Am Sonntag findet die COP26 statt – das wichtigste politische Treffen für Klimaschutzmaßnahmen seit der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens. Ab dem 31. Oktober werden die Staats- und Regierungschef*innen der Welt über Fragen verhandeln, die die Zukunft unseres Planeten beeinflussen.
Das bietet enorme Chancen. Entscheidungsträger*innen können endlich Maßnahmen ergreifen, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens in greifbare Nähe zu rücken. Sie können die Voraussetzungen für einen gerechten Übergang von fossilen Brennstoffen hin zu einer inklusiven, umweltfreundlichen Zukunft schaffen.
Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es weit mehr als vage Erklärungen und Utopien. Stattdessen müssen die Staats- und Regierungschef*innen der Welt konkrete und unmittelbare politische Vorschläge einbringen, um die Treibhausgase drastisch zu reduzieren und bis 2050 die “Netto-Null“ zu erzielen.
Global Citizen arbeitet mit Dutzenden von Partnern zusammen, um politische wie auch finanzielle Zusagen von Regierungen und Unternehmen zu fordern. Konkret erhoffen wir uns die folgenden fünf Ergebnisse von der COP26-Konferenz:
1. Jährlich 100 Milliarden US-Dollar für den Kampf gegen die Klimakrise in Ländern mit niedrigem Einkommen investieren
Der Großteil der Treibhausgasemissionen, die die Klimakrise anheizen, stammt aus wohlhabenden Nationen wie den USA und Ländern in Europa. Gleichzeitig schadet der Klimawandel unverhältnismäßig den einkommensschwachen Ländern, die einen relativ kleinen Kohlenstoff-Fußabdruck haben. Wegen dieses Ungleichgewichts einigten sich die wohlhabenden Länder im Jahr 2009 darauf, diesen Ländern bis 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar (rund 86 Milliarden Euro) für den Kampf gegen die Klimakrise zu zahlen. Bis 2019 wurden allerdings nur schätzungsweise 80 Milliarden US-Dollar aufgebracht (rund 68 Milliarden Euro) – das liegt weit unter dem versprochenen Betrag. Erschwerend kommt hinzu, dass ein beträchtlicher Teil der Mittel in Form von Krediten bereitgestellt wurde. Bereits hoch verschuldete Länder müssen das Geld also zurückzahlen. Klimagerechtigkeit sieht anders aus.
Während der COP26 fordert Global Citizen die reichen Länder auf, das Ziel von 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr einzuhalten und den Großteil der Mittel in Form von Zuschüssen statt Darlehen zu vergeben.
Bis 2025 wird von den Ländern erwartet, dass sie die internationale Klimafinanzierung erhöhen. Denn auch die Auswirkungen des Klimawandels steigen exponentiell. Allein in den USA hat der Klimawandel schon jetzt Schäden in Höhe von Hunderten von Milliarden US-Dollar verursacht. Bis 2050 könnte die Klimakrise die Weltwirtschaft um 23 Billionen US-Dollar (rund 19 Billionen Euro) schmälern.
Während der COP26 wird Global Citizen die Mitgliedsländer der UN dazu auffordern, sich zu einer Erhöhung der Klimafinanzierung zu verpflichten sowie die versäumten Mittel nachträglich zu zahlen. Von der Bundesregierung fordern wir, dass Deutschland seinen jährlichen Beitrag von vier auf acht Milliarden Euro erhöht.
2. Striktere national festgelegte Klimaschutzbeiträge (NDCs)
Das Pariser Klimaabkommen sieht keinen Mechanismus, keine Sanktionen für das Verfehlen des 1,5-Grad-Ziels vor. Es beruht auf Freiwilligkeit, Integrität und guten Absichten auf Seiten der Mitgliedsländer. Die Länder legen ihre Emissionsziele und entsprechende Maßnahmen also selbst fest. Wenn sie das Abkommen ernst nehmen, entsteht eine geopolitische Dynamik, ein Gefühl, dass alle Mitgliedsstaaten auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Wenn sie das jedoch nicht tun, kann das Vertrauen in das Abkommen und die Ziele verloren gehen.
Aus diesem Grund fordert Global Citizen die Länder auf, ihre NDCs deutlich zu verbessern, um auf der COP26 eine Kultur des wissenschaftlichen Realismus zu schaffen. Derzeit hat nur ein Land – Gambia – NDCs vorgelegt, die laut Climate Action Tracker (CAT) mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar sind. Eine Handvoll anderer Länder verfehlen die Vereinbarkeit mit dem 1,5-Grad-Ziel knapp. Für die restlichen Länder kommt der CAT auf unterschiedliche Ergebnisse. Passen die Länder ihre NDCs nicht an, wird sich das Klima in diesem Jahrhundert um mindestens 2,7 Grad Celsius erwärmen. Gelinde gesagt besteht also großes Verbesserungspotential.
