Die Klimakrise ist da – und zwar jetzt. Um das zu realisieren, genügt ein kurzer Blick auf die Nachrichtenlage. Dort häufen sich Berichte über extreme Ereignisse auf der ganzen Welt – von der Dürre am Horn von Afrika über Waldbrände in Kanda und sogar ganz nah in Brandenburg über Hitzewellen in Asien bis hin zu Überschwemmungen in Ostafrika. All das ist nur in den ersten Monaten dieses Jahres passiert.
Die Klimakrise ist aber keinesfalls ein “weit entferntes” Problem, das uns nicht betrifft. Sie wird sich auf uns alle auswirken – und zwar schneller, als viele von uns wahrscheinlich denken.
Doch obwohl wir alle von den Auswirkungen der Klimakrise bedroht sind, sind einige Teile der Welt stärker gefährdet als andere.
Diese Ungleichheit wurde während der COVID-19-Pandemie überdeutlich: Einige Länder konnten rasch auf die zur Bekämpfung der Pandemie erforderlichen Gelder und Instrumente zugreifen und sich schnell wieder erholen, während andere das nicht konnten und noch immer mit den Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen haben.
In Sachen Klimakrise verhält es sich genauso. Zwar sind auch wohlhabende Länder von den Auswirkungen betroffen. Doch sie verfügen über mehr Mittel als einkommensschwache, um auf die Krise reagieren und Strukturen (wieder-)aufbauen zu können.
Einkommensschwache Länder hingegen müssen sich das Geld leihen, das sie für den Wiederaufbau nach klimabedingten Katastrophen benötigen – und verschulden sich so immer stärker. Hinzu kommt, dass sie Kredite zu einem viel höheren Zinssatz von durchschnittlich etwa 14 Prozent aufnehmen müssen als reiche Länder, für die sich die Kreditzinsen zwischen einem und vier Prozent bewegen.
Für einkommensschwache und klimaanfällige Länder steigen mit der Zunahme von klimabedingten Katastrophen – und die sind immer stärker und häufiger – auch die Schulden.
Je höher die Verschuldung, desto weniger Geld steht für die Bewältigung von Klimakatastrophen, den Aufbau von Schutz gegen künftige Katastrophen und für Ausgaben in anderen wichtigen Bereichen wie Bildung und Gesundheitsversorgung zur Verfügung.
Was kann man also gegen ein Problem wie die eskalierende Klimakrise und die damit zusammenhängende zunehmende Verschuldung tun?
Die Premierministerin von Barbados, Mia Mottley, steht an der Spitze der sogenannten Bridgetown-Initiative. Das ist eine potenziell bahnbrechende Lösung für dieses systemische Problem.
Dahinter steckt die Idee, das bisherige System der Entwicklungsfinanzierung vollständig zu reformieren. Dieses neu konzipierte und reformierte globale Finanzsystem würde einkommensschwache Länder bei der Bewältigung der eskalierenden Klimakatastrophen unterstützen und die für die Bekämpfung der Klimakrise verfügbaren Gelder erhöhen. Eine Win-Win-Situation.
Lies hier, was jede*r Klimaschützer*in (und wir alle, um ehrlich zu sein) über die Bridgetown-Initiative wissen sollte.
Was ist die Bridgetown-Initiative?
Die Bridgetown-Initiative wurde nach der Hauptstadt von Barbados, einem klimaanfälligen karibischen Land benannt. Der Aktionsplan zur Reform des globalen Finanzsystems soll dafür sorgen, dass die Welt besser auf aktuelle und künftige Krisen reagieren kann.
Mottley stellte die Bridgetown-Initiative im Jahr 2022 auf der UN-Klimakonferenz COP27 vor. Die Initiative fordert neue Mechanismen, die eine integrative, widerstandsfähige Finanzierung zur Bewältigung der Klima- und Entwicklungskrise ermöglichen würden.
Denn die Art und Weise, wie die Entwicklungsfinanzierung inzwischen funktioniert, ist veraltet – was nicht überrascht, wenn man bedenkt, dass das Weltfinanzsystem seit den 1940er-Jahren nicht mehr verändert wurde. Es verschärft Ungleichheiten und ermöglicht es nur unzureichend, auf das Ausmaß der globalen Herausforderungen zu reagieren, mit denen wir heute konfrontiert sind – dazu gehört auch die Klimakrise.
Die Bridgetown-Initiative fordert vor allem 5 Dinge:
- Es soll verhindert werden, dass ärmere Länder in eine Schuldenkrise geraten, indem sie sich nach einer Katastrophe zu hohen Zinssätzen verschulden müssen. Für diese Fälle schlagen die Macher*innen der Initiative vor, Schuldenzahlungen auszusetzen, sodass die Länder mehr Geld für die Soforthilfe und den Wiederaufbau zur Verfügung hätten – und das Geld nicht in teure Zinsen stecken müssten.
- Zudem sollen die Entwicklungsbanken der Welt – wie die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) – zusätzlich 928,90 Milliarden Euro für die Klimaresilienz der Entwicklungsländer bereitstellen. Das hört sich viel an, aber dieses Geld gibt es.
