach tropischen Riesenameisen ab. Ein Mitglied des Stammes betäubt die Riesenameisen dann und beträufelt sie anschließend mit einer Art Kräuterheilmittel. Danach werden die Ameisen in riesige Handschuhe verwoben, so dass ihr Stachel in das Innere des Handschuhs ragt. Nach einer guten Stunde wachen die Ameisen aus ihrer Betäubung auf und sind - naja - dementsprechend gereizt über ihre jetzige Situation. Genau dann beginnt die Zeremonie für die 13-Jährigen. Jeder Junge muss die Handschuhe für ganze 10 Minuten anbehalten.
Sich diesem Schmerz so lange auszusetzen, soll zeigen, dass die Jungs nun für das Erwachsenenalter bereit sind - deshalb halten die meisten Jungs dem Schmerz stand. Aufgeben würde Schwäche zeigen. Die Jungs werden aber nach und nach auf die Zeremonie vorbereitet und können in den Monaten zuvor bereits mit den Handschuhen üben.
3. Die amische Tradition: „Rumspringa”
Als „Rumspringa” wird die Zeit bezeichnet, nachdem amische Jungs und Mädchen 16 Jahre alt geworden sind. Ab jetzt können sie Wochenenden ohne ihre Familie oder andere Aufsicht miteinander verbringen. Während des „Rumspringa” werden die jungen Menschen von ihrer Gemeinde angehalten, all das auszuprobieren, was sie bisher noch nie durften: moderne Kleidung tragen, im Internet surfen oder Alkohol konsumieren. Der Gedanke dahinter ist, dass die amische Gemeinde den Jugendlichen die Möglichkeit bieten will, das Leben außerhalb der Glaubensgemeinschaft kennenzulernen. Sie dürfen alle frei wählen, ob sie zur Gemeinde gehören wollen oder ab sofort in der modernen Welt leben möchten. Die Jungs und Mädchen, die sich für das Leben im amischen Dorf entscheiden, werden bei der Rückkehr getauft und gelten dann als vollwertige Mitglieder der amischen Kirche und Gemeinde. Die Zeit des „Rumspringa” ist dann vorbei.
4. Die lateinamerikanische Volljährigkeit: Quinceañera
In vielen Teilen Mittel- und Südamerikas feiern Mädchen ihre „Quinceañera” im Alter von 15 Jahren. Der Tag beginnt traditionell mit einer katholischen Messe, in der die Mädchen ihr Taufversprechen erneuern und ihre Verpflichtungen gegenüber ihrer Familie und ihrem Glauben festigen. Gleich im Anschluss nach der Messe wird ein großes Fest mit Familie und Freunden gefeiert, auf dem viel gegessen und noch mehr getanzt wird.
5. Der amerikanische Brauch: Sweet 16
Obwohl dieser Brauch wohl weniger in der Tradition verwurzelt ist, ist der 16. Geburtstag ohne Frage einer der wichtigsten Geburtstage im Leben eines jeden amerikanischen Jugendlichen, denn ab jetzt darf man in Amerika hinter dem Steuer sitzen (und das bringt bekanntlich viel Freiheit mit sich). Für einige der Jugendlichen heißt es an diesem Tag, eine Megaparty zu schmeißen und noch ein schickes Auto von seinen Eltern abzusahnen - man erinnert sich an die MTV Show My Super Sweet 16.
6. Der Brauch der Inuit: North Baffin Island
Auf der kanadischen Baffininsel, fahren Inuit-Jungen im Alter von 11 bis 12 Jahren der Tradition entsprechend mit ihren Vätern hinaus in die Wildnis, um ihre Jagdkenntnisse unter Beweis zu stellen und sich an das raue arktische Wetter zu gewöhnen. Als Teil der Tradition stellt dort draußen in der Wildnis ein Schamane die Kommunikation zwischen den Männern und der tierischen Welt her. Heutzutage werden auch Mädchen in die alte Tradition mit aufgenommen. Außerhalb der Gemeinden gibt es mittlerweile Camps, die den Kindern alte Bräuche zeigen und vermitteln.
