Ist es wirklich wahr? Könnte es wirklich möglich sein, dass die Welt doch noch das Ende des jahrhundertealten Brauchs der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) sieht? Die Chancen stehen derzeit tatsächlich gut!
Denn in Westafrika haben nun mehr als 300 weitere Gemeinden zugesichert, ab sofort auf weibliche Genitalverstümmelung bei öffentlichen Festen zu verzichten. Die Dörfer und Gemeinden, die sich gegen diese Praktik ausgesprochen haben, sind über vier Länder verteilt: Guinea, Guinea-Bissau, Mali und Mauretanien.
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Offiziell 'erlaubt' ist die weibliche Beschneidung dabei eigentlich nur noch in Mali - hier werden laut Berichten noch immer 90% aller Mädchen beschnitten. Dennoch ist in allen vier Ländern die Rate der Frauen, die beschnitten werden, extrem hoch.
Denn die Frauen werden schon in ihrer Kindheit zur Beschneidung gezwungen. Die Gründe sind ganz unterschiedlicher Art und tief in der jeweiligen Kultur verwurzelt: zum Teil sollen Frauen auf ihre zukünftigen Ehemänner vermeintlich 'attraktiver' wirken, wenn sie beschnitten werden. Andere Kulturen hingegen wollen, dass die Frau beim Geschlechtsverkehr weniger Befriedigung verspürt als der Mann - oftmals auch als Praktik gegen ein Fremdgehen eingesetzt.
Die Änderung der kulturellen Einstellung ist also das eine - die Erkenntnis, dass der Eingriff als solches bereits hoch gefährlich für die Mädchen ist, das andere. Denn diese laufen Gefahr, sich während des Eingriffs mit Krankheiten anzustecken oder sogar durch Verblutung zu sterben.
Molly Melching, Gründerin der Organisation Tostan, kennt die Hürden, die es bei der Abschaffung von FGM zu überwinden gilt. Doch sie ist voller Zuversicht: „Die Dörfer und Gemeinden, die sich nun dazu verpflichtet haben, weibliche Genitalverstümmelung abzuschaffen, liegen in Ländern, in denen dieser Brauch noch sehr weit verbreitet ist. Ich bin jedoch absolut überzeugt: schon die nächste Generation könnte in einer Welt aufwachsen, in der kein Mädchen mehr beschnitten wird.”
Mollys Enthusiasmus wird gebraucht, denn der Einsatz der Organisation in den Dörfern und Gemeinden ist nicht immer leicht. Oft stoßen sie bei ihrer Arbeit, über die Gefahren weiblicher Genitalverstümmelung aufzuklären und diesen Brauch abzuschaffen, auf Kritik und Skepsis. Doch die Organisation ist sich sicher, dass die Vereinbarung - kein Mädchen mehr während öffentlicher Zeremonien zu beschneiden - die Gemeinden in die richtige Richtung lenke.
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Tostans Sprecherin Joya Taft-Dick sagt gegenüber der Thomson Reuters Foundation: „Die neuen Bestimmungen sind eine Gelegenheit für alle Gemeindemitglieder, sich offen und gemeinsam gegen diesen Brauch auszusprechen und so die Rechte und die Sicherheit jedes Mädchens zu wahren.”
Ein weiterer Bericht, der diese Woche veröffentlicht wurde, konnte festhalten, dass die Rate der Frauen, die in Kenia beschnitten werden, seit dem Jahr 2014 um ganze 21% gesunken ist (gegenüber 2008 sogar um 27%). Das Land hat die weibliche Genitalverstümmelung bereits 2001 verboten, 2011 jedoch das Verbot noch einmal mit einer höheren Geldstrafe versehen.
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Solche Zahlen machen Hoffnung, nicht nur Molly und ihrer Organisation, sondern allen, die sich weltweit dafür einsetzen, dass diese menschenunwürdige und aus medizinischer Sicht absolut sinnlose Praktik endlich ein Ende findet.