- Außerdem soll es einen neuen Mechanismus zur Finanzierung des Klimaschutzes und des Wiederaufbaus nach einer Katastrophe geben. Der sogenannte Global Climate Mitigation Trust könnte bis zu rund 4.600 Milliarden Euro aus dem privaten Sektor und bis zu rund 460 Milliarden Euro in einer speziellen Notfallwährung, den sogenannten Sonderziehungsrechten (SZR), mobilisieren.
- "Bridgetown" fordert auch eine Ausweitung der Kreditvergabe unter den Marktzinsen für klimagefährdete Länder, wenn sie die Gelder dafür verwenden, um sich widerstandsfähiger gegen die Klimakrise zu machen.
- Es wird ein neuer Fonds für Verluste und Schäden gefordert, der bei größeren Klimakatastrophen ausbezahlt werden soll.
Wie hilft uns die Bridgetown-Initiative bei der Bekämpfung der extremen Armut?
Die globale Ungleichheit hat sich in den vergangenen Jahren verschärft und die Klimakrise steigert sie nur noch weiter.
Den reichsten ein Prozent der weltweiten Bevölkerung gehören fast zwei Drittel desneuen Reichtums, der seit 2020 geschaffen wurde (rund 3.910 Milliarden Euro). Gleichzeitig wurden allein im Jahr 2020 mehr als 70 Millionen Menschen zusätzlich in extreme Armut gedrängt. Da klimabedingte Katastrophen viele Länder auf der ganzen Welt treffen, werden besonders solche mit wachsenden Schulden und gleichzeitig schrumpfenden Mitteln für Bildung, Gesundheit sowie die Umstellung auf saubere Energie und Infrastruktur konfrontiert.
Die Finanzierung stellt für diese Länder ein großes Problem dar, ist aber auch ein entscheidender Faktor, um den Kreislauf von Armut zu durchbrechen.
Deshalb will die Bridgetown-Initiative mehr Quellen schaffen, aus denen die Entwicklungsländer Kredite aufnehmen können, um die Klimakrise abzumildern und sich letztlich auch von ihren Folgen zu erholen.
So würden die am stärksten gefährdeten Länder auch über mehr Gelder verfügen, um in eine hochwertige Bildung, eine bessere Gesundheitsversorgung, erneuerbare Energien und eine bessere Infrastruktur zu investieren, die allesamt für die Überwindung der extremen Armut entscheidend sind.
Wer sind die Hauptakteur*innen, die mehr und bessere Klimafinanzierung Wirklichkeit werden lassen könnten?
Um die für die Bekämpfung der Klimakrise erforderlichen Finanzmittel zu skalieren und zu mobilisieren, müssen die wohlhabenden Länder und andere wichtige Akteur*innen ihre Unterstützung zeigen und Maßnahmen ergreifen.
Der französische Präsident Emmanuel Macron bekundete als erstes Staatsoberhaupt eines Landes mit hohem Einkommen seine Unterstützung, indem er den Gipfel für einen "Neuen Globalen Finanzpakt" organisierte, der am 22. und 23. Juni 2023 stattfindet. Mehrere andere wichtige Interessenvertreter*innen brachten ihre Unterstützung für eine Ausweitung der Klimafinanzierung zum Ausdruck, darunter die geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgieva, der Sonderbeauftragte des US-Präsidenten für Klimafragen, John Kerry, und der Vorstandsvorsitzende der Bank of America, Brian Moynihan.
Wohlhabende Länder können ihren Einfluss nutzen, um die Weltbank und andere Entwicklungsbanken zu Reformen zu drängen, die notwendig sind, um zusätzliche 1000 Milliarden US-Dollar für die Klima- und Entwicklungsfinanzierung zu mobilisieren.
Diese Länder könnten auch die Bridgetown-Initiative vorantreiben, indem sie ihr Versprechen einhalten, ihre SZR für gefährdete Länder umzuwidmen. Dabei handelt es sich um vom IWF zugewiesene Reserven, die zwischen Ländern im Austausch gegen Liquidität gehandelt werden können.
Wie können wir die Bridgetown-Initiative unterstützen?
Global Citizens, Künstler*innen und Aktivist*innen überall auf der Welt können sich dem Aufruf an die Weltbank, die Staats- und Regierungschef*innen, Philanthrop*innen und Unternehmer*innen anschließen, jetzt aktiv zu werden und drastische Änderungen an der Funktionsweise des weltweiten Finanzsystems vorzunehmen, um die zunehmende Klima- und Schuldenkrise zu bewältigen.
Du kannst das ebenfalls tun, indem du jetzt aktiv wirst und unsere Kampagne “Power Our Planet” unterstützt – erfahre hier mehr über die Kampagne und die Maßnahmen, die du ergreifen kannst, um dich dem Aufruf anzuschließen.
Denn wir alle können unseren Beitrag zu “Power Our Planet” leisten, den Übergang zu sauberer Energie beschleunigen und unsere Systeme zur Bekämpfung der Klimakrise und der Armut stärken.