Wir fordern die Länder deshalb dazu auf, ehrgeizigere NDCs vorzulegen und dann konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um die Emissionen bis 2030 zunächst zu halbieren und bis 2050 die “Netto-Null“ zu erreichen. Die Emissionen steigen derzeit und es gibt kaum Anzeichen für eine Verlangsamung. Um die Emissionen zu halbieren, müssen die Länder Billionen von US-Dollar in erneuerbare Energien, die Entwicklung der Infrastruktur, das Verkehrswesen sowie den Schutz und die Wiederherstellung der Umwelt investieren.
Wir haben keine Zeit zu verlieren – die COP26 muss das Sprungbrett für einen umfassenden Wandel beim Kampf gegen die Klimakrise sein.
3. Mehr Unternehmen sollten sich der “Race to Zero“-Kampagne anschließen
Während Regierungen politische Maßnahmen ergreifen können, um die Emissionen bis 2030 zu halbieren, muss sich auch der private Sektor an der Umgestaltung der Weltwirtschaft beteiligen – und viele Unternehmen tun das auch schon.
Die Kampagne “Business Ambition for 1.5°C“ des UN Global Compact ist ein Zusammenschluss von 965 Unternehmen mit einem Gesamtbörsenwert von mehr als 13 Billionen US-Dollar (rund 11 Billionen Euro). Die haben sich verpflichtet, ihre Geschäftsmodelle im Hinblick auf das Pariser Klimaabkommen anzupassen und ihre Emissionen zu senken.
Tausende weitere Unternehmen könnten sich der Kampagne und ihren wissenschaftlich fundierten Zielen anschließen, um das Klima für kommende Generationen zu schützen. Global Citizen ruft die Geschäftswelt dazu auf, die historische Bedrohung durch die Klimakrise anzuerkennen und Maßnahmen im Hinblick auf die Pariser Klimaschutzziele zu ergreifen.
4. Unterstützung für 1t.org
Naturbasierte Lösungen sind der Schlüssel, um sowohl Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu ziehen als auch um die durch industrielle Aktivitäten verschmutzte Umwelt wieder zu verbessern. Insbesondere Bäume spielen eine immer wichtigere Rolle beim Schutz des Planeten.
Die Organisation 1t.org hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit Hilfe von Tausenden von Organisationen und Millionen von Freiwilligen weltweit eine Billion Bäume zu schützen, zu pflanzen und aufzuziehen. Investitionen in Bäume können nicht nur die Luftverschmutzung verringern sowie Wasser und Böden reinigen, sondern erzeugen auch wirtschaftliche Aktivität.
Global Citizen fordert Organisationen, Unternehmen und Regierungen dazu auf, sich im Rahmen von 1t.org zu engagieren.
5. Wichtigen Themen die Aufmerksamkeit schenken, die sie verdienen
Tausende von Staats- und Regierungschef*innen, Führungskräfte von Unternehmen, Teams von gemeinnützigen Organisationen, Umweltaktivist*innen und Organisator*innen werden zur COP26 nach Glasgow reisen. Das Zusammentreffen so vieler einflussreicher Köpfe hat das Potenzial, den Diskurs über Klima- und Umweltschutz für das nächste Jahr, sogar Jahrzehnt, zu bestimmen.
Wir hoffen, dass auf der Konferenz mehrere Themen zur Sprache kommen: Klimaanpassung, naturbasierte Lösungen, der Zusammenhang von Klimawandel und Armut, Umweltgerechtigkeit und die Stärkung von Gemeinden.
In der jüngeren Geschichte konzentrierten sich die Klimaschutzmaßnahmen verständlicherweise auf die Eindämmung des Klimawandels. Doch schon jetzt hat dieser verheerende Folgen für die Bevölkerung. Deshalb ist es dringend erforderlich, dass die Länder in gleichem Maße in Anpassungen an den Klimawandel investieren.
Zudem liegt der Fokus häufig auf technologischen, teils utopischen Lösungen, um den Klimawandel aufzuhalten. Dabei ist schlicht der Erhalt und die Wiederherstellung unserer Natur eine wirksame Maßnahme, um die schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise zu mildern.
Der Klimawandel ist mit allen anderen Problemen der Menschheit verknüpft, einschließlich Armut, Hunger, Wasserknappheit, gesundheitliche Ungleichheit, Geschlechterungleichheit und Rassismus.
Deshalb ist es wichtig, dass die Klimapolitik einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt und berücksichtigt, wie sich Investitionen und Desinvestitionen auf Gemeinschaften auswirken. Ein “gerechter Übergang“ bedeutet mehr als nur schrittweise aus fossilen Brennstoffen auszusteigen. Er bedeutet auch, dass Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten aus der Vergangenheit abgeschafft werden.