Eine der größten Elektromüllhalden weltweit vergiftet in Ghanas Hauptstadt Menschen und Umwelt. Obwohl die Ausfuhr von Elektroschrott in Drittstaaten EU-weit verboten ist, landet viel zu viel Schrott in Entwicklungsländern, vor allem in Afrika und Asien. Für die Behörden ist schwer zu prüfen, ob die Geräte Second-Hand-Ware sind oder Schrott.

Kleine Lastwagen, Pick-ups, Motorräder und Fahrräder rattern über die holprigen Straße auf den Schrottplatz. Ein paar Männer sitzen am Eingang und warten auf die Ladung: Monitore, Laptops, Plasmafernseher. Die alten Elektrogeräte kommen aus dem „Bush“ – so nennen die Arbeiter hier die Stadt um den Schrottplatz herum. Die Sammler durchstreifen Accras Straßen, fragen in Wohnhäusern, Büros und bei Straßenhändlern nach alten Geräten, die nicht mehr gebraucht werden.

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Einer der Wartenden ist Sumani Abdul-Karim. Er hat Brandnarben an Armen und Schienbeinen. Als 14-Jähriger kam Karim hierher, heute ist er 33 Jahre alt. Er hat sich hochgearbeitet: Vom kleinen Schrottsammler zum Zwischenhändler, der Kabel, Batterien, alte Computern und Fernseher entgegennimmt und die Wertstoffe weiterverkauft. Einige jüngere Männer arbeiten für ihn. Sie zertrümmern Fernseher und brennen das Plastik von den Kabeln. Anschließend bringen sie Karim Kupfer, Aluminium und Eisen – eine Arbeit, die er zu Beginn selbst gemacht hat.

Agbogbloshie ist ein Stadtteil Accras. Aber für die Menschen in Ghana ist er auch ein Inbegriff für den Müll, das Gift, die Armut und das Elend. 

Agbogbloshie ist Endstation für aussortierte Elektrogeräte. Blei, Quecksilber, Cadmium und Arsen vergiften hier Menschen und Umwelt. 

Rund 4.000 Menschen arbeiten auf der Müllhalde – und viele mehr sind den Giften ausgesetzt. Nach Angaben der ghanaischen Umweltbehörde sind rund 250.000 der insgesamt rund 2,3 Millionen Bewohner Accras direkt betroffen (Stand 2015).

Ghana ist weltweit einer der größten Importeure von gebrauchten Elektrogeräten. Hunderte Tonnen Elektroaltgeräte kommen jedes Jahr im Hafen von Tema nahe Accra an, vor allem aus Westeuropa. 

2008 hat Greenpeace auf dem Schrottplatz Bodenproben entnommen. Die Schadstoffbelastung lag um ein 50-faches über dem als gesundheitlich unbedenklich geltenden Wert. 2013 später ernannte das US-amerikanische Pure Earth Institut Agbogbloshie zu einem der zehn verseuchtesten Orte der Welt.

Wie genau gelangt der Schrott nach Afrika? 
Meist per Schiff. Auch wenn es EU-weit eigentlich verboten ist, Elektroschrott in Drittstaaten zu verschiffen. Doch es gibt eine Grauzone. Denn wie erkennt man, ob etwas Schrott oder Second-Hand-Ware ist? Letztere darf nämlich (aus gutem Grund) in andere Länder verschifft und dort verkauft werden. Mehr als 30 Millionen (!) Seecontainer schippern jeden Tag über die Weltmeere. An einem Hafen wie Hamburg werden rund 9 Millionen Container im Jahr be- und entladen. 
Für die Hafenmitarbeiter ist es schwierig, jeden Container und die Richtigkeit der angegebenen Ladung zu überprüfen. 
Wie groß ist das Geschäft mit illegalem Schrott? 
Rund 17 Milliarden Euro werden an der illegalen Verschiffung und Ausschlachtung von Elektroschrott verdient, so steht es in dem UN-Report.

Neben dem Schrottplatz ist ein Slum. Die Menschen hier nennen ihn „Sodom und Gomorrha“. Die meisten, die hier leben, leben von und mit dem Müll. Schrott, Haushaltsmüll und Fäkalien – alles landet in der Lagune und am Ende im offenen Meer. 

Die Elektroindustrie entwickelt sich so schnell, wie kaum eine andere. Immer mehr neue Geräte bedeuten auch immer mehr alte, die entsorgt werden müssen. 

44,7 Millionen Tonnen Elektroschrott hat die Menschheit laut The Global E-waste Monitor 2017 produziert. 

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Schätzungsweise werden nur zehn bis 40 Prozent angemessen recycelt – wo die restlichen 60 bis 90 Prozent landen, darüber ist wenig bekannt. Keiner weiß genau, wie viel illegal gehandelt und wie viel in der nächsten Mülltonne landet. 

Wenn sich Gesetze im In- und Ausland nicht ändern, allen voran aber Kontrollen nicht strenger werden und Konsumenten nicht besser mit Elektrogeräten umgehen und sie vernünftig recyceln, wird es immer Menschen geben, die versuchen, vom Schrott der anderen zu leben, damit zu handeln, es zu recyceln und weiterzuverkaufen – und am Ende daran sterben. 

Um das Problem in den Griff zu bekommen, sind wir alle gefragt.

Was können wir als Verbraucher tun?
Erstens: Je länger ein Gerät benutzt wird, desto besser wurden die Ressourcen genutzt und desto besser ist es für unsere Umwelt. Also vor einem Kauf immer überlegen: Brauche ich wirklich ein neues Handy, einen neuen Fernseher oder das neuste iPad? 
Zweitens: Wer ein defektes Gerät entsorgen will, sollte es am besten direkt zu einem Recyclinghof bringen. In Großstädten gibt es für Küchen- und andere elektronische Haushaltsgeräte mittlerweile Sammelcontainer, ähnlich wie für Altglas und Papier. Einen alten Fernseher am Straßenrand abzustellen oder via Ebay zu verschenken, ist hingegen keine gute Idee. Zu groß ist die Gefahr, dass andere damit Geld machen, indem sie die kaputten Geräte ins Ausland schaffen. 
Drittens: Darauf achten, dass die elektronischen Geräte, die man kauft, fair produziert werden. Vorreiter sind bei Smartphones etwa das niederländische Unternehmen Fairphone und die deutschen Shiftphones

Editorial

Umwelt schützen

Unser Schrottplatz Afrika

Ein Beitrag von Jana Sepehr