Warum das wichtig ist
Über 800 Millionen Menschen auf der Welt hungern – und das, obwohl genügend Nahrungsmittel für die Ernährung aller Menschen hergestellt werden. Die Global Goals der Vereinten Nationen (UN) setzen sich dafür ein, den Hunger weltweit durch nachhaltige Landwirtschaft und moderne Technologien zu besiegen. Du kannst hier mit uns für Ernährungssicherheit weltweit aktiv werden.

In den vergangenen Jahren ist Deutschlands Nachbarland Dänemark das gelungen, wovon viele andere Länder noch träumen: Dänemark hat es geschafft, die Lebensmittelverschwendung im ganzen Land um 25% zu senken.

Und das ist nicht einfach so passiert. Dänemarks Menschen starteten mehr Initiativen gegen das Wegschmeißen von Lebensmitteln als jedes andere Land in Europa. Jeder einzelne Supermarkt macht mittlerweile mit und hat genaue Strategien, damit am Ende des Tages weniger Lebensmittel im Müll landen.

Wie bei vielen Bewegungen der Geschichte gibt es auch hier eine zentrale Figur, mit der alles angefangen hat. Und bei der handelt es sich um Selina Juul. Selina ist keine Politikerin und auch keine Philanthropin. Sie wurde noch nicht einmal in Dänemark geboren. Selina ist mit 13 Jahren nach Dänemark gekommen. Schon bei ihrer Ankunft aus Russland bemerkte sie die starken Unterschiede zwischen ihrer alten und neuen Heimat.

"Ich komme aus einem Land, in dem man sich an Nahrungsmittelknappheit gewöhnen musste. Dann brach irgendwann unsere Infrastruktur zusammen. Und dann der Kommunismus. Da konnte man sich nicht sicher sein, ob man abends was zu essen haben würde oder nicht“, sagt Selina in einem Interview mit BBC, welches schon jetzt über vier Millionen Mal angeschaut wurde.

Selina, 36, erstellte 2008 eine Facebook-Gruppe mit dem Namen "Stop Spild Af Mad“, was soviel bedeutet wie "Stoppt die Lebensmittelverschwendung". Seitdem hört man den Namen Selina Juul in jeder Unterhaltung, die sich in Dänemark um Lebensmittelverschwendung dreht. Selbst die EU ist bereits auf sie aufmerksam geworden.


"Für mich ist Lebensmittelverschwendung respektlos gegenüber der Natur, der Gesellschaft, gegenüber denjenigen, die unsere Lebensmittel produzieren, gegenüber Tieren und letztlich auch gegenüber uns selbst, die mit dem Einkauf Zeit und Geld verschwenden“, fügt Selina hinzu.

Auch die britische Zeitung Guardian ist auf Selina aufmerksam geworden und stellt einige Ideen von Selina vor, wie jede*r Einzelne – aber auch jede*r Unternehmer*in – weniger Lebensmittel verschwenden kann.

Die "Doggy Bag“, in der Restaurantbesucher ihr übriggebliebenes Essen mit nach Hause nehmen können, nennt Selina "Goody Bag“, weil für viele der Begriff Doggy Bag noch immer negativ behaftet ist. Selina hat stattdessen 80.000 Goody Bags im ganzen Land verteilt. Ein dänischer Food-Blogger fasste Selinas Aktion bestens zusammen: "Das ist Essen, für das man schon bezahlt hat – so wie für seine Einkäufe. Warum nimmt man es also dann nicht mit nach Hause?“

Mit ihrer "Stop Spild Af Mad“ hat sich Selina Juul auch an die großen Supermarktketten in ganz Dänemark gewandt.

Rema 1000, Dänemarks größte Supermarktkette, hat nach einem Meeting mit ihr ihre Angebotsstrategie komplett umgestellt: statt Preisnachlässe auf große Mengen anzubieten, gibt es bei Rema nun Rabatt auf Einzelwaren, heißt also: man findet nun zum Beispiel auch Einzel-Bananen im Angebot. Das Ergebnis? Ein Supermarkt berichtet im Video davon, wie er die tägliche Bananenverschwendung um 90% reduzieren konnte. Die Einzel-Bananen werden mit dem Spruch "Nimm mich mit. Ich bin Single.“ angepriesen.

Selina Juuli ist mittlerweile in Dänemark nicht mehr allein, wenn us darum geht, etwas gegen Lebensmittelverschwendung zu tun. Wefood, eine dänische Organisation, eröffnete zum Beispiel letztes Jahr in Kopenhagen den ersten Supermarkt, der ausschließlich Lebensmittel’abfälle’ verkauft. Innerhalb der ersten sechs Monate erhielt der Supermarkt über 40 Tonnen Lebensmittel, die für die Tonne bestimmt waren. Nach neun Monaten war der Supermarkt so beliebt, dass Wefood einen zweiten Markt in Nørrebro eröffnen musste.

Die Idee von Wefood findet mittlerweile in anderen Ländern Nachahmer. In England eröffnete das Real Junk Food Project Ende des Jahres den ersten Supermarkt, in dem man nur Lebensmittel’abfälle’ kaufen konnte, in Leeds. Die Idee kam so gut an, dass das Projekt nun weitere Märkte in Sheffield, Bradford, Brighton, Wigan, Northampton, Birmingham, Leicester und London plant. Der Gründer von Real Junk Food Project, Adam Smith, gründete zuvor bereits „Pay-as-you-fell“-Cafés (übersetzt so viel wie ‚Fühl-dich-gut-Cafés’), in denen Smith Gerichte aus Lebensmittelabfällen kochte und die Kunden dafür so viel zahlen konnten, wie sie wollten. Solche Cafés gibt es mittlerweile sogar auch in Australien und Israel.

Weltweit werden ein Drittel aller produzierten Lebensmittel verschwendet. Dänemark warf 2016 noch 700.000 Tonnen Lebensmittel weg. In Deutschland waren es sogar 18,4 Millionen Tonnen. Insgesamt beläuft sich die Lebensmittelverschwendung in der EU auf 88 Millionen Tonnen. Wenn die EU-Länder nicht so verschwenderisch wären, könnten 55 Millionen Menschen, die in Europa an Hunger leiden, mit den weggeworfenen Nahrungsmitteln versorgt werden.

Bleibt zu hoffen, dass Dänemark Vorbild für viele weitere Länder wird – nicht nur innerhalb der EU.

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Ein Beitrag von James Hitchings-Hales