Facebook versucht mir wohl gerade etwas zu sagen: ich soll mich angeblich mit Diamantringen beschäftigen— oder zumindest wollen das die ganzen Werbebanner in meinem Newsfeed. Was soll denn das? Hat das etwa was mit meinem Beziehungsstatus zu tun? Meinem Alter? Falls es tatsächlich etwas mit meinem Alter zu tun hat, dann ist das echt nicht cool!

Wobei mich das nicht überraschen sollte. Denn dem Pew Research Center zufolge, heiraten die meisten Frauen in Amerika, wenn sie in meinem Alter sind. Und dabei spielen Diamantringe eine sehr große Rolle. Seit 2007 haben etwa 80% aller Bräute in Amerika einen Diamantring zur Verlobung bekommen. Das ist eine ganze Menge glitzernder Steinchen.

In meinem Fall allerdings habe ich versucht, die glitzernden Ringe auf meinem Bildschirm zu ignorieren - und zwar aus zwei Gründen. Erstens: wenn ich einmal anfange mich durch die Bilder zu klicken, wird es schwierig damit aufzuhören (sie glänzen so schön!). Und zweitens: seitdem ich meinen Allzeit-Schwarm Leonardo DiCaprio in den Film 'Blood Diamond' gesehen habe, befürchte ich jedes Mal, eine Industrie zu unterstützen, die möglicherweise etwas mit Blutvergießen und Konflikten zu tun hat. Denn ich persönlich könnte einen aus ethisch unbedenklicher Herkunft stammenden Diamanten definitiv nicht von einem Blutdiamanten unterscheiden. Ihr etwa?

Giphy

In dem Versuch, das ganze Thema also besser zu verstehen und hoffentlich ein klein wenig Wissen an all die zukünftigen Bräute (oder Bräutigame oder Singles oder...jedem!) da draußen weiter zu geben, hab ich mich mal ein klein wenig schlau gemacht.

Hier ist was ich gelernt habe:

1. Schätzungen aus dem Jahr 2013 besagen, dass pro Jahr ca. 33 Millionen Karat an Rohdiamanten produziert werden, hauptsächlich in Botswana und Russland. Diese zwei Länder machen gemeinsam die Hälfte der weltweiten Diamantproduktion aus. Die andere Hälfte teilen sich maßgeblich Australien, Angola, Namibia und Kanada.

2. Blutdiamanten, auch als Konfliktdiamanten bezeichnet, werden von den Vereinten Nationen folgendermaßen definiert: „Diamanten, die aus Gegenden stammen, die von Streitkräften oder Fraktionen kontrolliert werden, die sich entgegen rechtmäßiger und international anerkannter Regierungen bewegen, und die dazu genutzt werden, um militärische Gefechte zu finanzieren, die gegen anerkannte und/oder rechtmäßige Regierungen, oder gegen die Entscheidungen des Sicherheitsrates verstoßen.“

Zum Beispiel:  die Profite, die durch Blutdiamanten gemacht wurden, finanzierten selbsternannte lokale Machthaber und Rebellen während der Kriege in Angola, der demokratischen Republik Kongo und Sierra Leone. Amnesty International berichtete, dass diese Kriege zusammen 3.7 Millionen Menschen das Leben kostete.

CNN fügte hinzu, dass “neben den unschuldigen Menschen, die in diesen durch den Diamantenhandel entstandenen Konflikten gefangen sind, gibt es zudem tausende von Männern, Frauen und Kindern in Ländern wie Sierra Leone, die als Sklaven ausgebeutet werden, um die Diamanten zu 'ernten'. Dabei werden sie oftmals gezwungen, äußert primitive Methoden anzuwenden, wie beispielsweise mit ihren bloßen Händen in Schlamm und Schotter entlang der Flussufer zu graben.“