7. Die Khatam Al Koran Tradition: Malaysia
In Malaysia ist der 11. Geburtstag ein wichtiger Tag im Leben eines muslimischen Mädchens, denn ab diesem Tag können sie das „Khatam Al Koran” feiern. Das Ritual demonstriert das Erwachsensein der Mädchen in ihrer örtlichen Moschee. Die Mädchen bereiten sich jahrelang darauf vor, indem sie immer und immer wieder den Koran lesen, um dann das letzte Kapitel vor Freunden und Familienangehörigen während der Zeremonie frei aufsagen zu können.
8. Die Volljährigkeit der Maasai: Tansania und Kenia
Die Maasai in Tansania und Kenia haben verschiedene Bräuche, die zeigen, wie ein Junge zum Mann wird. Jungen zwischen 10 und 20 Jahren kommen zusammen, um gemeinsam als neue „Kriegerklasse” des Stammes gefeiert und willkommen geheißen zu werden. Dafür werden extra Hütten gebaut, in die sich die Jungen zurückziehen können. Die Nacht vor der eigentlichen Zeremonie schlafen die Jungen draußen in der Steppe. Im Morgengrauen kommen sie wieder und singen, tanzen und feiern ausgelassen mit dem Rest des Stammes. Sie trinken einen Mix aus Alkohol, Kuhblut und Milch und essen dabei Unmengen an Fleisch. Nach der Feier werden sie beschnitten, um die offizielle Wandlung vom Kind zum Erwachsenen, zum Krieger und zum Beschützer anzuzeigen. Wie bei vielen anderen Riten, ist es den Jungen untersagt zu zucken oder einen Laut von sich zu geben, denn das würde Schande über sie und die ganze Familie bringen.
Die kommenden 10 Jahre verbringen die jungen Männer als Krieger. In dieser Zeit lernen sie viele verschiedene Fertigkeiten. Nach einer weiteren Feier am Ende der langen Zeit haben sie das Recht, eine Frau ihrer Wahl zu heiraten.
9. Äthiopischer Brauch: Das Ochsenspringen der Hamar
In Äthiopien haben junge Männer ihre ganz eigene Art, einen Junggesellenabschied zu feiern. Das machen sie aber nicht zum Spaß, sondern weil sie ohne diesen Brauch in ihrer Gemeinde nicht heiraten dürfen. Die Teilnehmer müssen vier Mal über einen kastrierten Ochsen springen - während sie selbst nackt sind. In der Tradition der Hamar bedeutet das, dass der Junge seine Kindheit hinter sich lässt. Wenn sie erfolgreich sind, dürfen sich die „neuen Erwachsenen” zu den Maza zählen. Das sind die anderen Männer, die den Test bereits bestanden haben. Die nächsten Monate beaufsichtigen die Neuen nun die Zeremonie derer, die das Ochsenspringen noch vor sich haben.
10. Die Volljährigkeit auf Vanuatu: Land-Taucher
Bungeejumping-Enthusiasten würden hier vielleicht auch gern mitmachen: auf Vanuatu, einer kleinen Insel im Südpazifik, feiern Jungen ihre Volljährigkeit, indem sie mit einer Bungee-ähnlichen Liane um ihre Füße von einem drei Meter hohen Turm springen und kurz vor dem Aufprall erst zum Stehen kommen. Hm, aber was ist daran anders als beim Bungeejumpen? Einfach. Das Seil bzw. die Liane ist nicht elastisch. Heißt also, dass die Jungs bei falscher Berechnung auf dem Boden aufprallen und sich so schwere Knochenbrüche zuziehen können oder womöglich tödlich verunglücken.
Die Jungen springen zum ersten Mal von einem Turm, wenn sie 7 oder 8 Jahre alt sind. Es ist ihnen aber erlaubt, von einem niedrigeren Turm zu springen. Die Mütter halten einen persönlichen Gegenstand in die Luft, der für das Kindesalter des Jungen steht. Nach seinem Sprung wird der Gegenstand weggeworfen. Das symbolisiert das Ende des Kindesalter. Wenn die Jugendlichen älter werden, springen sie von einem höheren Turm, um vor den Zuschauern den Eintritt ins Erwachsenenalter zu feiern.
