Mindestens zwei weibliche Charaktere, die miteinander reden – über etwas anderes als einen Mann. Das ist doch nicht zu viel verlangt, oder doch?
Diese Kriterien sind die Voraussetzung, damit ein Film den Bechdel-Test besteht. Er ist ein nützlicher Maßstab für die Darstellung von Frauen in den Medien. Geprägt hat ihn die amerikanische Cartoonistin Alison Bechdel, die 1985 den Comic “Dykes to Watch Out For" veröffentlicht hat.
"Ich habe diese Regel... Ich gehe nur in einen Film, wenn er drei grundlegende Anforderungen erfüllt. Erstens müssen mindestens zwei Frauen darin vorkommen, deren Namen bekannt sind. Sie müssen zweitens miteinander sprechen – und zwar drittens über etwas anderes als einen Mann", erklärt Mo, eine lesbische Heldin des Comics.
Der Test wurde populär, weil er so einfach und doch aufschlussreich ist. Etwa wurde er herangezogen, um die männerdominierte Filmindustrie der 1980er Jahre zu prüfen. Seitdem dienen die Kriterien als Lackmustest für die Gleichstellung der Geschlechter in der Filmindustrie.
Einige würden sagen, dass es sowohl in der Filmindustrie als auch bei der Gleichstellung der Geschlechter seit den 80er Jahren einen großen Fortschritt gab. Mit Sandra Day wurde die erste Frau in den Obersten Gerichtshof der USA berufen; Sally Ride wurde die erste Amerikanerin im Weltraum; die Guerilla Girls machten auf Sexualisierung der Frau in der Kunst aufmerksam; Junko Tabei bestieg als erste Frau den Gipfel des Mount Everest; die Take Back the Night Foundation gegen sexualisierte Gewalt wurde ins Leben gerufen; Ruanda wurde zum ersten Land mit mehrheitlich weiblicher Legislative; das Fahrverbot für saudi-arabische Frauen wurde aufgehoben; #MeToo fand statt und Malala Yousafzai erhielt den Friedensnobelpreis.
Zwar gibt es all diese Fortschritte, doch die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern ist noch immer weit verbreitet. Die Covid-19-Pandemie hat die Gesellschaft bei diesem Thema nun sogar wieder eine ganze Generation zurückgeworfen. In fast allen Bereichen ging es den Frauen während der Pandemie schlechter – sie verloren häufiger ihren Arbeitsplatz, hatten größere Hindernisse beim Zugang zu Hilfe und waren vermehrt mit geschlechtsspezifischer Gewalt konfrontiert (GBV).
Die Filmwelt spiegelt diese Ungleichheit wider: Viele Filme erfüllen den Bechdel-Standard immer noch nicht – laut einer Nutzer-basierten Datenbank sogar jeder zweite.
Auf den ersten Blick ist die romantische Komödie kein Genre, das dem Bechdel-Standard entsprechen kann. Aber eine Reihe von ihnen erfüllt die Kriterien. Von noch nicht geouteten Lesben über aufstrebende Dramatikerinnen und Müttern bis hin zu besten Freundinnen – in einigen Streifen finden sich komplexe, authentische Charaktere, die sich mit ihren Geschlechtsgenossinnen über mehr austauschen als über Männer.
Hier sind 13 romantische Komödien aus aller Welt, die den Bechdel-Test bestehen.
1. Happiest Season (USA, 2020)
Den Anfang macht "Happiest Season". Drehbuch und Regie übernahm Clea DuVall. Die beiden Hauptrollen, ein Pärchen, spielen Kristen Stewart (Abby) und Mackenzie Davis (Harper). Harper nimmt Abby zu Weihnachten mit nach Hause zu ihrer konservativen Familie. Auf dem Weg dorthin offenbart sie Abby, dass sie sich ihren Verwandten gegenüber noch nicht geoutet hat. Harper bittet Abby, so zu tun, als sei sie eine heterosexuelle Freundin, deren Eltern verstorben sind – woraufhin Abby widerwillig zustimmt.
2. Frontalknutschen (Großbritannien, 2008)
Der Film Frontalknutschen begleitet Georgia und ihre Freundinnen Jas, Ellen und Rosie auf ihrem Weg durch das Teenagerleben an der Südostküste Englands. Ja, sie sprechen auch über Jungs. Doch der Film ist auch eine Art Handbuch für die seltsame Gedankenwelt eines Mädchens in der Pubertät.
3. Crazy Rich (USA, 2018)
Vor der schillernden Kulisse von Singapurs reichstem Prozent stellt "Crazy Rich" die Frage, was Familie und Tradition wirklich bedeuten und dass Liebe immer gewinnt.
