Warum das wichtig ist
Weibliche Genitalverstümmelung ist eine Menschenrechtsverletzung, bei der Mädchen und Frauen die äußeren Geschlechtsorgane teilweise oder vollständig entfernt werden. Der Eingriff führt häufig zu starken Blutungen, Schmerzen und Unfruchtbarkeit. Global Citizen setzt sich für die Global Goals der Vereinten Nationen ein, die eine Gleichstellung der Geschlechter und Gesundheit für alle Menschen umfassen. Hier kannst du mit uns aktiv werden.

Anmerkung der Redaktion: Diese Geschichte enthält sensible Details zur Genitalverstümmelung und bezieht sich auf einen aktuellen Fall von zwei jungen australischen Mädchen.

Australiens höchstes Gericht entschied Mitte Oktober, dass weibliche Genitalverstümmelung in “allen Formen" illegal ist.
Dies ist ein großer Erfolg für die Frauenrechte in Australien. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs konnte die Unklarheiten und Debatte um die Worte "Verstümmelung" und "Klitoris" klären, die es bis dato ermöglichten, dass beschuldigte Personen von ihren Verbrechen freigesprochen wurden.

Das Urteil wird nun die Freilassung von drei Personen annullieren. Diese wurden 2015 zunächst für die Durchführung von Genitalverstümmelungen an zwei jungen Mädchen verurteilt. Später wurde ihre Verurteilung jedoch aufgehoben, weil das australische Berufungsgericht behauptete, der Richter habe die beiden Begriffe “falsch interpretiert”.

Die ehemalige Krankenschwester Kubra Magennis, der spirituelle Leiter Shabbir Mohammedbhai Vaziri und die Mutter der jungen Mädchen führten angeblich mit den Kindern “Khatna“ durch - was das Entfernen oder Einschneiden der Klitoris beinhaltet.

Die drei Beschuldigten behaupteten, den Mädchen die Klitoris nicht entfernt zu haben. Die Zeremonie sei rein symbolisch und beinhaltete nur das "Berühren der Genitalregion mit den chirurgischen Instrumenten", berichtet der australische Nachrichtendienst ABC.

Dennoch wurden sie zu jeweils 15 Monaten Gefängnis verurteilt.

Das australische Berufungsgericht revidierte das Urteil allerdings, nachdem dieses zu der Erkenntnis kam, dass das Wort “verstümmeln“ einen “irreparabler Schaden“ impliziere.

Eine medizinische Untersuchung, die dem Gericht vorgelegt wurde, ergab, dass die Klitorisspitze bei beide Mädchen sichtbar war. Das sollte als Beleg dafür dienen, dass die Klitoris nicht gänzlich entfernt wurde.

Am Mittwoch bestätigte das Gericht, dass der Ausdruck “verstümmelt“ auch das Abschneiden der Klitorisvorhaut beinhalten muss. Die Klitorisvorhaut muss ebenfalls als Teil der “Klitoris” betrachtet werden, urteilte das Gericht nun.

“Diese erweiterte Definition … würde das Verbot solcher Eingriffe am stärksten vorantreiben,” sagten Richterin Susan Kiefel und Richter Patrick Keane in einem gemeinsamen Urteil, so die Canberra Times. “Nach der alten Auslegung des Obersten Gerichtshofs könnte es passieren, dass ein schmerzvolles oder traumatisierendes Vergehen an einem Kind keine Straftat wäre, solange dabei keine sichtbare Verletzung zustande kam.”

Genitalverstümmelungen werden auf der ganzen Welt durchgeführt.

Oft gilt die Verstümmelung als kulturelle Tradition, die bei den Mädchen den Übergang von Kind zur Frau einleiten soll.
Anfang des Jahres veröffentlichte das australische Institut für Gesundheit und Soziales einen Bericht, laut dem 53.000 australische Mädchen und Frauen, die im Ausland geboren wurden, dem Verfahren unterzogen wurden. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben heute rund 200 Millionen Mädchen und Frauen weltweit eine Form von Genitalverstümmelung erleben müssen.

Alle australischen Bundesstaaten haben Gesetze, die Genitalverstümmelung verbieten. Das gilt auch für Beschneidungen, die im Ausland durchgeführt werden – ein oft praktiziertes Verfahren, bei dem Kinder mit Migrationshintergrund meist in den Ferien in ihre oder die Herkunftsländer ihrer Eltern gebracht und dort beschnitten werden. Die Strafen sind in den einzelnen Bundesstaaten Australiens jedoch sehr unterschiedlich.

Nachdem die Tat des Trios im Jahr 2015 nun als rechtswidrig eingestuft wurde, wird der Fall nächste Woche an das Berufungsgericht zurückverwiesen, um festzustellen, ob die ursprüngliche 15-monatige Verurteilung gerechtfertigt war.

Editorial

Gerechtigkeit fordern

Australiens Oberstes Gericht verbietet jede Form von Genitalverstümmelung an Mädchen und Frauen

Ein Beitrag von Madeleine Keck