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Vor einem Jahr habe ich an einem Seminar in Utah teilgenommen und dort von der erschreckenden Tatsache erfahren, dass ein Drittel aller Mädchen weltweit in ihrem Leben eine Form der Gewaltanwendung erfahren, entweder durch erzwungenen Sex, durch Prügel oder durch Missbrauch auf eine andere Art und Weise. Eine von Dreien ... es fällt mir immer noch schwer, das zu begreifen, vor allem wenn ich dabei an die Frauen in meinem Leben denke die mir wichtig sind.
Wenn man darüber nachdenkt, dass Gewalt gegen Frauen derart verbreitet ist, kommt man zu dem Schluss, dass wir alle eigentlich mehr darüber wissen müssten. Man würde erwarten, dass in den Nachrichten ständig darüber gesprochen und geschrieben würde und in der Schule das Thema ausdrücklich und umfassend thematisiert wird. Bedauerlicherweise ist das aber nicht der Fall. Generell spricht man nicht gerne darüber, und aus diesem Grunde bleibt das Thema oft im Dunkeln.
Wissen bedeutet jedoch Macht. Um also etwas Licht in die Angelegenheit zu bringen, sind hier 16 Mythen über das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen, mit denen ein für alle mal aufgeräumt werden soll.
1. Mythos: Gewalt gegen Frauen betrifft nur Frauen bestimmter Herkunft.
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Laut dem Verband amerikanischer Psychologen sind von Gewalttaten "alle Einkommens- und Bildungsschichten und alle Berufsstände unabhängig vom sozialwirtschaftlichen Status betroffen".
Nichtsdestotrotz sehen sich von Armut betroffene Frauen verhältnismäßig öfter Gewalttaten ausgesetzt, was es für sie noch schwieriger macht, sich selbst aus der Armut zu befreien.
2. Mythos: Täter sexueller Übergriffe sind hauptsächlich fremde Person und nicht jemand aus dem Umfeld der Opfer.
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Genau das Gegenteil ist leider der Fall. Tatsächlich ist bei zwei von drei Übergriffen der Täter eine für das Opfer bekannte Person. Noch tragischer ist die Tatsache, dass der Täter häufig aus dem familiären Umfeld stammt.
3. Mythos: Opfer von sexuellen Übergriffen sind nicht nur verantwortlich für das Geschehen, sondern hätten es auch verhindern können.
Ein junges Mädchen nimmt an dem Singapore Slut Walk in Hong Lim Park teil | Flickr:Tamara Craiu
Egal welcher Umstand zu dem sexuellen Übergriff geführt hat, eins ist absolut, unumstößlich klar: niemals ist es dabei die Schuld der Opfer.
Leider werden viele Opfer all zu oft mit scharfer Kritik aus ihrem Umfeld konfrontiert, wenn sie sich öffnen und über den Missbrauch sprechen. Man wirft ihnen mitunter vor, sich vermutlich provokativ gekleidet zu haben, betrunken gewesen zu sein, oder es wird schlichtweg vermutet, sie hätten extrem geflirtet und somit die Situation herbeigeführt.
Auch werden Opfer mitunter gefragt, warum sie den Angriff nicht gestoppt haben. Es wird ihnen unterstellt, sie hätten den Übergriff aufhalten können wenn sie es denn wirklich gewollt hätten. Eigentlich sollten solche Fragen nicht mal eines Blickes gewürdigt werden, aber nur mal so als Anmerkung: in den USA finden 29% der sexuellen Übergriffe mittels Waffengewalt statt.
4. Mythos: „Jungs sind nun mal so.“
“Stop Rape” concert in Monrovia, Liberia 2008 | Flickr:United Nations Photo
Der Gedanke, dass sexuelle Übergriffe auf Frauen stattfinden, weil die Täter unfähig sind, sich selbst zu helfen, ist absolut falsch – wir gehen einen Schritt zurück und sehen uns das Große Ganze an.
Die Grundlagen der Soziologie lehren uns, dass Männer und Frauen unterschiedlich sozialisiert sind, um unterschiedliche Rollen auszufüllen. Wir sind dazu erzogen worden, diesen Idealen zu entsprechen. Bedauerlicherweise werden in vielen Gesellschaften Männer in dem Glauben erzogen, dass Dominanz, Macht und Gewalt Qualitäten sind, nach denen Männer streben sollten. Im Zusammenhang mit dem Glauben daran, dass Frauen weniger wert sind, ist das eine gefährliche Kombination. Eine Änderung dieser Denkweise wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.
