Laut dem Internationalen Komitee des Roten Kreuz (ICRC) hat die Welt noch drei bis vier Monate, um Millionen Menschen in Somalia und Jemen vor dem Hungertod zu retten.
Zieht man nun noch die Nahrungsmittelkrise in Nigeria und dem Südsudan in Betracht, stehen 20 Millionen Menschen in den kommenden Monaten vor einer nie dagewesenen Hungersnot.
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„Wir haben wahrscheinlich ein Zeitfenster von drei bis vier Monaten, um den ‘worst case’ zu stoppen“, sagt Dominik Stillhart, Einsatzleiter bei ICRC auf einer Konferenz in Genf.
Langjährige negative Entwicklungen in Kombination mit der Natur spitzen sich zu: „Wir sind gerade Zeugen eines perfekten Sturms, der sich über Jahre zusammengebraut hat: die Situation am Horn von Afrika wurde durch langwierige Konflikte und Naturkatastrophen wie Dürre begünstigt”, sagt Stillhart weiter.
Für Somalia ist dies bereits die dritte Hungerkrise in gerade mal 25 Jahren. Allein während der letzten Hungersnot starben 260.000 Menschen.
Lange Dürreperioden haben zu hohen Ernteausfällen geführt. Angriffe der Militanten al-Shabaab halten das Land in politischem Aufruhr. 6,2 Millionen Menschen benötigen dringend humanitäre Hilfe.
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Im Jemen herrscht bereits seit 2015 ein erbitterter Bürgerkrieg. Laut den Vereinten Nationen sind dort 3,3 Millionen Menschen, darunter 2,1 Millionen Kinder, extrem unterernährt. Anhaltende Luftangriffe der von Saudis angeführten Koalition (darunter die USA) haben die Infrastruktur zerstört und mehr als 3,3 Millionen Menschen aus ihren Häusern vertrieben.
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Im Südsudan haben die Vereinten Nationen bereits die Hungerkrise offiziell ausgerufen. Auch hier ist das Land zerrüttet durch anhaltende Bürgerkriege. Im Norden Nigerias, der von der Terrorgruppe Boko Haram kontrolliert wird, leiden mehr als 120.000 Menschen an Hunger.
Das ICRC erhielt zwar 100 Millionen US-Dollar spenden, um den Menschen in allen vier Ländern zu helfen, doch laut Berechnungen bräuchte das ICRC mindestens 400 Millionen US-Dollar, um der Lage gerecht zu werden.
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Doch selbst wenn genügend Spendengelder zusammenkämen, sind diese Lösungen nur von kurzfristiger Dauer. „Kein Geld der Welt könnte die Länder davon überzeugen, wichtige Maßnahmen auf Landesebene umzusetzen”, sagt Stillhart. „In diesen Ländern ist eine Hungerkrise letztendlich eine Begleiterscheinung. [...] Die Konflikte sind daran schuld, dass landwirtschaftliche Flächen unbenutzbar werden, Menschen aus ihren Dörfern und Häusern vertrieben werden und Krankenhäuser zerstört werden.”
Ernstzunehmen Argumente, die dennoch nicht außer Acht lassen dürfen, dass Millionen Menschen jetzt Hilfe brauchen, um zu überleben. „Humanitärer Zugang darf nicht aufs Spiel gesetzt werden”, fügt Robert Mardini, Einsatzleiter des ICRC im Nahen Osten hinzu. „Um die Hungerkrise zu verhindern, muss sofort gehandelt werden.”