.
“Das ist nur was für Männer, lass die Finger davon“, bekam Sandra Ahiataku von Freund*innen und ihrer Familie zu hören, als sie sich entschied, Computerwissenschaften zu studieren. “Aber ich habe nicht hingehört und zu mir selbst gesagt: Ich kann das schaffen.“
Anfangs fand sie es nur unterhaltsam, dass ein Computer für sie schrieb, wenn sie mit dem Finger auf den Tasten tippte. “Ich habe die Logik dahinter nicht verstanden“, sagt Ahiataku. “Bis ich begann, Fragen zu stellen.“
Ahiataku ist 27 Jahre alt und lebt in Kumasi, der zweitgrößten Stadt in Ghana. Das westafrikanische Land gilt als Vorzeigeland in der Region. Es gibt eine stabile, funktionierende Demokratie, seit Jahren wächst die Wirtschaft. Dennoch gibt es zu wenig Jobs für die wachsende Gesellschaft – für Frauen ist es häufig noch schwieriger, einen Job zu finden.
“Aber die Geschichte der Frauen in Ghana ändert sich gerade“, sagt Sandra Ahiataku. “Früher wurden Frauen hier diskriminiert, hatten es deutlich schwerer, in die Schule gehen zu dürfen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Aber mittlerweile haben Frauen in Politik und Unternehmen Führungspositionen inne – und mehr und mehr Frauen gründen ihre eigenen Start-ups – auch im Tech-Bereich.“
Daran ist Ahiataku nicht ganz unbeteiligt. Sie arbeitet an der “Kumasi Hive“, einer jungen, innovativen Institution in Kumasi, der zweitgrößten Stadt des Landes. Dort unterrichtet Ahiataku Frauen und Mädchen in IT und Technik.
Die Workshops sind für die Frauen und Mädchen im Alter von sechs bis 35 Jahren kostenlos. Finanziert wird das Projekt mit Unterstützung von Stiftungen und Organisationen, etwa der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), UNICEF oder dem British Council.
Die Workshops können als Praktikum dienen oder für die Gründung eines eigenen Unternehmens. Mehr als 700 Frauen und Mädchen haben das Angebot bereits wahrgenommen, rund 50 von ihnen haben danach ein eigenes Start-up gegründet.
“Weltweit dreht sich mittlerweile alles um Technik. IT und Technologien werden zu einem unersetzlichen Tool, das sich in der Arbeitswelt nicht mehr wegdenken lässt. In Afrika gibt es eine hohe Arbeitslosenrate – eine digitale Ausbildung ist da die wichtigste Qualifikation, um einen der wenigen Jobs zu ergattern“, sagt Ahiataku.
Ahiataku unterrichtet die Frauen in Web und Grafikdesign, erklärt das “Internet der Dinge“. Sie gibt Mädchen im Grundschulalter ein Verständnis für Technologien mit auf den Weg und hilft Frauen dabei, ihre eigenen Tech-Start-ups aufzubauen.
In der Hauptstadt Accra hat “Kumasi Hive“ eine Kooperation mit dem Accra Digital Centre, wo Sandra Ahiataku derzeit Frauen im “Mobile App Development“ trainiert.
“Ein Grund für die Armut in Ghana ist, dass Frauen von ihren Männern abhängig sind und oftmals kein selbstständiges Leben führen können. Mein Projekt will genau dieses Problem angehen und benachteiligten Mädchen und Frauen in der Gesellschaft einen Ausweg zeigen.”
Ihre Schülerinnen kommen aus dem ganzen Land. Manche von ihnen sind zur Schule gegangen, können lesen und schreiben. Andere haben nie eine Schule besucht. “Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die weniger privilegierten Mädchen und Frauen zu unterstützen und ihnen Wissen an die Hand zu geben, mit dem sie unabhängig sein können und es leichter haben, einen Job zu finden und Geld zu verdienen.”
Dass dieses Projekt Früchte trägt, beweisen Dutzende erfolgreiche Start-ups, deren Gründerinnen zuvor an Trainings der “Kumasi Hive” teilgenommen haben – wie etwa Bamocare, eine Online-Plattform, die Kinderspielzeug, Babynahrung und Umstandsmode verkauft. Oder Aduane Fie, einer Webseite, auf der man Rezepte für traditionelle ghanaische Gerichte bekommt.
“Die meisten der Mädchen und Frauen kommen ohne irgendein digitales oder unternehmerisches Vorwissen zu unseren Workshops. Die Erfolgsgeschichten zeigen mir, wie sinnvoll meine Arbeit ist. Durch ihre neu erlernten Fähigkeiten kommen Frauen an die wenig verfügbaren Jobs oder gründen ihre eigenen Unternehmen und werden so in der Gesellschaft sichtbarer.”