Dürre, bewaffnete Konflikte, ehemalige Kolonie: Die westliche Berichterstattung oder Filme wie “Casablanca” und “Jenseits von Afrika“ zeigen oft ein einseitiges, stereotypes Bild von Afrika. Dabei ist Afrika kein Land, sondern ein Kontinent mit vielseitigen und vielschichtigen Kulturen und Landschaften.
Genauer: Ein Kontinent mit 54 Ländern, von denen jedes einzelne seine eigene Geschichte, Traditionen und Herausforderungen hat. Um dieser Vielfalt Ausdruck zu verleihen, wird seit 2012 einmal im Jahr der "Contemporary African Photography Prize“ (kurz: CAP Prize) vergeben. In beeindruckenden Bildern zeigen die nominierten Fotograf*innen moderne, afrikanische Gemeinden bei der Aufarbeitung ihrer kolonialen Vergangenheit und der Ausübung ihrer Kulturen und Traditionen.
Die folgenden Fotografien sind eine kleine Auswahl aus diesem Pool an inspirierenden Werken, die das Leben in Ländern wie Marokko, Südafrika und Tansania portraitieren.
Die beeindruckende Serie “Monankim” von Jenevieve Aken aus dem Jahr 2017 beleuchtet das traditionelle Ritual “Monankim“, das von Angehörigen der Bakor-Gemeinschaft im Cross River State, Nigeria, praktiziert wird. Die Bakor setzen sich aus mehreren Stämmen zusammen. Bei dem Monankim-Ritual werden Mädchen im Alter von 14 bis 18 Jahren beschnitten. Dies soll ihre Reinheit bewahren, während sie zu Frauen heranwachsen.
Die Fotografin Aken gehört selbst einem Stamm der Bakor-Gemeinde an. Ihre Arbeiten zeigen den komplexen Spagat zwischen dieser kontroversen Tradition und dem heutigen Verständnis von Frauen- und Menschenrechten.
In ihrer Serie “Finding Freedom in the Water” von 2016 hält die Fotografin Anna Boyiazis den Schwimmunterricht in einem Schwimmbad auf Sansibar, Tansania, fest. Für viele Menschen auf der Welt ist es ganz normal, als Kind schwimmen zu lernen. Für Mädchen und Frauen auf Sansibar ist es eine riesige Errungenschaft.
Die meisten Einwohner*innen Sansibars gehören dem islamischen Glauben an. Vor allem die konservativen islamischen Wortführer auf der ostafrikanischen Insel stellen sich oft dagegen, wenn Frauen und Mädchen in der Öffentlichkeit schwimmen. Boyiazi dokumentiert die Arbeit des gemeinnützigen Vereins "Panje Project", der Mädchen und Frauen Ganzkörper-Schwimmanzüge bereitstellt und ihnen das Schwimmen beibringt.
“Auch wenn das Tragen von Ganzkörper-Badeanzügen oft als Unterdrückung angesehen wird, bedeutet das Überstreifen eines [solchen Anzugs] und das Lernen einer lebenswichtigen Fähigkeit, die über lange Zeit und ohne [diesen Anzug] weiterhin verboten wäre, einen wichtigen ersten Schritt Richtung Emanzipation“, erklärt die Fotografin in einem Begleittext zu ihren Werken.
“Der [Schwimm-]Unterricht fordert die patriarchale Ordnung heraus, die darauf ausgerichtet ist, Frauen von der Aufnahme von Aktivitäten außerhalb des häuslichen Bereichs abzuhalten. Es ist genau diese Spannung zwischen der Freiheit, die man im und unter Wasser verspürt und den Einschränkungen, denen Frauen auf Sansibar ausgesetzt sind, die im Zentrum dieser Serie steht.“
In “Casablanca Not the Movie” untersucht der marokkanische Fotograf Yassine Alaoui das durch Blockbuster und Medien romantisierte Bild seiner Heimatstadt und gleicht es mit der Realität ab. In einem Zeitraum von über vier Jahren (2014-2018) zeigen Ismailis Fotografien Casablanca als eine farbenfrohe Stadt und Treffpunkt verschiedener Kulturen.
Der französische Fotograf Gilles Nicolet fängt in seiner Serie “Six Degrees South“ die Auswirkungen der Globalisierung, des Abbaus von Ressourcen und des Klimawandels auf die Fischindustrie an der ostafrikanischen Küste ein.
Seine eindrucksvollen Schwarzweißfotografien zeigen Menschen, die in überfischten Gewässern nach immer knapper werdenden Ressourcen suchen. “Es könnte sein, dass wir auf das Ende der Fischer- und Seefahrerkultur zusteuern, die seit Tausenden Jahren fast unverändert geblieben sind“, schreibt Nicolet im Begleittext zu seinen Bildern. “Diese Arbeiten sind mein Versuch, die einzigartige Schönheit der Küste Ostafrikas einzufangen und sie für zukünftige Generationen zugänglich zu machen.“
Im Jahr 2012 kam es in der Nähe von Johannesburg, Südafrika, in einer Platinmine zu einem Streik, der für viele Bergarbeiter tödlich endete. Die südafrikanische Polizei eröffnete das Feuer auf mehrere Arbeiter, als diese aus der Mine kamen. Dabei verletzten sie 112 Menschen, 34 weitere wurden getötet. Dieses Ereignis, seitdem bekannt als das “Marikana Massaker“, war der brutalste Zusammenstoß von Bürgern und der Polizei Südafrikas in mehr als 50 Jahren.
In seiner Fotoreihe “Marikana - The Aftermath” dokumentiert der südafrikanische Fotograf Paul Botes die Auswirkungen des Blutbads für die Familienangehörigen der getöteten Bergbauarbeiter und für die umliegenden Gemeinden.
“Die Auswirkungen des Massakers auf die Familien und Gemeinden der getöteten Männer nachzuvollziehen, wurde so wichtig, weil sie in der breiten Berichterstattung ignoriert wurden“, schrieb Botes über seine Arbeiten. “Das Projekt zeigt die finanzielle und emotionale Leere, die der Tod für die Familien und Gemeinden hinterlassen hat…da viele Kinder von Minenarbeitern Suizid begehen und sich die Armut verstärkt, wird dieses Ereignis das Leben mehrerer Generationen prägen.”