Die Forscher einer globalen Gesundheitsstudie waren überrascht: In rund der Hälfte aller Länder weltweit werden nicht genügend Kinder geboren, um die Bevölkerungszahl zu erhalten.
Insgesamt bezeichnen Forscher die Studie, die die Entwicklung der Bevölkerung in 195 Ländern untersuchte, als beunruhigend. Sie schreiben, dass dieser Trend tiefgreifende soziale und wirtschaftliche Folgen haben könnte. Mit weniger Kindern und mehr Menschen über 65 Jahren, wird es vielen Industriestaaten schwerfallen, die gesellschaftlichen und sozialstaatlichen Strukturen zu erhalten.
Frauen bekommen heute im Durchschnitt 2,4 Kinder, 1950 waren es noch 4,7 Kinder.
Der Durchschnittswert schwankt jedoch stark, je nach Land.
Während im Rekord-Land Niger Frauen im Schnitt 7,2 Kinder bekommen, gefolgt von Ländern wie Uganda, Südsudan und Somalia mit mehr als fünf Kindern pro Frau, ist die Geburtenrate in den westlichen und europäischen Ländern deutlich niedriger. In Deutschland bringen Frauen im Schnitt weniger als zwei Kinder zur Welt. Das liegt unter dem Reproduktionsniveau von 2,1 Kindern, der Anzahl der Kinder, die zur Erhaltung der Bevölkerungszahl benötigt wäre.
"Wir haben einen Wendepunkt erreicht, an dem die Hälfte der Länder eine Geburtenrate unter dem Reproduktionsniveau hat. Wenn sich also nichts ändert, wird die Bevölkerung in diesen Ländern zurückgehen", sagte Professor Christopher Murray, Direktor des Institute for Health Metrics and Evaluation an der Universität Washington, gegenüber der BBC.
Die Geburtenrate ist in wohlhabenden Ländern wie den USA, Südkorea, Australien und in weiten Teilen Europas niedriger und die Gesellschaften werden in Zukunft mit schrumpfenden Bevölkerungen zu kämpfen haben, betonte er.
Viele Länder Europas, darunter auch Deutschland, Spanien, Österreich und Schweden, sind auf die Einwanderung angewiesen, um ihre Bevölkerungszahl zu erhalten, berichtet Atlas, eine Seite für Daten und Grafiken.
"Der demografische Wandel wirkt sich auf alle Aspekte unseres Lebens aus. Schauen Sie einfach aus dem Fenster hinaus, auf die Menschen auf den Straßen, auf die Häuser, den Verkehr und den Konsum – all dies hängt vom demografischen Wandel ab", erklärte Dr. George Leeson, Direktor des Oxford Institute of Population Ageing, gegenüber der BBC.
Die Herausforderung besteht darin, die Bevölkerung auszugleichen. Wenn keine jungen Leute nachkommen, hat dies Konsequenzen für die alternde Gesellschaft. Immer weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter stehen einer wachsenden Zahl von Älteren gegenüber, deren Renten sie bezahlen müssen. Das Resultat: Das Rentenniveau wird sinken und die finanzielle Belastungen für Pflege und Gesundheit wird für den Einzelnen steigen. Laut einer Prognose der Statistischen Ämter von Bund und Ländern, kämen bei schwacher Zuwanderung im Jahr 2060 57 Rentner auf 100 Menschen im erwerbsfähigen Alter. 2015 lag diese Zahl bei 34,7.
Laut Studie werden betroffenen Länder zunehmend auf die Einwanderung setzen müssen oder Maßnahmen einführen, die Frauen dazu ermutigen, mehr Kinder zu bekommen.
Eine solidarische Einwanderungspolitik ist nicht nur ein Zeichen der Unterstützung der Menschenrechte, sondern auch ein Weg, die Bevölkerung in Ländern zu fördern, in denen die Geburtenraten sinken. Ohne die Einwanderung wird die Bevölkerung in vielen Ländern altern und schrumpfen.
Nach Ansicht der Forscher sind der Rückgang der Kindersterblichkeit, der bessere Zugang zu Verhütungsmittel, sowie mehr Bildung und Arbeit für Frauen maßgeblich für den Rückgang der Geburtenrate verantwortlich. Dies weist zwar auf Verbesserungen im Gesundheitswesen und auf Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter hin, bedeutet jedoch gleichzeitig weniger Kinder.
Auch wenn schrumpfende Gesellschaften für einzelne Länder negative Auswirkungen haben können, würde ein Rückgang der globalen Bevölkerung auch Vorteile für die Umwelt haben, wenn man bedenkt, wie schnell wir natürliche Ressourcen verbrauchen und in Folge Klimaveränderungen bewirken.