In Kolkata, Indien wurden im Rahmen einer Aktion gegen Menschenhändler elf Menschen verhaftet, denen vorgeworfen wird, neugeborene Babys gestohlen und an Höchstbietende verkauft zu haben.
Die Ermittler gehen davon aus, dass die Menschenhändler die meisten Säuglinge aus Krankenhäuser entführten, indem sie die Babys in Keksdosen gesteckt und so aus dem Gebäude geschmuggelt haben. Die Neugeborenen wurden dann in ein Adoptionszentrum gebracht, von wo aus sie weiter verkauft wurden. Das jüngste Baby unter den geretteten Kindern war gerade Mal sechs Tage alt.
Berichte der Thomson Reuters-Stiftung deuten zudem auf einen umfangreichen Komplott hin: so glaubt man, dass die Menschenhändler außerdem gezielt alleinstehende, schwangere Frauen, die Krankenhäuser aufsuchten, um eine Abtreibung zu veranlassen, zur weiteren Schwangerschaft drängten und die Frauen schließlich dazu überredeten, ihre Neugeborenen zu verkaufen. Jungen wurden für 300.000 Rupien (ca. 4.100 Euro) und Mädchen für 100.000 Rupien (knapp 1.400 Euro) verkauft. Babys mit hellerer Hautfarbe wurden oft für höhere Preise verkauft.
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Unter den Verhafteten befinden sich Hebammen aus dem Krankenhaus, Gerichtsdiener, die angeblich für gefälschte Dokumente sorgten und der Leiter des Adoptionszentrums. Die Polizei durchsuchte außerdem ein privates Pflegeheim und fand dort zwei Babys, die in einem medizinischen Abstellraum weggeschlossen in Kartons schliefen.
Und die Mütter?
In den Fällen, in denen die Babys gestohlen wurden, wurde den Müttern im Krankenhaus einfach gesagt, dass ihr Kind während der Geburt gestorben war. Als angeblichen Beweis präsentierten die (inzwischen verhafteten) Hebammen den Müttern ein zuvor konserviertes Totgeborenes.
Seit der Verhaftung wird nun alles daran gesetzt, jedes gerettete Baby mit seiner Familie wieder zu vereinen.
Menschenhandel ist ein massives Problem in Indien. Und leider lassen Zahlen vermuten, dass es nicht besser wird. Im Jahr 2014 stieg die Zahl des illegalen Handels mit Menschen um 50% gegenüber dem Jahr 2009 an.
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Von Menschenhandel spricht man, wenn eine Person gegen ihren Willen durch eine andere Person mit Hilfe verschiedener Mittel, wie z. B. Androhung von Gewalt, Täuschung, Betrug oder Missbrauch etc. ausgebeutet wird.
Der Aspekt der Ausbeutung ist ein wesentlicher Bestandteil der Definition, die sich der Definition der Sklaverei bedient. Denn tatsächlich ist der Menschenhandel eine Form der Sklaverei, da die Menschen ohne ihre Zustimmung verschleppt werden.
Heute gibt es weltweit immer noch rund 45,8 Millionen Sklaven. Laut dem 'Global Slavery Index' befinden sich 18.354.700 Menschen davon in Indien. Damit führt Indien mit der höchsten Anzahl an Sklaven die traurige Liste der Länder an, in denen Menschen versklavt leben.
Allerdings muss man auch anmerken, dass das Land dies nicht ignoriert, sondern bemüht ist, Fortschritte dagegen zu machen. So wurde Anfang dieses Jahres ein neues Gesetz in Bezug auf Strafmaßnahmen bei Menschenhandel verabschiedet. Denn zuvor drohte nicht nur dem Menschenhändler, sondern auch dem Opfer eine Bestrafung. Mit dem neuen Gesetz jedoch wird das Opfer als 'unverschuldet' eingestuft und muss somit keine Bestrafung mehr fürchten.
In vielen Teilen Südasien allerdings ist es leider immer noch wahrscheinlicher, vom Blitz getroffen zu werden als für die Versklavung einer anderen Person ins Gefängnis zu wandern. Denn die moderne Sklaverei ist ein lukratives Geschäft - Experten schätzen, dass Menschenhändler damit rund 32 Milliarden Dollar umsetzen. Etwa die Hälfte dieses Geldes landet vor allem in Industrieländern.
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Die Geschichte aus Kolkata mit in Keksdosen geschmuggelten Babys ist schockierend, aber leider weit davon entfernt, ein Einzelfall zu sein. Denn vor allem die Ärmsten der Armen sind den Machenschaften der Kriminellen quasi schutzlos ausgeliefert. Und das nicht nur in Indien, sondern auf der ganzen Welt.
Es ist die Verantwortung aller Länder, die moderne Sklavenindustrie auf der ganzen Welt zu bekämpfen und es liegt an uns, Staats- und Regierungschefs zum entsprechenden Handeln aufzufordern!