Christelle Kwizera hat eine Mission: Die 26-Jährige will die Wasserkrise in Afrika beenden. Ihr soziales Unternehmen Water Access Rwanda versorgt inzwischen rund 70.000 Menschen täglich mit sauberem Wasser und verbessert damit ihre Lebensqualität. Seit 2014 entwickelt sie nachhaltige Methoden zur Deckung des täglichen Wasserbedarfs in besonders gefährdeten Gemeinden. Für Kwizera ist das jedoch erst der Anfang.
"Unser Ehrgeiz ist viel größer, denn, wie ich gerne sage, die Krise ist viel größer als das, was wir tun“, so Christelle Kwizera zu Global Citizen. "Etwa 400 Millionen Afrikaner*innen südlich der Sahara haben keinen Zugang zu Wasser. Also müssen wir viel mehr tun, um den Bedarf in Afrika jetzt zu decken.“
Wir wollen den Einsatz junger Menschen wie Christelle Kwizera würdigen – und zwar mit einer ganz besonderen Auszeichnung: dem Cisco Youth Leadership Award. Dieser wird im Rahmen des Global Citizen Prize seit 2018 jährlich an junge Visionär*innen verliehen. In diesem Jahr geht der Award an Christelle Kwizera. In Partnerschaft mit dem Technologieunternehmen Cisco kürt der mit 250.000 US-Dollar dotierte Award jährlich eine*n Aktivist*in im Alter zwischen 18 und 30 Jahren, der oder die mit einem visionären Ansatz dazu beiträgt, extreme Armut zu beenden und die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen zu erreichen.
Schon während ihres Studiums setze sich Christelle Kwizera dafür ein, Jugendlichen Arbeitsperspektiven zu verschaffen und junge Menschen zu Unternehmer*innen zu machen. Auch das Konzept von Water Access Rwanda stammt aus ihrer Universitätszeit und wurde von einem ehemaligen Professor finanziell gefördert. Doch Christelle Kwizera merkte schnell, dass die Jugendarbeitslosigkeit nicht die einzige Krise ist, die ihre Fähigkeiten und ihre Aufmerksamkeit benötigt.
Nachdem sie gelesen hatte, was Menschen in einigen Gemeinden auf sich nehmen müssen, um Zugang zu Wasser zu bekommen, wollte sie etwas dagegen unternehmen. “Ich erfuhr, dass es Gemeinden gibt, in denen Menschen von Krokodilen getötet werden. Dort sind die von den Tieren verseuchten Seen oft die einzige Wasserquelle“, erzählt Kwizera.
Während ihres Uni-Projekts konzentrierte sie sich deshalb zu Beginn auf das Bohren von neuen Wasserstellen und die Installation von Wasserpumpen. So sollten die Menschen einen einfachen und sicheren Zugang zu Wasser bekommen. Doch schnell wurde Christelle Kwizera und ihrem Team klar, dass das Konzept langfristig nicht funktionieren wird: “Am Ende des ersten Jahres gab es in den meisten Bohrlöchern Probleme. Wir mussten einen nachhaltigeren Weg finden“, erklärt sie. “Ich machte meinen Abschluss und gründete ein Unternehmen. Dort stellte ich die jungen Menschen an, mit denen wir den Sommer über gearbeitet hatten und dann begannen wir mit den Bohrungen.“
Heute liegt der Fokus von Water Access Rwanda darauf, alte und defekte Bohrlöcher mithilfe einer modernen Infrastruktur wiederzubeleben. Anschließend fließt das gereinigte Wasser entweder zu einem zentralen Ort in der jeweiligen Gemeinde oder sogar direkt in die Häuser der Menschen. Die Installation dieser Zugangspunkte dauert zwischen sechs und 18 Tagen.
Water Access Rwanda verwendet dafür ein Vier-Stufen-System. Zunächst wird der ideale Standort bestimmt und inspiziert. Anschließend bohrt ein erfahrenes Team von Techniker*innen dort ein neues Wasserloch. Dann wird der sogenannte “Kiosk” eingerichtet. Das ist der Ort in der jeweiligen Gemeinde über den die Menschen Zugang zu Wasser bekommen. Jeder Kiosk ist mit einem Solarpanel und damit mit einer nachhaltigen Energiequelle für das Wasserfiltersystem ausgestattet. Zu guter Letzt wird der Wasserzugang im Rahmen einer Feier gebührend in Betrieb genommen.