11. Japanische Traditionen: Seijin-no-Hi
Der zweite Montag im Januar ist in Japan ein ganz besonderer Tag, denn dann putzen sich alle 20-Jährigen in ihren besten traditionellen Outfits - oft Kimonos - heraus, nehmen an einer offiziellen Feier in einem örtlichen Rathaus teil, erhalten Geschenke und feiern die ganze Nacht lang mit Familie und Freunden. Damit wird in Japan die Volljährigkeit der Jugendlichen gefeiert, besser bekannt ist das Fest als Seijin-no-Hi.
Die Tradition fand ihre Anfänge bereits im frühen 13. Jahrhundert und drückt damals wie heute aus, dass die Jugendlichen nun volle Mitglieder der Gesellschaft sind. Erst jetzt dürfen sie wählen und Alkohol trinken.
12. Volljährig werden in China: Ji Li und Guan Li
In manchen Teilen Chinas werden seit Kurzem wieder vermehrt die konfuzianischen Zeremonien Ji Li (für Mädchen) und Guan Li (für Jungs) abgehalten. An diesen Feiern nehmen normalerweise junge Menschen teil, die gerade 20 Jahre alt geworden sind. Damit soll ihre Jugendlichkeit zelebriert und ausgiebig gefeiert werden - und das alles in traditioneller Kleidung. Für die Mädchen bietet die Feier zudem Gelegenheit, typische Ji Li Brauchtümer neu zu entdecken, wie zum Beispiel die Haare zu einem traditionellen Knoten zu drehen, sich verzierte Haarnadeln in die Haare zu stecken und dem chinesischen Vorfahren Huangdi Tribut zu zollen.
13. Brauchtum der Apachen: Feiern während des Sonnenaufgangs
Schüchternheit ist während dieser Feier des Apachenstammes in Amerika fehl am Platz. Zwar wird die Zeremonie heute nicht mehr so häufig praktiziert, doch folgt man der Tradition, müssen alle Mädchen in dem Sommer, nachdem sie zum ersten Mal ihre Periode hatten, an der Sonnenaufgangs-Feier teilnehmen. Bei der Zeremonie, die offiziell als Na’ii’ees-Feier bekannt ist, feiert man, dass die Mädchen in die Pubertät gekommen sind. Die Zeremonie dauert ganze vier Tage. Während der Zeit müssen die Mädchen bestimmten Regeln und Gesetzen folgen, dürfen sich zum Beispiel nicht waschen oder ihre Haut berühren oder von einem anderen Gefäß außer ihrem eigenen trinken. Außerdem müssen die Mädchen den „Apache-Origin”-Mythos aufführen. Damit sollen sie sich der ersten Frau des Ureinwohnerstamms - Esdzanadehe - näher verbunden fühlen. Während sie den Mythos durchspielen, sollen die Mädchen fühlen, wie die Kraft der ersten Frau durch ihre Körper fließt.
Das sind ganz schön viele Traditionen, die sich auf der Welt finden lassen. Derzeit leben ca. 1,8 Milliarden Jugendliche auf der Welt. Das heißt also, dass ein Viertel unserer Bevölkerung gerade dabei ist, ins Erwachsenenalter überzugehen. Dennoch können nicht alle jungen Menschen so ausgelassen feiern und sich über das Erwachsenwerden freuen - wenn sie zum Beispiel nicht zur Schule gehen oder eine Ausbildung anfangen und deshalb nicht aus dem Armutskreislauf herausbrechen können.
Wir müssen in Jugendliche investieren, weil Menschenrechte auch für sie gelten, ihre Bedürfnisse genauso wichtig sind wie die von Erwachsenen und weil ihre Willenskraft und ihr Potential gebraucht werden, um eine nachhaltige Zukunft zu gestalten. Es ist an der Zeit, dass Regierungen handeln!