Der Film, der es direkt an seinem ersten Wochenende an die Spitze der Kinokassen schaffte, wurde für seine komplexen, authentischen Charaktere gefeiert. Er bietet überzeugende Rollen für asiatische und asiatisch-amerikanische Schauspieler*innen, die in Hollywood nach wie vor unterrepräsentiert sind. Tatsächlich machten sie zwischen 2010 und 2019 nur 4,5 Prozent der Haupt- oder Co-Hauptdarsteller*innen in den Top 10 der umsatzstärksten US-Filme aus.
4. Happiness Is a Four-Letter Word (Südafrika, 2016)
Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Nozizwe Cynthia Jele ist "Happiness Is a Four-Letter Word" ein herzerwärmendes romantisches Drama. Es erzählt die Geschichte dreier Freundinnen – einer glamourösen Trophy-Hausfrau, einer Anwältin und einer Kunstgaleristin – die versuchen, in Südafrika ihr Glück zu finden
Der Film, der sich hauptsächlich um Schwesternschaft und Freundschaft dreht, war in seinem Heimatland ein Kassenschlager – Netflix hat sogar eine Fortsetzung in Aussicht gestellt.
5. Keinohrhasen (Deutschland, 2007)
Als Boulevard-Reporter Ludo von einer Richterin 300 Sozialstunden in einem Kinderhort aufgebrummt bekommt, lernt er Erzieherin Anna (Nora Tschirner) kennen und es entwickelt sich ein Flirt zwischen ihnen. Anna leitet die Einrichtung gemeinsam mit ihrer besten Freundin Miriam. Neben Liebe geht es in dem Film also auch um Freundschaft.
Laut SZ dauert das längste Gespräch zwischen zwei Frauen mit Namen über etwas anderes als einen Mann allerdings nur zehn Sekunden. Es dreht sich zudem um die Beziehung eines prominenten Paares. Bei den Gesprächen zwischen Männern hingegen geht es auch um andere Themen als Liebe. Der Film besteht den Bechdel-Test deshalb wohl nur knapp.
6. How to Be Single (USA, 2016)
Basierend auf dem Bestseller-Roman von Liz Tuccillo über modernes Dating und Beziehungen, gibt “How to Be Single“ eine Anleitung dafür, wie man als alleinstehende Frau in New York Spaß haben kann.
Angesichts der schrecklichen Vorstellung lebenslanger Monogamie schlägt Alice (Dakota Johnson) ihrem langjährigen Freund Josh vor, Dates mit anderen Menschen auszuprobieren. Sie zieht nach New York, um als Anwaltsgehilfin zu arbeiten. Dort lernt sie Robin (Rebel Wilson) kennen, die sehr selbstbewusst ist und viele Dates hat. Robin nimmt Alice unter ihre Fittiche, um ihr das Singledasein beizubringen – doch das Ganze läuft ziemlich aus dem Ruder.
7. Die fabelhafte Welt der Amélie (Frankreich, 2001)
Die zauberhafte romantische Komödie von Jean-Pierre Jeunet mit der französischen Schauspielerin Audrey Tautou überzeugt mit einer einzigartigen Handlung einer einzigartigen Atmosphäre. Der Film beeinflusste über ein Jahrzehnt lang Regisseur*innen und die Filmindustrie.
Amélie ist die Definition von schrullig – und als Filmfigur alles andere als eindimensional oder flach. Sie ist mit einem "selbstmörderischen Fisch" aufgewachsen, der aus seinem Becken springt. Sie ermöglicht ihrem Vater, seinen Traum einer Weltreise zu leben, indem sie seinen Gartenzwerg stiehlt und Polaroids von ihm an verschiedenen Sehenswürdigkeiten auf der ganzen Welt machen lässt. Sie verschafft sich einen Schlüssel zur Wohnung des fiesen Lebensmittelhändlers und tauscht seine Zahnpasta mit Fußcreme aus. Und natürlich verliebt sie sich in einen ebenso exzentrischen Menschen.
Trotz der herzerwärmenden Geschichte besteht auch “Amélie” den Bechdel-Test dank einiger kurzer Dialoge mit anderen Frauen nur ganz knapp.
8. Nur die halbe Geschichte (USA, 2020)
Ellie Chu ist eine schüchterne, chinesisch-amerikanische Schülerin, die regelmäßig Aufsätze für ihre Mitschüler*innen schreibt. Der Job bringt sie schließlich dazu, einen Liebesbrief für den sportlichen Highschool-Schüler Paul (Daniel Diemer) an dessen heimlichen Schwarm Aster (Alexxis Lemire) zu schreiben. Zwischen Aster und Ellie entwickelt sich eine Briefromanze – im Namen des romantisch unbegabten Paul. Dies macht den Film zu einer modernen, queren Interpretation des französischen Stücks Cyrano de Bergerac.