5. Mythos: Eine Heirat bedeutet eine Zustimmung / Zusage / Einwilligung.
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Egal ob verheiratet oder nicht, eine Frau muss das Recht haben entscheiden zu können was sie will und was nicht, so dass es einem Ehemann durchaus angelastet werden kann wenn er seine Ehefrau sexuell nötigt. Doch nicht in allen Ländern wird das als ein Recht anerkannt. Im Jahr 2011 hat ein UN Bericht ausgewiesen, dass in 127 Ländern Vergewaltigung in der Ehe nicht als Straftat anerkannt werden.
6. Mythos: Kriegsgewalt betrifft nur Männer.
Lt. Marimakile Kiakimuakisubua trainiert gemeinsam mit Kongolesischen Rebellen. Sie schloss sich ihnen an, nachdem ihre Mutter und ihre Schwester von den FDLR vergewaltigt worden war. | Flickr: Matchbox Media Collective
In Ländern in denen Frauen nicht am aktiven Kriegsgeschehen beteiligt sind, erfahren viele dennoch eine gewisse Art an Kriegsgewalt. Sexuelle Gewalt gegenüber Frauen (in manchen Fällen auch gegenüber Männern) wird als Kriegswaffe benutzt, vorsätzlich geplant um den Feind zu beschämen, ihn zu terrorisieren und zu demoralisieren.
Beispiele hierfür gab es in Bosnien, in Ruanda und in der Demokratischen Republik Kongo, die manchmal als die “Vergewaltigungsmetropole der Welt“ bezeichnet wird.
7. Mythos: Das Gesetz schützt Frauen vor Gewalt.
Polizisten in Shanghai. China ist nur eines von vielen Ländern, das Vergewaltigung in der Ehe nicht unter Strafe stellt. | Flickr: Tim Sheerman-Chase
Überraschenderweise wird häusliche Gewalt in ein Drittel aller Länder weltweit nicht strafrechtlich verfolgt, was bedeutet, dass mehr als 600 Millionen Frauen ungeschützt bleiben.
8. Mythos: Gewalttätige/sexuelle Angreifer machen nur einen kleinen Prozentsatz der Bevölkerung aus.
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Das meiner Meinung nach Furchterregendste: eine UN multinationale Studie hat herausgefunden, dass ein Viertel der befragten Männer schon mal ihrem Partner gegenüber Gewalt angewendet haben, und dass jeder Zehnte in seinem Leben gegenüber einer Frau schon mal sexuell übergriffig geworden ist.
Überrascht über solch offensichtliche Geständnisse? Solche Studien formulieren ihre Fragen sehr vorsichtig und gebrauchen keine Worte wie „Gewalt“ oder „Vergewaltigung“. Stattdessen klingen die Fragen eher so: „Hatten Sie je Sex mit jemandem, der zu berauscht war, um sein Einverständnis dazu zu geben“?
9. Mythos: Häusliche Gewalt und sexuelle Übergriffe sind die einzigen Arten von Gewalt die Frauen erleben.
Malala Yousafzai, Jugendleiterin und Ausbildungs-Befürworterin | Flickr: Torbjorn Kjozvold/ FMS
Frauen und Mädchen erfahren viele verschiedene Arten von Gewalt.
In manchen Gegenden der Welt ist der Mythos, dass Frauen selbst dafür verantwortlich sind sexuell angegriffen zu werden, so tief in einer Kultur verankert, dass ein Übergriff als Schande für die Familie der Opfer betrachtet wird. Um die Familienehre wieder herzustellen, haben Mädchen bereits mit ihrem Leben durch sogenannte „Ehrenmorde“ bezahlen müssen.
Darüber hinaus erfahren Frauen auch andere Arten von Gewalt wie beispielsweis in Form von Verbrennungen durch Säure. Die junge Aktivistin Malala Yousafzai, die sich für Bildung und Ausbildung stark macht, wurde zum Beispiel von den Taliban angeschossen, weil sie sich für diese Themen einsetzt.
10. Mythos: Heutzutage gibt es keine Sklaverei mehr.
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Es klingt schockierend, entspricht aber der Wahrheit! Im Jahr 2014 gibt es weltweit immer noch Millionen von Menschen die für ganz unterschiedliche Zwecke als Sklaven gehandelt wurden. Was bedeutet das für all die Frauen? Das bedeutet, dass jährlich zwei Millionen Frauen als Sex-Sklavinnen gehandelt werden.
11. Mythos: Kinderhochzeiten gehören der Vergangenheit an.
Die Geschwister Nana und Zakia Abdulrahman Mohamed Ahmed. Nana wurde mit erst 13 Jahren verheiratet und sie durfte nicht mehr zur Schule gehen. Zakia wurde 2010 verheiratet. Sie war erst 17 Jahre alt. | Flickr: Alberrt Gonzales Farran/ UNAMID
CARE berichtet, dass „heutzutage in Entwicklungsländern 51 Millionen Mädchen im Alter von 17 Jahren (oder jünger) verheiratet sind. Wenn die Kinderhochzeit in diesem Rahmen weiter ansteigt, werden in den nächsten zehn Jahren zusätzliche 100 Millionen Mädchen in den Entwicklungsländern verheiratet sein. Das bedeutet, dass 25.000 Mädchen im Laufe des kommenden Jahrzehnts täglich neu verheiratet werden“.