Gegen eine Gebühr von einem US-Dollar monatlich (rund 85 Cent) bekommen die Haushalte dann Zugang zum Wasser. Der niedrige Preis soll dafür sorgen, dass sich alle Menschen Wasser leisten können. Zudem arbeitet Water Access Rwanda mit mobilen Zahlungsplattformen zusammen und hat junge Menschen im Umgang mit diesen Technologien geschult, sodass diese das Wasser direkt an den Kiosken verkaufen können.
Christelle Kwizera zeichnet sich durch einen scharfen unternehmerischen Verstand und einem beeindruckenden Teamgeist aus. Durch ihre Eigenschaften hat sie Water Access
Rwanda zu dem gemacht, was es heute ist. Denn auch wenn sie eine Nichtregierungsorganisation leitet, sieht sie in den Menschen immer Kund*innen, denen sie die Möglichkeit geben will, mitzubestimmen, ob ihre Bedürfnisse erfüllt werden.
“Ich wünschte, den Menschen wäre bewusst, dass Menschen, die in Armut leben, nicht nichts haben“, sagt sie. “Viele Menschen in Führungspositionen neigen dazu, Arme als wenig ehrgeizig zu sehen. Sie unterstellen ihnen, dass sie Dienstleistungen, die die Regierung ihnen ermöglicht, nicht nutzen würden“, erklärt Christelle Kwizera. “Doch jeder arme Mensch träumt von einem besseren Leben. Jede*r wünscht sich ein besseres Haus, will selbst für sich sorgen, wünscht sich ein besser ausgebautes Dach, sowie Wasser und Elektrizität im Haus. Hätten sie Geld, würden Menschen [in Armut] selbst in solche Dinge investieren.“
Um die Wasserkrise beenden zu können, müssten die führenden Politiker*innen der Welt deshalb ihr Bild von armen Menschen überdenken, so die junge Unternehmerin. “Ich hoffe, dass sie den unteren Teil der Pyramide tatsächlich als einen Markt sehen. Als einen Markt, der darauf wartet, erschlossen zu werden. Es gibt wirklich viele Investitionen, die getätigt werden müssen.“
Aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Sicherheitsmaßnahmen hat der Bedarf an der Dienstleistung von Water Access Rwanda in diesem Jahr enorm zugenommen. Für Christelle Kwizera sei die Zeit des nationalen Lockdowns in Ruanda eine neue Herausforderung, aber auch eine wertvolle Lektion gewesen.
So konnten viele Menschen in dieser Zeit nicht arbeiten und deshalb auch das Wasser nicht bezahlen. “Wir fingen an, kostenloses Grundwasser bereitzustellen, damit die Menschen den Zugang nicht verlieren oder auf ehemalige Methoden der Wasserbeschaffung zurückgreifen müssen“, erklärt sie. Zudem setze Christelle Kwizera alles daran, die Menschen auch während des Lockdowns weiter in ihrem Unternehmen zu beschäftigen. “Andere Unternehmen hier haben Mitarbeiter*innen entlassen, um Geld zu sparen. Ich entschied mich dafür, mein gesamtes Geld in meine Mitarbeiter*innen zu investieren.“
Christelle Kwizera weiß, dass sie die Wasserkrise nicht alleine besiegen kann. Deshalb ermutigt sie junge Menschen dazu, in Projekte zu investieren, die Gemeinden wiederbeleben wollen. Deshalb rät sie allen mit Nachdruck dazu, für die Vision einer gerechten Welt aktiv zu werden und sich nicht von Zweifeln davon abhalten lassen. “Wer Angst vorm Scheitern hat und nicht handelt, der wird am Ende selbst scheitern“, so Kwizera. “Aber wenn die Angst vor dem Versagen dazu führt, dass man aktiv wird, um nicht zu versagen, dann ist das eine gute Sache. Ich schlage also vor, mit der Angst zu leben. Ich lasse mich von ihr motivieren, statt zuzulassen, dass sie mich am Handeln hindert.“
Sei dabei, wenn Global Citizen im Dezember 2020 die Menschen auszeichnet, die sich dieses Jahr angesichts unvorhersehbarer globaler Herausforderungen für eine gerechtere Welt eingesetzt haben.
Der Global Citizen Prizebringt Aktivist*innen, Weltstars und globale Entscheidungsträger*innen im Rahmen einer großen TV-Show zusammen: Mit Auftritten internationalen Künstler*innen und inspirierenden Geschichten von Aktivist*innen rund um den Globus wollen wir ein hoffnungsvolles Zeichen setzen. Mehr über den Global Citizen Prize erfährst du hier.