3. Der Handel mit Blutdiamanten kann nur gemeinschaftlich durch eine internationale Zusammenarbeit aller Nationen in Partnerschaft mit der internationalen Diamantindustrie sowie zivilgesellschaftlicher Organisationen wie Global Witness beendet werden. Global Witness entwickelte im Jahr 2003 den sogenannten Kimberley-Prozess, was quasi ein international kooperierendes Überwachungssystem ist, das eingerichtet wurde, um den Handel von „Konfliktdiamanten“ – Rohdiamanten, die von Rebellenbewegungen geschmuggelt werden, zu unterbinden. Durch dieses Zertifikat-System wird verhindert, dass Blutdiamanten auf den geregelten Handelsmarkt kommen, indem Teilnehmerstaaten gewisse Mindestvoraussetzungen erfüllen müssen und darüber hinaus zugestimmt haben, nur mit anderen Teilnehmern zu handeln. 

4. Halt, Moment mal! Dieser Kimberley-Prozess hat einige große Schwachstellen. Erstens, die Definition von Blutdiamanten ist ziemlich vage: nur “Rohdiamanten, die von Rebellenbewegungen genutzt werden, um Kriege gegen rechtmäßige Regierungen zu finanzieren” gehören dazu. Das heißt, dass die Ausnutzung der Arbeiter hier nicht angesprochen wird. Zweitens, indem hier nur von Rohdiamanten gesprochen wird, werden die geschliffenen, polierten Diamanten von diesem System nicht mit einbezogen. Und schließlich: die Zeitung Guardian wies darauf hin, dass das „KP Zertifikat nicht für einen einzelnen Stein gilt, sondern sich auf einen Satz an Rohdiamanten bezieht, die dann geschliffen und in die Welt hinaus verschickt werden. Und ohne eine Frachtnummer endet die Spur hier.” Der Käufer hat also doch keine Kontrolle über die Herkunft der Diamanten. Da es dem Kimberley Prozess nicht möglich war, diese Fehler zu korrigieren (was dazu führte, dass Diamanten mit ethisch bedenklicher Herkunft wie Zimbabwe, Venezuela und der Elfenbeinküste dennoch Zertifikate erhielten) trat die NGO Global Witness im Jahr 2011 als offizieller Beobachter zurück.


Mit all' diesen Informationen bin ich nicht mehr so zuversichtlich, was meine Rolle als ethisch verantwortungsbewusster Käufer angeht. Klar ist, dass der Kimberley Prozess nicht genug getan hat, um den Handel mit Blutdiamanten zu verhindern. Aber was heißt das jetzt für uns?

Falls du dich dazu entschieden hast, dass du nicht zu den blutigen Kämpfen um Diamanten beitragen möchtest, gibt es mehrere Möglichkeiten für dich. Warum zum Beispiel nicht ganz auf Diamanten verzichten und sich stattdessen mit einem wunderschönen Smaragd oder einem schicken Saphir wie die englische Prinzessin Kate Middleton beglücken? Oder man greift auf künstliche Diamanten zurück. Mach dich einfach schlau und du wirst mit Sicherheit überrascht über die Angebotsvielfalt sein.

Viele Firmen weisen darauf hin, dass sie Teil des Kimberley Prozesses sind, aber wir wissen ja inzwischen, dass das nicht genug ist. Aber auch hier gibt es Alternativen. Die Firma ‚Brilliant Earth’ zum Beispiel hat sich dazu verpflichtet, absolut sicher zu gehen, dass all ihre Diamanten eine ethisch unbedenkliche Herkunft haben. Außerdem fließen 5% ihres Gewinns in Bildungsprojekte, Projekte zur Wiederherstellung der Umwelt und in die wirtschaftliche Entwicklung von ehemaligen Bergbaukolonien.

Als Käufer haben wir durchaus mehr Kontrolle als wir denken. Indem wir Händler wissen lassen, dass wir solche Zustände nicht dulden, können wir sie dazu bewegen, neue Regeln einzuführen, die ihre Arbeiter schützen und Konflikte vermeiden.

Editorial

Gerechtigkeit fordern

Ein Blick in die Welt von Blutdiamanten

Ein Beitrag von Christina Nuñez