„Das ist eine gängige Praxis in gewissen Regionen der Welt - einschließlich Schwarzafrika und Süd-Asien. Mädchen, die jünger als 10 Jahre alt sind, sind Teil dieser Gruppe und viele davon werden mit Männern verheiratet, die mehr als doppelt so alt sind wie sie“.
12. Mythos: Weibliche Genitalverstümmelung (WGV) wird nur gegen den Willen der Frauen durchgeführt.
Yvonne Kabore ist Peer Erzieherin in Zitenga village in Zentral Burkina Faso und klärt über die Gefahren von WGV auf. | Flickr: UK Department for International Development
In einigen Fällen entspricht es tatsächlich der Wahrheit, dass man junge Mädchen die Genitalien gegen ihren Willen verstümmelt. Allerdings ist das nicht immer so.
Fardosa Mus von CARE erläutert, dass WGV „tief verankert ist in den sozialen, kulturellen und traditionellen Praktiken“. Es scheint, dass manche Mädchen diese Praktiken also möchten, weil sie glauben, dass sie dadurch heiratsfähiger werden, während hingegen andere dieser Praktik zustimmen um keine Schande über ihre Familien zu bringen. Um diese Mädchen zu beschützen, ist der erste Schritt demnach, die Gemeinschaften darin auszubilden, die Gefahren der WGV zu erkennen und die kulturellen Gründe anzusprechen.
13. Mythos: Weibliche Genitalverstümmelung (WGV) gibt es nur in Entwicklungsländern.
In Italien warnt ein Schild vor den Gefahren von WGV| Flickr: Paolo Margari
Während WGV in Afrika und im Mittleren Osten am häufigsten praktiziert wird, haben Einwanderer hingegen diese Praxis auch in andere Teile der Welt gebracht. In England zum Beispiel, unterziehen sich jährlich über 20.000 Mädchen unter 15 Jahren der WGV.
14. Mythos: Männer spielen keine große Rolle in dem Vorhaben, Gewalt gegen Frauen zu beenden.
Wikimedia Commons
Rund um die Welt gehen bereits immer mehr Männer auf die Straße, um ein Ende der Gewalt gegen Frauen zu fordern.
Sie nehmen an öffentlichen Veranstaltungen teil, haben ein wachsames Auge für Ihre Umwelt oder erziehen ihre Söhne dazu, Frauen gleichwertig zu behandeln. Ihre Unterstützung ist äußerst wichtig, um der Gewalt gegen Frauen ein Ende zu setzen.
15. Mythos: Regierungen sind machtlos darin solche Geschehnisse aufzuhalten.
Präsident Barack Obama unterschreibt den „Violence Against Woman Reauthorization Act of 2013 (VAWA) | White House Photo by Chuck Kennedy
Die Verabschiedung von Gesetzen, um Frauen zu schützen, ist nur ein Weg von vielen, wie verantwortungsvolle Regierungen ihre Bürger schützen können. Darüber hinaus ist Bildung gleichermaßen wichtig. So lange es Gesellschaften gibt, die glauben, dass Frauen den Männern untergeordnet sind, wird es weiterhin Gewalt geben - Gesetz hin oder her.
16. Mythos: Opfer von Gewaltverbrechen sind nicht in der Lage, für sich einzustehen.
Flickr: Amanda Richards
Vor allem in Filmen werden Opfer von Missbrauch oft als zerbrechlich und schwach dargestellt. Während es Opfer gibt, die sich nur schwer von dem was ihnen widerfahren ist, erholen können, gibt es aber auch solche, die ihre Stimme erheben und aktv werden, um andere Frauen vor solchen Erfahrungen zu bewahren.
Zum Beispiel bringt die Bewegung 1 Billion Rising Opfer und die allgemeine Öffentlichkeit gleichermaßen zusammen, um ein Ende der Gewalt gegen Frauen voranzutreiben.
Willst du dazu beitragen, dass Gewalt gegen Frauen der Vergangenheit bald angehört und Frauen dabei unterstützen, sich selbst aus der Armut zu befreien? Unsere Partner von CARE gehen gegen globale Armut vor, in dem sie ein besonderes Augenmerk auf Frauen und Mädchen legen. Wie jeder andere Global Citizen auch ist CARE ebenfalls der Meinung, dass Frauen, die mit geeigneten wirtschaftlichen Möglichkeiten ausgestattet werden, die Macht haben, ihren Familien und den Gemeinschaften zu helfen, der Armut zu entkommen.
Gehe auf www.care.org um mehr zu erfahren.