Corona ist an allem Schuld? Nicht ganz. Bereits 2016 stieg die Zahl der an Hunger leidenden Menschen zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt an. Grund dafür waren vor allem die Klimakrise und langanhaltende kriegerische Konflikte in einigen Gebieten. Daran hat sich jedoch auch 2021 nicht viel geändert – COVID-19 hat die gesamte Situation nur noch verschlimmert. 

Derzeit sind 155 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit – der Unfähigkeit, genügend Nahrung aufzunehmen – betroffen, was ihr Leben in unmittelbare Gefahr bringt. 41 Millionen Menschen stehen akut vor dem Hungertod.

Einem Bericht des Globalen Netzwerks gegen Ernährungskrisen (Englisch: Global Network Against Food Crises) zufolge waren kriegerische Konflikte die größten Treiber der Ernährungsunsicherheit in der Welt im Jahr 2020, wobei UN-Generalsekretär António Guterres Konflikte und Hunger als "sich gegenseitig verstärkend" bezeichnete.

"Kriegerische Konflikte zwingen Menschen dazu, ihre Häuser, ihr Land und ihre Arbeitsplätze zu verlassen", erklärte Guterres. "Sie unterbrechen die Landwirtschaft und den Handel, reduzieren den Zugang zu lebenswichtigen Ressourcen wie Wasser und Strom und treiben so Hunger und Hungersnot voran." 

Während 55 Länder und Gebiete von einem hohen Maß an Ernährungsunsicherheit und Hunger betroffen sind, könnten einige in wenigen Monaten sogar von einer gravierende Hungersnot bedroht sein. Etwa ein Dutzend Konflikt- und Krisengebiete stehen bereits im Juni oder Juli 2021 vor massiven Verhungerungswellen. 

1. Äthiopien

Der Konflikt in der Tigray-Region des Landes stellt das größte Problem da, denn seit fast einem Jahr gilt er als humanitäre Krise. Durch die anhaltenden Kämpfe zwischen November 2020 und Februar 2021 wurden Grenzen zwischen Hilfsorganisationen und Menschen in Not geschaffen. Das führte dazu, dass sie nur begrenzten Zugang zu Nahrungsmitteln und anderen Grundbedürfnissen hatten. Etwa 33.000 Kinder sind vom Hungertod bedroht. 

Über Tigray hinaus sieht sich das Land im Kampf um die Ernährungssicherheit mit Wüstenheuschrecken konfrontiert. Diese haben die Nahrungsmittelversorgung des Landes erheblich verwüstet. Zudem gibt es aufgrund der Pandemie und des anhaltenden kriegerischen Konflikts hohe Inflationsraten – die führen dazu, dass sich die Menschen Lebensmittel nicht mehr leisten können. 

2. Jemen

Im Jemen herrscht seit 2015 Bürgerkrieg und die Hungersnot nimmt infolgedessen stetig zu. Einem Bericht der UN zufolge waren im Juni schätzungsweise 16 Millionen Menschen im Land von einer akuten Ernährungsunsicherheit betroffen. 

Das allein bedeutet ein Anstieg um drei Millionen seit Ende letzten Jahres. In den meisten Regionen des Jemen herrscht akuter bis krisenhafter Hunger und die UN prognostiziert, dass rund 400.000 Kinder an den Folgen der Unterernährung sterben könnten, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden. 

3. Afghanistan

Mehr als die Hälfte der afghanischen Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze, wobei die Ernährungsunsicherheit vor allem durch die militärischen Auseinandersetzungen der letzten zwei Jahrzehnte verursacht wurde. 

Das Land hat zudem schwere Dürren durchlebt, die die Nahrungsmittelversorgung beeinträchtigt haben und die wirtschaftliche Instabilität hat sich infolge von COVID-19 verschlimmert. Etwa elf Millionen Menschen im Land sind bereits mit akuter Ernährungsunsicherheit konfrontiert, 3,2 Millionen von ihnen leiden unter Hunger.

4. Syrien

Die Zahl der Menschen, die in Syrien unter Ernährungsunsicherheit leiden, hat sich in nur drei Jahren verdoppelt. Allein im Jahr 2020 wurden schätzungsweise 4,5 Millionen Menschen – fast 60 Prozent der Bevölkerung – als ernährungsunsicher eingestuft, wobei der jahrzehntelange Bürgerkrieg im Land anhält und die Lebensmittelpreise im letzten Jahr um 200 Prozent gestiegen sind. 

