Manchmal muss man Dinge mit den eigenen Augen sehen, bevor man sie glaubt.
Eine Ausstellung im "Le Centre Communautaire Maritime" in Brüssel zeigt seit 2018, was Frauen trugen, als sie vergewaltigt wurden.
Das Ziel? Mit einem der hartnäckigsten und schädlichsten Mythen in Bezug auf Vergewaltigung aufzuräumen.
"Was hattest du an?" - diese Frage hängt neben jeder einzelnen Installationen der Ausstellung. Dise bestehen jeweils aus den nachgestellten Outifts, die die Opfer trugen, als sie vergewaltigt wurden.
Das Ergebnis ist eine eindrucksvoll visuelle Ablehnung der Vorstellung, dass die Kleidung des Opfer, und somit das Opfer selbst, auf eine Art und Weise mitverantwortlich für den Übergriff wäre.
"Die Installation will eine greifbare Antwort auf den wohl am weitesten verbreiteten Mythos geben, wenn es um Vergewaltigung geht“, sagte Delphine Goossens vom Le Centre Communautaire Maritime gegenüber Global Citizen. "Die Annahme, dass die Kleidung, die ein Opfer getragen hat, zu dem Übergriff geführt hat, ist enorm schädlich für die Opfer.“
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Die Ausstellung zeigte insgesamt 18 Installationen. Neben jedes Outfit wurde die zugehörige Geschichte gehängt. Unter den Kleidungsstücken befinden sich Kleider, Polo Shirts und Jogginghosen, Schlafanzüge und auch ein T-Shirt, das ganz offensichtlich einem Kind gehörte.
Schnell wird klar, dass der Gedanke, bestimmte Kleidung führe zu Vergewaltigung, nichts anderes als ein Trugschluss sein kann.
Laut Goossen schaffen die unterschiedlichen Outfits noch etwas: Sie stellen eine Verbindung zwischen den Betrachtenden und der Installation her. Denn fast jeder kann sich mit mindestens einem Outfit identifizieren, weil man etwas Ähnliches selbst schon einmal getragen hat. Goossens sagt, dass gerade diese Verbindung zwischen Betrachter*in und Objekt die Ausstellung zu einer persönlichen Erfahrung macht: "Ich glaube, diese Ausstellung hat mehr Wirkungskraft als eine lange Rede (zum gleichen Thema). (…) Denn sie zeigt ohne ein einziges gesprochenes Wort, wie absurd die Vorstellung ist, dass ein Outfit für aggressives Verhalten verantwortlich gemacht werden kann."
Goossens sagt weiter, dass die Ausstellung nicht nur mit dem Mythos der Kleiderwahl aufräumen, sondern auch zum intensiven Diskutieren anregen will. Sie wünscht sich, dass die Galerie zu einem Ort wird, an dem offen über das Thema Vergewaltigung gesprochen wird und was getan werden kann, damit Opfern solcher Übergriffe nicht länger die Mitschuld an dem Verbrechen gegeben wird.
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Sexuelle Gewalt und Übergriffe gegenüber Frauen bleibt auch 2021 ein globales Problem. Laut Schätzungen der Vereinten Nationen erfahren über 35 Prozent aller Frauen weltweit mindestens einmal in ihrem Leben sexuelle Gewalt - in einigen Ländern liegt diese Zahl bei auf über 70 Prozent.
Ausstellung wie die "What were you wearing" in Brüssel helfen dabei, mit falschen Mutmaßungen aufzuräumen, durch die Frauen für das, was ihnen angetan wurde, mitverantwortlichen gemacht werden. Die Schuld bei dem Opfer zu suchen wird auch als "victim-blaming" bezeichnet und ist eine Taktik um von strukturellen Problemen abzulenken die Täter*innen hervorbringen.
"Wir sagen unseren Töchtern und jungen Mädchen immer noch, dass sie darauf achten sollen, was sie tragen, aber wir sagen den Jungen nicht, dass sie niemanden missbrauchen sollen. Wir wollen, dass die Menschen verstehen, dass eine Frau tragen kann, was sie will. Kleidung ist niemals ein Grund, um attackiert zu werden. Das ist, was die Ausstellung vermitteln will: Kein Outfit provoziert oder verhindert Vergewaltigung."