Ihren Namen, Sharbat Gula, kennen vielleicht die wenigsten - aber ihr Foto, ein ganz bestimmtes Foto von Gula, kennt fast jeder.

Im Jahr 1985 wurde die damals 10-jährige Gula unabsichtlich zum Gesicht der afghanischen Flüchtlingsbewegung, als Fotograf Steve McCurry sie in einem Camp an der Grenze zwischen Afghanistan und Pakistan ablichtete.

Ihr Gesicht mit den ‘stechend grünen Augen’ landete auf dem Cover des National Geographic Magazins - und erlangte neben weltweiter Aufmerksamkeit Ikonen-Status.

Heute, über 30 Jahre später, hat Gula nach einem langen Leben als Flüchtling endlich einen Ort gefunden hat, den sie ihr zuhause nennen kann: Die afghanische Regierung hat ihr ein Haus in Kabul, der Hauptstadt Afghanistans, zugesprochen. 

Damit gehört Gula zu den gerade einmal 17% aller afghanischer Frauen im Land, die ein eigenes Haus besitzen.

Die Regierung hat zudem zugestimmt, Gula monatlich mit einem Betrag in Höhe von 700 US-Dollar für Lebensunterhaltskosten und Gesundheitsversorgung unter die Arme zu greifen, so ein Sprecher des afghanischen Kommunikationsministeriums.

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Wie der Sender BBC berichtet, sind das Haus und die finanzielle Unterstützung Teil eines Versprechens, das die Regierung Gula Anfang 2017 gegeben hat, nachdem sie nach 35 Jahren in Pakistan in ihr Heimatland Afghanistan zurückgekehrt ist. 

Gegenüber dem BBC erzählt Gula, sie sei gerade mal 10 Jahre alt gewesen, als das berühmte Foto von ihr entstand. Und während sie als McCurrys Fotomotiv internationalen Ruhm erlangte, entpuppte sich ihr Ruhm als zweischneidiges Schwert.

Jahrzehntelang lebte Gula ein wie sie selbst sagt "sehr gutes Leben" in Pakistan. Bis sie letztes Jahr von den Behörden festgenommen und beschuldigt wurde, illegal einen pakistanischen Personalausweis erhalten zu haben (die New York Times berichtete). Daraufhin verbrachte Gula 15 Tage im Gefängnis und wurde dann nach Afghanistan gebracht.

Nach ihrer Freilassung sagte Gula der AFP: „Afghanistan ist mein Geburtsort, aber Pakistan war meine Heimat, und ich habe es immer als mein eigenes Land betrachtet ... Ich habe keine andere Wahl als zu gehen."

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Gulas Festnahme machte aufgrund ihrere Bekanntheit international Schlagzeilen, woraufhin die pakistanische Regierung ihr später die Chance gab, im Land zu bleiben. Aber Gula lehnte das verspätete Angebot ab, berichtete die BBC.

„Ich sagte ihnen, dass ich in meine Heimat zurück gehe. Ich sagte: 35 Jahre war ich hier, und am Ende hast du mich doch [so schlecht] behandelt. Es reicht."

Aufgrund Gulas Bekanntheit wurde sie öffentlich “nach ihrer Rückkehr in Afghanistan herzlich willkommen geheißen”, so Manizha Naderi, Geschäftsführerin der Organisation ‘Frauen für afghanische Frauen’ gegenüber National Geographic. Wohingegen „tausende anderer afghanischer Frauen gewaltsam zurückgeschickt werden, ohne Familie, Haus, Arbeit oder die Möglichkeit auf ein sicheres, stabiles Leben", so Naderi weiter.

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Laut Human Rights Watch leben etwa 2,5 Millionen afghanische Flüchtlinge in Pakistan.

Etwa eine halbe Million afghanischer Flüchtlinge wurden letztes Jahr von Pakistan nach Afghanistan abgeschoben. Fast 365.000 dieser Menschen waren in Pakistan als Flüchtlinge registriert, was sie ursprünglich davor bewahren sollte, aus dem Land gewiesen zu werden.

Mehr als 200.000 von ihnen waren jedoch wie Gula ohne Papiere und wandten sich daher gefälschten Dokumenten zu, berichtet Human Rights Watch.

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„Ich sagte der Polizei, dass ich diesen Ausweis nur für zwei Dinge gebraucht habe - um meine Kinder zur Schule schicken zu können und um mein Haus zu verkaufen - was ohne den Personalausweis nicht möglich gewesen wäre", sagte Gula der BBC.

Denn nur drei Jahre nach ihrer Begegnung mit McCurry wurde Gula als Kinderbraut zwangsverheiratet.

„Wenn ich nochmal 10 sein könnte, würde ich zur Schule gehen wollen. Ich hätte im Alter von 13 Jahren nicht geheiratet", sagte Gula der BBC.

Als der damalige Fotograf McCurry Gula im Jahr 2002 wiederfand, war sie bereits eine Mutter, in der Hoffnung, ihren Töchtern die Bildung zu ermöglichen, die sie selbst nicht bekommen hatte, so National Geographic. Nun, da Gula und ihre Töchter nach Afghanistan zurückgekehrt sind, ist es allerdings weiterhin unklar, ob ihre Töchter diese Ausbildung bekommen können. Rund 3 Millionen Mädchen in Afghanistan gehen nicht zur Schule.

Global Citizen setzt sich dafür ein, dass Mädchen und Frauen gleichberechtigte Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben bekommen, einschließlich dem Zugang zu Bildung. Du kannst dich ebenfalls stark machen und dich hier gegen Kinderehen einsetzen.

Gula sagte gegenüber BBC, dass sie anderen helfen und ihr Leben in Afghanistan wieder aufbauen möchte: „Ich möchte eine Wohltätigkeitsorganisation oder ein Krankenhaus gründen, um allen Armen, Waisen und Witwen zu helfen", sagte sie. „Ich möchte, dass Frieden in dieses Land kommt, damit die Menschen nicht obdachlos werden. Möge Gott diesem Land helfen."

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Sie war das ‘Mädchen mit den stechend grünen Augen’ - 33 Jahre später hat sie endlich ein Zuhause

Ein Beitrag von Daniele Selby