So setzt sich dieser Aktivist und Tänzer für sauberes Trinkwasser ein

Autor:
Jana Sepehr

© Steffen Z Wolff

Eine Generation. Eine Zukunft. 
Überall auf der Welt gibt es junge Aktivist*innen, die mit ihrem Handeln dazu beitragen, die Welt zu einem gerechteren Ort zu machen. Diese Aktivist*innen wollen wir mit der Serie Eine Generation. Eine Zukunft. in den Mittelpunkt stellen. Nobert Latim gründete in seiner Heimat Uganda Viva con Agua Kampala. Mit verschiedenen Projekten will er dafür sorgen, dass mehr Menschen Zugang zu sauberem Trinkwassser und sanitärer Versorgung erhalten. Hier erzählt er Global Citizen seine Geschichte.

"2013 lernte ich den Rapper Marteria während seines Besuchs mit Viva con Agua (VcA) in Uganda kennen. Die Begegnung mit Marteria war toll. Aber was mein Leben wirklich verändert hat, war eine kurze aber eindrucksvolle Begegnung mit Michael Fritz – Gründer von der gemeinnützigen Wasserinitiative VcA aus Hamburg.

Bevor ich Michael kennenlernte, habe ich mir selbst oft die Frage gestellt, wie ich Bedürftigen in Uganda helfen kann. Vor allem den Straßenkindern, deren Situation mich besonders erschüttert hat. Viele von ihnen leben in den Tag hinein, ohne Hoffnung oder Ansprüche, außer, die nächste Mahlzeit aufzutreiben.

Damals war ich Tänzer und dachte: Nur wenn ich es schaffe, berühmt und reich zu werden, könnte ich etwas verändern. Für mich hatte die naheliegendste Lösung immer mit finanziellen Mitteln zu tun hatte. Ich dachte: Ohne Geld lässt sich nichts bewirken.

Geld war für mich Mittel und Zweck zugleich. Während meines Gesprächs mit Michael wurde mir allerdings klar, dass Geld zwar wichtig, aber nicht die einzige Voraussetzung ist. Unsere Unterhaltung war der Auslöser für mein sechsmonatiges Praktikum 2014 in Deutschland. Es war mein erster Berührungspunkt mit einer Non-Profit-Organisation (NGO) – und hat mein Verständnis darüber, wie NGOs arbeiten sollten, nachhaltig beeinflusst.

Die Vision von Viva con Agua ist eine Welt, in der jeder Mensch Zugang zu sauberem Trinkwasser hat. Durch das Sammeln von Pfandbechern auf Festivals, dem Verkauf einer eigenen Mineralwasser-Marke für den guten Zweck und vielen weiteren Aktionen unterstützt VcA Gemeinden, denen es an Trinkwasser und sanitären Einrichtungen mangelt.

Meine Zeit bei VcA war sehr inspirierend und lehrreich. Ein Moment hat mich besonders zum Nachdenken angeregt, VcA in Uganda zu gründen. Im November 2014 haben VcA und das Sozialunternehmen Goldeimer e.V. eine Straßenaktion auf der Hamburger Reeperbahn durchgeführt, um das Bewusstsein für die zahlreichen Menschen zu schärfen, die keinen Zugang zu Toiletten haben und ihr Geschäft in Büschen oder an unsicheren Orten verrichten müssen.

Bei dieser Aktion ließen sich die Aktivist*innen von Viva con Agua und Goldeimer drei Tage lang (!) auf Toiletten aus Plexiglas am Straßenrand nieder – mit heruntergelassenen Hosen und bei eisigen Temperaturen. Dieser Anblick hat mich zutiefst beeindruckt, weil er die Frage in mir aufsteigen ließ, wie viele von uns in Uganda dazu bereit wären, aus ihrer Komfortzone herauszutreten – sei es in finanzieller, kultureller oder bildlicher Hinsicht, um Bedürftigen zu helfen.

Damit will ich nicht sagen, dass wir in Uganda mit derselben Aktion auf die Straße gehen sollten, da sie in einem afrikanischen Kontext wahrscheinlich anders wirken würde. Vielmehr habe ich mich gefragt, wie viele von uns gesellschaftlich und kulturell geprägte Grenzen herausfordern würden, um die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Problem zu lenken.

Dabei zuzusehen, wie sich Menschen fernab des Problems so sehr für dessen Lösung einsetzen – ich wage fast zu sagen, mehr als die Menschen vor Ort – hatte etwas sehr faszinierendes. Genau das zeichnet VcA für mich aus und ist das, was ich zurück nach Uganda mitnehmen wollte. Eine Plattform, die jeden willkommen heißt, inspiriert und motiviert und alle, unabhängig von ihren Unterschieden, zusammenkommen lässt, um den gemeinsam angestrebten Wandel umzusetzen: eine Plattform, die Gegensätze bündelt und in einer Vision zusammenfasst.

Obwohl der Fokus von Viva con Agua auf WASH-Initiativen (Water, Sanitation and Hygiene) liegt, schaffen sie es über die universelle Sprache von Kunst, Sport und Musik, ihre Projekte für jeden zugänglich zu machen. Ich hoffe, dass sich die Energie, die die Gemeinschaft in Deutschland auszeichnet und über sich hinaus wachsen lässt, auch auf VcA Kampala überträgt – der Plattform, die nun Ugander*innen dazu bringen möchte, in sich zu gehen und eigenständig Lösungen für ihre Probleme zu entwickeln, sich gegenseitig als Expert*innen anzusehen und dabei zu unterstützen, diese Lösungen umzusetzen.

VcA Kampala gibt es seit Dezember 2014. Seitdem ist die Gemeinschaft stetig gewachsen und besteht mittlerweile aus Tänzer*innen, Künstler*innen, Musiker*innen, Sportlerpersönlichkeiten, Partnerorganisationen und ganz normalen Ugander*innen – alle vereint über eine Plattform.

VcA Kampala führt gemeinsam mit Mitgliedern aus der Viva con Agua Familie WASH Workshops wie Football 4 WASH, Dance 4 WASH und Kunstveranstaltungen und Ausstellungen mit lokalen Künstler*innen durch. Diese Aktionen sind ein großer Schritt in die richtige Richtung, wenn es darum geht, das Land für das eigene Potential zu sensibilisieren und sich seiner Verantwortung für die weniger Begünstigten anzunehmen.

Jedes Jahr organisiert VcA Kampala mithilfe einiger Unterstützer*innen das #WELOVEYOUGANDA Festival anlässlich des Weltwassertags (World Water Day), an dem wir nicht nur die Ressource Wasser feiern, sondern auch Workshops abhalten, Spenden durch Eintrittsgelder sammeln und Kunstwerke zeigen, deren Erlös anteilig direkt in VcA Projekte fließen."