Zehn Jahre Konflikt machen das Leben so hart wie noch nie. Die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie hat die Syrer*innen noch tiefer in die Armut getrieben und die Zahl der Menschen, die ohne Nahrungsmittelhilfe nicht überleben können, liegt bei fast 1,3 Millionen. 

5. Südsudan

Nach Angaben der UN werden bis Juli diesen Jahres mehr als sieben Millionen Menschen – etwa 60 Prozent der Bevölkerung – von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sein. 

Wie bei den meisten Ländern auf dieser Liste ist der Hauptgrund für den Hunger der militärische Konflikt vor Ort. Überschwemmungen, von denen im vergangenen Jahr eine Million Menschen betroffen waren, verschärften die Lage nur noch. Das Land rechnet in diesem Jahr mit weiteren Naturkatastrophen, die verheerende Auswirkungen auf die Hungersnot haben werden. 

6. Tschad

Der Konflikt im Norden des Tschad hat mehr als 400.000 Menschen vertrieben und die Hungersnot im Land stark erhöht. Das Welternährungsprogramm (WFP) steht unter enormem Druck, um alle Bedürftigen zu versorgen. 

Nach Angaben des WFP leben 66 Prozent der Tschader*innen unter der Armutsgrenze und eine große Anzahl von ihnen hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Dies, gepaart mit den kriegerischen Auseinandersetzungen, ist der Hauptgrund, warum ein Großteil des Landes unterernährt ist. 

7. Burkina Faso

Die Nahrungsmittelknappheit und Unterernährung haben sich auch in Burkina Faso durch die Pandemie verschlimmert. Wie in den anderen Beispielen liegt das in vielen Faktoren begründet, doch auch hier trägt der militärische Konflikt in dem westafrikanischen Land stark dazu bei. 

Durch die Pandemie haben viele Bürger*innen ihr Einkommen verloren, sodass sie ihren Lebensstandard nicht aufrecht erhalten und Lebensmittel für ihre Familien bezahlen können. Besonders betroffen sind Frauen und Kinder. Schätzungen zufolge sind etwas mehr als 630.000 Kinder und 128.000 schwangere Frauen sowie frischgebackene Mütter von akuter Unterernährung betroffen. 

8. Haiti

Die Krise im karibischen Land wurde im Jahr 2020 in die Liste der zehn schlimmsten Nahrungsmittelkrisen der Welt aufgenommen, zusammen mit dem Jemen, Afghanistan und Syrien. Mehr als 900.000 Menschen befinden sich in einer Notlage und schätzungsweise vier Millionen Menschen (fast 42 Prozent der Bevölkerung) leiden unter akutem Hunger. 

Die politischen Krisen stiegen zuletzt an und schlugen in Gewalt um. Als Folge sind die Lebensmittelpreise in die Höhe geschossen. Heute hält die politische Lage immer noch an und die Pandemie hat nun auch die wirtschaftliche Stabilität des Landes stark beeinträchtigt. Infolgedessen können sich die Menschen keine Grundnahrungsmittel mehr leisten.

9. Demokratische Republik Kongo (DRC)

Der leitende Beamte der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO), Luca Russo, sagt, dass die Demokratische Republik Kongo im Moment die "größte humanitäre Krise der Welt" erlebe. Doch kaum einer weiß davon.

Schätzungsweise 27,3 Millionen Menschen benötigen Nahrungsmittelhilfe und weitere sieben Millionen Menschen droht schwere Unterernährung, wenn nicht sofort gehandelt wird. Seit 2016 befindet sich das Land in einem militärischen Konflikt, der zur Vertreibung von über 900.000 Menschen geführt hat. 

Corona, Kriege, militärische Konflikte und die Klimakrise – all diese von Menschen gemachten Probleme führen dazu, dass eine unendlich große Zahl an Personen Hunger leiden müssen. Diesen Zustand können wir nicht länger zulassen!

Die Beendigung der Hungerkrise ist Teil unseres Aktionsplans für eine gerechte Welt. Die Pandemie hat Millionen von Menschen in schwere Hungersnöte getrieben und ohne dringende Maßnahmen könnten sich diese Zustände nur noch verschlimmern. #NutzeDeineStimme und fordere die Staats- und Regierungschef*innen dazu auf, COVID-19 zu besiegen und den weltweiten Hunger zu beenden.


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Ein Beitrag von Khanyi Mlaba