Bis zum 8. Dezember 2021 haben die Stimmen von über 23.000 Global Citizens ihren Teil dazu beigetragen, die Umsetzung des Gesetzes zum Verbot von Gewalt gegen Personen (auf Englisch: Violence Against Persons Prohibition, kurz VAPP) in Nigeria weiter umzusetzen.

Mit der Einführung des VAPP-Gesetzes in 30 von 36 nigerianischen Bundesstaaten werden endlich fast alle Frauen und Mädchen vor jeder Form von Gewalt rechtlich geschützt. Gerechtigkeit sollen Betroffen dabei auch in Form einer angemessene Entschädigung erhalten. 

Das Verrückte daran: Die Regierung unterzeichnete das Gesetz bereits im Jahr 2015. Doch das Gesetz war erst einmal nur im Gebiet der Bundeshauptstadt gültig, sofern es nicht auch von jedem einzelnen Bundesstaat verabschiedet wurde.

Zusammen mit dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) hat Global Citizen deshalb eine Petition gestartet, um die nigerianische Regierung aufzufordern, das Gesetz in allen 36 Bundesstaaten einzuführen. Den idealen Rahmen dafür bot die jährliche Kampagne 16 Days of Activism, in der es um die Problematik der geschlechtsspezifischen Gewalt ging.

Nachdem zum Start der Petition 17 Bundesstaaten das Gesetz verabschiedet hatten, waren es  ein Jahr und Tausende von Unterschriften später ganze 30 Staaten. Sie alle haben mittlerweile den Entwurf zur Verankerung des VAPP-Gesetzes in ihren jeweiligen Parlamenten verabschiedet.

Zum Abschluss der Petition wurde bei einem Roundtable über das Gesetz diskutiert

Anlässlich von 16 Days of Activism im Jahr 2021 und zum Abschluss der Petition kamen Aktivist*innen, Regierungsvertreter*innen und Global Citizen zusammen, um Strategien für die Einführung und Umsetzung des VAPP-Gesetzes in allen nigerianischen Bundesstaaten zu diskutieren. 

Der Roundtable verstärkte die Forderungen von Tausenden von Global Citizens, die sich für die vollständige Einführung des VAPP-Gesetzes in den nigerianischen Bundesstaaten einsetzen, wobei der Schwerpunkt auf den verbleibenden sechs Bundesstaaten lag. 

Laut Maimuna Maibe, Landesdirektorin von Global Citizen Nigeria, war die Veranstaltung ein Zeichen dafür, dass die Kampagne gegen geschlechtsbasierte Gewalt Fortschritte macht. Laut ihrer Einschätzung sei es vor allem die Zusammenarbeit, die hilft, das Gesetz auch auf Bundesebene zu verabschieden und in allen Bundesstaaten einzuführen.

Das zweistündige Gespräch wurde von Dakore Egbuson moderiert, einer preisgekrönten Künstlerin und Aktivistin, die sich gegen sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt stark macht. 

Zu den Teilnehmenden gehörten die Ministerin für Frauen und Soziales, Dame Pauline Tallen, vertreten durch ihre Sonderbeauftragte, Prinzessin Jummai Idonije, die Generalsekretärin Hajiya Saudatu Mahdi von der NGO zur Förderung und zum Schutz der Frauenrechte in Nigeria (auf Englisch: Women's Right Advancement and Protection Alternative Nigeria, kurz WRAPA) und die Sonderbeauftragte des Präsidenten für die nachhaltigen Entwicklungsziele, vertreten durch ihren Sonderberater, Dr. Bala Yunusa. 

Weitere Redner*innen waren Oluwaseun Osowobi, Geschäftsführer der Initiative zur Beendigung von Vergewaltigungen (auf Englisch: Stand to End Rape Initiative, kurz STER) und Gewinner des Global Citizen Prize 2020: Nigerias Hero Award, und Hamzat Lawal, Gründer von Connected Development (CODE) und Beiratsmitglied des BeyGOOD Fellowship

An dem Roundtable nahmen auch die Aktivistinnen Kiki Mordi und Aisha Yesufu; führende Vertreter*innen der Wirtschaft wie Stella Ojekwe-Onyejeli, COO der Nigeria Sovereign Investment Authority und Organisationen der Zivilgesellschaft wie Amnesty International, ONE Campaign, UNFPA und Nigeria Health Watch teil.