Vor der Tradition flacher weiblicher Charaktere ist der Film aber nicht gefeit – denn als Ellie Paul fragt, was er an Aster mag, sagt er: "Sie ist hübsch und sie ist klug.“ In der Tat ist Aster die am wenigsten ausgearbeitete Figur des Films. Nur mit Ach und Krach besteht er deshalb den Bechdel-Test.
9. Wir waren wie Lieder (Spanien, 2021)
Die Modeassistentin Maca hat ihr Leben nach einer katastrophalen Trennung gerade wieder im Griff, da taucht der Mann, der ihr das Herz in Stücke gerissen hat, wieder auf (wie es eben immer so ist, oder?).
Unter der Regie von Juana Macías ist “Wir waren wie Lieder“ eine spanische Liebeskomödie im Stil von Fleabag: Macas Charakter offenbart sich auch durch ihre Kommentare direkt in die Kamera. Dass der Film den Test besteht, hat er auch Macas beiden besten Freundinnen mit ihren exzentrischen Persönlichkeiten und ihrem trockenen Humor zu verdanken.
10. 7 Göttinnen (Indien, 2015)
7 Göttinnen dreht sich, so lässt schon der Name vermuten, um eine Gruppe von sieben Frauen, die alle – hurra! – verschiedene Persönlichkeiten, Jobs und Interessen haben.
In dem Bollywood-Knaller lädt Fotografin Frieda ihre College-Freundinnen zu sich nach Hause in Goa ein. In diesem Setting wirft der Film einen tiefen Blick auf Geschlechterungleichheit in der jeweiligen Lebensrealität der Frauen – von der männerdominierten Filmindustrie bis hin zu Frauenfeindlichkeit in den Vorstandsetagen.
11. Wunderschön (2022, Deutschland)
“Wunderschön” ist eine recht neue romantische Komödie, deren Start aufgrund der Pandemie ins Jahr 2022 verschoben wurde. Sie erzählt die Geschichten verschiedener Frauen – und auch Männer – vor dem Hintergrund des aktuellen gesellschaftlichen Zeitgeists. Frauke (Martina Gedeck) etwa fühlt sich in ihrem Alter Ende 50 nicht mehr begehrenswert, ihre Tochter Julie (Emilia Schüle) will als Model arbeiten und strebt nach Schönheitsidealen. Julies Schwägerin Sonja hingegen leidet nach zwei Schwangerschaften darunter, wie sich ihr Körper verändert. Und deren beste Freundin Vicky ist davon überzeugt, dass es zumindest in der Liebe niemals zu Gleichberechtigung kommen wird.
Nicht nur erfüllt der Film somit die Bechdel-Test-Kriterien, er behandelt sogar inhaltlich die Benachteiligung von Frauen in der Gesellschaft.
12. The Incredible Jessica James (USA, 2017)
In "The Incredible Jessica James" geht es im Grunde um die Ermächtigung von Frauen. Die aufstrebende Dramatikerin und frischgebackene Alleinstehende Jessica James unterhält sich mit ihrer besten Freundin Tasha beispielsweise über Vibratoren, Sexualität, das Patriarchat und mehr.
Der Sundance-Festival-Hit beginnt nicht, wie so oft in Filmen, am Anfang einer Beziehung, sondern an deren Ende. Er vermeidet auf erfrischende Weise die Klischees der üblichen, durchschnittlichen Liebeskomödie.
13. Fünfzig (Nigeria, 2015)
“Fünfzig” ist absoluter Bechdel-Sieger. Nicht nur, weil der Film sich mit dem Leben, der Arbeit und den Beziehungen von vier starken Frauen befasst. Sondern auch, weil die Frauen gerade auf die 50 zugehen – ein Lebensabschnitt, der im Film fast nie vorkommt.
Tola, Maria, Kate und Elizabeth leben in Lagos und führen alle ein vielschichtiges Leben. Tola ist ein Reality-TV-Star mit einer zerrütteten Ehe, Maria hat eine Affäre mit einem verheirateten Mann, die zu einer ungewollten Schwangerschaft führt, Kate leidet an einer lebensbedrohlichen Krankheit und Elizabeth ist eine Geburtshelferin mit einer Vorliebe für Toyboys.
Kennst du noch andere Liebeskomödien, die wir auf diese Liste packen sollten?