Wer in diesen Tagen in New South Wales, Australien, unterwegs ist, dem werden schnell die vielen freiwilligen Helfer*innen auffallen, die auf zahlreichen Feldern Eukalyptusbaum-Setzlinge in bereits vorgefertigte Löcher pflanzen.
Diese Freiwilligen sind Teil eines großflächigen Gemeinschaftsprojekts, das Naturflächen wiederherstellen und zu einer verbesserten Landbewirtschaftung beitragen möchte. Einige Helfer*innen haben sogar ihre eigenen Gärten zur Verfügung gestellt. Diese werden im Rahmen der Initiative zu Naturschutzgebieten umgewandelt.
Angeleitet wird das Projekt von der Tierschutzorganisation International Fund for Animal Welfare (IFAW), sowie von australischen Umweltorganisationen wie den Bangalow Koalas. Ziel der Initiative ist es, jedes Jahr Zehntausende neue Bäume zu pflanzen, um dem alarmierenden Rückgang von Tierarten wie den Koalabären entgegenzuwirken. Durch die verheerenden Waldbrände von 2019 und 2020 wurden in Australien etwa 12,6 Millionen Hektar Land zerstört – darunter vor allem Waldflächen, die den Tieren als Lebensraum dienen.
Laut einem Bericht des IFAW fielen den Waldbränden über 6.382 Koalabären zum Opfer – das entspricht etwa 15 Prozent ihres regionalen Gesamtvorkommens. Mit diesen besorgniserregenden Zahlen ruft der IFAW die Weltnaturschutzunion (IUCN) dazu auf, Koalabären nicht länger als gefährdet, sondern als vom Aussterben bedroht zu erklären.
"Die Brände kamen nach einer langen Dürreperiode, [sowie einem ohnehin starken] Verlust von Lebensräumen und einer schrumpfenden Koalabären-Population", so Josey Sharrad, Aktivistin bei IFAW, gegenüber Global Citizen. "Koalas leben auf Eukalyptusbäumen, die [eigentlich] an das Feuer angepasst sind, aber diese Brände waren ein echter Wendepunkt – heißer, häufiger, weitaus größer und beispiellos in ihrer Intensität.”
"Das waren [sogenannte] Kronenfeuer", fügt Sharrad hinzu. "Sie fegten durch die Baumkronen, in denen Koalas leben. Sie hatten keine Chance."
Die Buschfeuer führen auf verhängnisvolle Weise vor Augen, welche weiteren Katastrophen sich in naher Zukunft ereignen könnten, sollten sich die Auswirkungen des Klimawandels weiter verschärfen. Insbesondere Australien hat noch einen langen Weg vor sich, um die eigene Abhängigkeit von umweltschädlichen fossilen Brennstoffen zu verringern.
Doch es sind nicht die weitreichenden Waldbrände und Ascheregen, die für den Rückgang der Koalabären verantwortlich sind. Vielmehr geht dieser Verlust laut Sharrad auf die jahrzehntelange übermäßige Rodung von Waldflächen zurück. Australien ist das einzige Industrieland, das einen Platz unter den zehn Ländern weltweit einnimmt, in denen am meisten Wald abgeholzt wird. So hat die australische Regierung in den vergangenen Jahren grünes Licht für alle möglichen Projekte gegeben, bei denen es zu großflächigen Rodungen kommt, wie etwa für die industrielle Landwirtschaft, den Bergbau, die Erdgasförderung, Infrastrukturentwicklung und Stadterweiterung.
Bei diesen Projekten werden oft genau jene Bäume zerstört, die Koalas zum Überleben brauchen. Die flauschigen Beuteltiere sind sehr genügsam, erklärt Sharrad. Sie verbringen ihren Tag damit, in die Baumkronen ihrer Lieblingsbäume zu klettern – darunter vor allem alle möglichen Arten von Eukalyptusbäumen, die teilweise nur in Australien wachsen – um zu fressen und dann bis zu 20 Stunden zu schlafen. Wenn Bulldozer durch die Wälder fahren und Bäume fällen, werden Koalas oft bereits beim Aufprall getötet. Oder sie werden auf der Suche nach einer alternativen Behausung nicht selten von Autos, Hunden oder anderen Bedrohungen vertrieben und getötet, so Sharrad weiter.
Neben der Abholzung von Wäldern wurden Koalas einst durch Wilderei fast ausgerottet.Krankheiten wie Chlamydien sind eine weitere große Bedrohung. Unterdessen verringert der Klimawandel ihre Möglichkeiten, Nahrung, Wasser und Unterschlupf zu finden.
"Trotz ihrer globalen Beliebtheit sind Koalas jetzt in einigen Staaten von der Ausrottung bedroht", warnt Sharrad. Dennoch hätte ihr weltweiter Kultstatus bei der schnellen Mobilisierung von Schutzmaßnahmen geholfen. Da viele Australier*innen es Leid waren, auf die Reaktion ihrer Regierung zu warten, nahmen sie die Sache selbst in die Hand.
"Diese Bewegung wird von Menschen angetrieben", sagt Sharrad. "Das Pflanzen von Bäumen ist etwas, das jeder tun kann."
"Dies ist eine der unmittelbarsten Möglichkeiten, um den Klimawandel zu bekämpfen", fügt sie hinzu. "Es ist eine greifbare, günstige und sehr langfristige Lösung für den Klimawandel."
Immer mehr Menschen, die Land in Australien besitzen, schließen sich der Bewegung an und spenden ihr Land für der Wiederherstellung von Lebensräumen für Koalabären.
"Wenn jemand, der Land besitzt, 100 Bäume pflanzt, bekommen das auch die Nachbarn mit", erklärt Sharrad. "Das ist die beste Mund-zu-Mund-Propaganda (...).”
Sharrad sagt, dass durch die Aufforstung von Bäumen, die Koalabären zum Leben brauchen, ganze Ökosysteme wiederhergestellt werden können. Zusätzlich zu Eukalyptusarten pflanzen die freiwilligen Helfer*innen wertvolle Regenwaldbäume.
Ihre Bemühungen zeigen bereits erste Erfolge. So kehren viele Tier- und Pflanzenarten auf ganz natürliche Weis zurück, darunter Gleitbeutler, Opossums, sowie viele Vögel und Insekten. Auch den Bienen wird dadurch wieder mehr Lebensraum gegeben.
"Die einheimische Tierwelt ist einer Vielzahl von Bedrohungen ausgesetzt, und Koalas sind sozusagen ein ‘Aushängeschild’ dafür", so Sharrad. "Wenn wir die Koalas in ihrem Lebensraum schützen, schützen wir auch unzählige weitere Tierarten und Pflanzen".
Wie bei vielen Projekten, die der IFAW unterstützt, zeigt sich auch bei dieser Initiative das Potential, das Privatmenschen beim Umwelt- und Artenschutz zuteil wird.
"Ich denke, dass sich viele Menschen bei allem, was gerade passiert, recht hilflos fühlen – es ist einfach überfordernd", sagt Sharrad. "Wir wiederum suchen nach Wegen, um genau das umzukehren und den Menschen Macht zurückzugeben – und ihnen greifbare Lösungen für diese überwältigende Krise zu reichen, mit der wir konfrontiert sind.”
"Es ist ein sehr komplexes Thema, aber es gibt Anzeichen dafür, dass das Pflanzen von Bäumen eine der effektivsten Lösungen darstellt", fügt sie hinzu. "Denn Bäume sind eine Lebensquelle, sowohl für Tiere, als auch für den Menschen und den Planeten."