Bis September 2022 sollen alle Bundesstaaten das VAPP-Gesetz einführen

Die Podiumsteilnehmenden unterstrichen die Bedeutung des VAPP-Gesetzes für die Bekämpfung der hohen Zahl geschlechtsspezifischer Gewalt in dem Land, die seit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie im vergangenen Jahr stark zugenommen hat. 

In ihrer Rede hob Idonije jene Bemühungen von Ministerin Tallen hervor, die dazu führten, dass das nigerianische Gouverneursforum den Notstand in Bezug auf sexuelle Gewalt im Land ausrief und ein interministerielles Komitee zur Beseitigung sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt einrichtete. 

"Der von der Ministerin geleitete Ausschuss fordert derzeit die Einrichtung von Sondergerichten speziell für Fälle geschlechtsbasierter Gewalt, da die regulären Gerichtsverfahren nur langsam vorankommen", sagte sie. Das Ministerium setzt sich dafür ein, dass alle nigerianischen Bundesstaaten das VAPP-Gesetz bis September 2022 einführen. 

Hajia Saudatu Mahdi, Generalsekretärin von WRAPA Nigeria und Mitglied des interministeriellen Ausschusses zur Beseitigung von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, war maßgeblich an der Verabschiedung des VAPP-Gesetzes im Jahr 2015 beteiligt. 

Sie wies auf die großen Herausforderungen hin, die das Tempo der Einführung und Umsetzung von Gesetzen verlangsamen. Dazu gehören die mangelnde Vertretung marginalisierter Bevölkerungsgruppen (in diesem Fall Frauen), die Sozialisierung, soziale Ängste, die rechtzeitige Aneignung und die Aufsicht eben dieser Gesetze. 

Mahdi bekräftigte, dass es vor allem darauf ankomme, die Rolle der verschiedenen Behörden zu verstehen, um die Finanzierung der Umsetzung des VAPP-Gesetzes voranzutreiben. 

Zusätzlich haben gemeinnützige Organisationen nur begrenzte Möglichkeiten, um sich dafür zu engagieren. Ein Zusammenschluss mehrerer Interessengruppen könne mehr bewirken. 

Die langsame Reaktion der Regierung zeigt sich auch in der Umsetzung des VAPP-Gesetzes

In den letzten Jahren stand Osowobis Initiative Stand to End Rape (STER) an vorderster Front der Kampagne zur Umsetzung des VAPP-Gesetzes. In Ihrem Bericht zu einigen der größten Herausforderungen der Umsetzung, nannte sie vor allem religiöse und kulturelle Praktiken. 

"Es gab Probleme mit Männern, die glaubten, dass es in Ordnung sei, ihre Frauen zu züchtigen, und dass eine Frau, die ihren Mann anzeigt, eine totale Zerrüttung in der Familie verursache."

Osowobi verurteilt die langsame Reaktion der Regierung in Fragen, die Frauen und Mädchen betreffen. Die mangelnde Dringlichkeit der Umsetzung des VAPP-Gesetzes sei ein deutliches Negativbeispiel dessen.

Lawal von Connected Development nutzte seine umfangreiche Lobbyarbeit im Norden Nigerias und sprach über die Bedeutung der Politik im Kampf für die Einführung des VAPP-Gesetzes und den Schutz von Millionen nigerianischer Frauen und Mädchen. 

"Frauen müssen Politik machen, wenn wir den Fortschritt beschleunigen wollen. Stellen Sie sich vor, wir hätten eine weibliche Gouverneurin in einem Staat, dann bräuchten wir nicht dafür zu werben, dass sie das Gesetz oder sogar den Haushalt für seine Umsetzung verabschiedet", sagte er.

Der Höhepunkt des Roundtables war der Abschluss der Petition, der durch die offizielle Übergabe von mehr als 23.000 Unterschriften von Global Citizens aus aller Welt an das Frauenministerium symbolisiert wurde. 

Indem sie ihre Stimme erhoben, um die nigerianischen Politiker*innen aufzufordern, das VAPP-Gesetz in allen 36 Bundesstaaten einzuführen, haben Global Citizens dazu beigetragen, sie zum Handeln zu bewegen, damit die Zukunft der Frauenrechte und der Gleichstellung in Nigeria geschützt werden. Kaum 24 Stunden nach dem Roundtable wurde das VAPP-Gesetz nun auch im Parlament des Bundesstaates Borno verabschiedet.

Advocacy

Gerechtigkeit fordern

So konnten Global Citizens zu mehr Geschlechtergerechtigkeit in Nigeria beitragen

Ein Beitrag von Tife Sanusi  und  Oluwafunmilayo Taiwo