Stella Nyanzi, Professorin und Aktivistin aus Uganda, sitzt nun seit mehr als zwei Wochen hinter Gittern. Der Grund: sie war wütend, weil Ugandas Präsident sein Versprechen, allen Mädchen Monatsbinden zur Verfügung zu stellen, nicht hielt und ihn daraufhin einen pair of buttocks” - umgangssprachlich einen „Arsch” - nannte.

Nyanzi ist schon seit langem eine scharfe Kritikerin von Yoweri Museveni, dem Präsidenten Ugandas, der seit 30 Jahren an der Macht ist. Regelmäßig spricht sie sich lautstark gegen die von ihr als „Vetternwirtschaft“ des Musevini Clans bezeichneten Umstände im Land aus. Dazu nutzt sie Biss, Humor und gezielte Provokationen. Auch gegen Musevinis Frau, Janet, Bildungsministerin des Landes, die von Nyanzi bereits als „gehirnlos“ bezeichnet wurde. Und das ist noch eine der höflicheren Vokabeln, die Nyanzi bisher benutzt hat. Regelmäßig bezeichnet sie Politiker des Landes als „Gruppenvergewaltiger“. 

Nyanzi ist dafür bekannt, sexuelle Anzüglichkeiten und Anspielungen zu benutzen, um ihrer Wut auf die Regierung Ausdruck zu verleihen und die führende konservative Elite zu provozieren. So kämpft sie auch gegen die Beschneidung von Mädchen und ist eine stimmgewaltige LGBT-Aktivistin in einem Land, in dem Homoosexualität verboten und sexuelle Aufklärung in den Schulen nicht thematisiert wird. Aber Worte sind nicht ihre einzige Waffe.

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Vor der Präsidentschaftswahl 2016, hat Präsident Museveni versprochen, an alle Schulmädchen Monatsbinden auszuteilen, da drei von zehn Mädchen während ihrer Menstruation nicht zur Schule gehen. Nach der Wahl allerdings hat Janet Musevini dann dem Parlament verkündet, dass die Regierung ein solches Versprechen nicht einhalten könne.

Nyanzi reagierte sofort: Sie rief den Hashtag #Pads4GirlsUg und eine Crowdfunding Kampagne ins Leben, um Geld zu sammeln und damit Binden für Ugandas Schulmädchen kaufen zu können. In weniger als drei Wochen konnte sie mit der Initiative Hygieneartikel für 2.000 Schulmädchen anbieten und hat laut dem Guardian ihr Ziel von einer Millionen Binden im Monat sogar übertroffen.

Nyanzi wurde ebenfalls auf Facebook aktiv und postete u.a. eine heftige Kritik an der First Lady: „Die eiskalten Führungsköpfe unserer Nation sollten sich schämen, weil sie es nicht geschafft haben, die geschlechtsspezifischen Bedürfnisse der armen Bevölkerung in Uganda zu priorisieren“, schrieb sie. „Schande über das Präsidentenpaar, denn sie haben freie Hygieneartikel für Schülerinnen aus ärmlichen Verhältnissen versprochen – weil sie gewählt werden wollten – und dann erzählen sie unserem Parlament, dass Uganda kein Geld für diese Artikel hätte.“

In einem anderen Post, der im Guardian zitiert wurde, stellte sie die Darstellung der First Lady als „Mama Janet“ in Frage und meinte: „Was für eine Mutter würde ihren Töchtern erlauben, der Schule fern zu bleiben, weil sie zu arm sind, um sich Hygieneartikel zu besorgen, [...] damit sie sich nicht zu schämen brauchen und nicht verspottet werden, weil sie ihre Schuluniform mit Menstruationsblut besudelt haben?“.

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In einem TV Auftritt hat Janet Musevini versucht, sich gegen Nyanzis Angriffe zu verteidigen: „Ich weiß immer noch nicht, womit ich diese Beschimpfungen verdient habe“. Im weiteren Verlauf behauptete Janet dann allerdings, Nyanzi vergeben zu haben.

Dennoch wurde Nyanzi kurz nach ihrem öffentlichen Statement wegen „Rufmord im Internet” und „böswilliger Nachrede” am 7. April verhaftet – ein klarer Angriff auf die Redefreiheit.

Am 25. April trat sie dann zu einer Anhörung an, allerdings wurde ihr Fall daraufhin auf den 10. Mai vertagt. Gerüchte wurden laut, dass Nyanzi gezwungen werden soll, sich einem psychiatrischen Test zu unterziehen, den normalerweise solche machen müssen, die wegen Verbrechen wie Vergewaltigung angeklagt sind.  

Kaum trat die Nachricht über Nyanzis vertagten Fall an die Öffentlichkeit, trendete der Hashtag #FreeStellaNyanzi in ganz Uganda. Amnesty International setzt sich ebenfalls für ihre Freilassung ein. Sie hofft nun, dass ihr Gesuch auf Kaution angehört wird.

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„Mangelnde Hygieneversorgung ist eine der häufigsten Gründe, warum Mädchen die Schule in Uganda verlassen. Dr. Nyanzi hat eine Kampagne ins Leben gerufen, um sicher zu stellen, dass die Mädchen auch weiterhin die Schule mit Würde besuchen können, wenn sie ihre Periode haben. Und anstatt sie darin zu unterstützen, wurde sie von den führenden Autoritäten angegriffen, eingeschüchtert und schließlich sogar eingesperrt“, erklärte Muthoni Wanyeki, regionale Leiterin von Amnesty International in Ost-Afrika, in der Region der Großen Seen und am Horn von Afrika. „Nyanzi für eine schlichte Kritik am Präsidenten und seiner Frau einfach einzusperren, hat keine rechtliche Grundlage. Der Staat sollte damit aufhören, Ressourcen an sinnlosen und politisch motivierten Anklagen zu verschwenden und sollte sofort alle Anklagepunkte gegen sie fallen lassen und sie bedingungslos entlassen.“

Für Tausende in Uganda steht Nyanzis Kampf für viele Kämpfe – Der Kampf gegen Korruption, der Kampf gegen Armut, der Kampf für Gleichberechtigung und LGBT und nun auch ein Kampf für die Meinungsfreiheit.

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Gerechtigkeit fordern

Verhaftet, weil Mädchen trotz Periode in die Schule gehen sollen

Ein Beitrag von Yosola Olorunshola