Mehr als zehn Millionen Ukrainer*innen sind angesichts der anhaltenden russischen Invasion aus ihrer Heimat geflohen. 3,7 Millionen von ihnen haben ihre Heimat ganz verlassen und suchen jenseits der ukrainischen Grenzen Schutz vor dem Krieg.
Auf den wachsenden Exodus reagierten andere Länder und humanitäre Organisationen mit außerordentlichen Hilfsleistungen – Nahrungsmittel, Wasser, Unterkünfte, medizinische Hilfe und Unterstützung dabei, sich ein neues Leben aufzubauen.
Polen nimmt mehr als zwei Millionen Geflüchtete auf, die UA haben zugesagt, 100.000 Geflüchtete aufzunehmen. Die EU beschleunigt die Schaffung neuer Arbeitsplätze für Ukrainer*innen.
Diese raschen Maßnahmen zur Integration der vom Krieg Flüchtenden lindern das Leid von Millionen von Menschen. Im Vergleich mit den vergangenen Jahrzehnten ist das für westliche Länder eine fast ungewöhnliche Reaktion.
Nach Angaben der Europäischen Kommission werden Menschen aus verschiedenen Gründen zu Flüchtenden: Krieg, Gewalt vor Ort, politische Verfolgung, Menschenrechtsverletzungen und Umweltkatastrophen. Geflüchtete erhalten oft nicht die Hilfe, die sie benötigen, die angesichts ihrer Lage angemessen wäre. Sie bleiben jahre- oder sogar jahrzehntelang in einer prekären Situation.
Die weltweite Zahl an Geflüchteten nimmt seit Jahren zu. Und es ist von entscheidender Bedeutung, dass alle Länder weltweit Mitgefühl und Ressourcen für sie aufbringen.
Schließlich sollte die Situation nicht zu einer Krise werden – die Hürde ist durchaus überwindbar, wenn die Länder auf der ganzen Welt den Willen dazu aufbringen.
Hier sind zwölf Fakten über die globale Situation von Geflüchteten, die zeigen, wie dringend Hilfe benötigt wird:
1. Die Zahl der Geflüchteten war schon vor der Ukraine auf einem Rekordhoch
Laut UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, gab es in der ersten Jahreshälfte 2021 mehr als 26,6 Millionen Geflüchtete sowie 50,9 Millionen Binnengeflüchtete. Darüber hinaus gab es weltweit 4,4 Millionen Asylbewerber*innen sowie 4,1 Millionen Geflüchtete aus Venezuela.
2. Würden alle gewaltsam vertriebenen Menschen ein eigenes Land gründen, wäre es die 17. größte Nation der Welt
Im Jahr 2021 waren weltweit mehr als 84 Millionen Menschen auf der Flucht, eine Zahl, die größer ist als die Bevölkerung Deutschlands. Berücksichtigt man die Zahl der ukrainischen Geflüchteten seit Februar und die Menschen, die im vergangenen Jahr vor anderen globalen Konflikten und Krisen geflohen sind, wäre ein hypothetisches Land der Vertriebenen das 17. bevölkerungsreichste Land der Erde.
3. Geflüchtete warten im Durchschnitt 20 Jahre lang auf Integration
20 Jahre lang müssen Geflüchtete darauf warten, dass ihr neues Leben beginnt. Niemand wird und bleibt Geflüchtete*r, weil er*sie es will. Hier steckt einzig und allein der Wille dahinter, zu überleben und das alte Leben zurückzulassen, um dem Tod zu entgehen.
4. 85 Prozent der Geflüchteten sind in Ländern mit geringem Einkommen untergebracht
Obgleich reiche Länder über mehr Mittel zur Aufnahme von Geflüchteten verfügen, wird die große Mehrheit Betroffener weltweit von Ländern mit geringem Einkommen aufgenommen. Oft hängt das mit der geografischen Nähe zu Krisengebieten zusammen. Die Geflüchteten landen in diesen Ländern, wenn sie die nächstgelegene Grenze überqueren. Die Tatsache, dass diese Länder sie nicht abweisen, sondern aufnehmen, unterscheidet sie dennoch von vielen Industrienationen.
5. Die Türkei beherbergt mit 3,7 Millionen die meisten Geflüchteten weltweit – gefolgt von Kolumbien, Uganda, Pakistan und Deutschland
Der Großteil der Geflüchteten in der Türkei kommt aus Syrien, wo seit mehr als einem Jahrzehnt ein Bürger*innenkrieg herrscht. Die Geflüchteten in Kolumbien kommen größtenteils aus Venezuela, die in Uganda aus dem Südsudan, die in Pakistan aus Afghanistan und die in Deutschland aus Syrien.
6. Aruba und der Libanon haben die höchste Geflüchtetendichte innerhalb ihrer Grenzen
In Aruba kommen auf 1.000 Einwohner*innen 156 Geflüchtete. Im Libanon kommen 134 Geflüchtete auf 1.000 Einwohner*innen. In den USA hingegen kommen nur 0,84 Geflüchtete auf 1.000 Einwohner*innen.
7. Nach Angaben von Save the Children erhalten weniger als ein Prozent der Geflüchteten die Unterstützung, die sie benötigen, um sich in einem neuen Land niederzulassen
Wenn Geflüchtete ihre Heimatländer verlassen, verfügen sie oft nur über geringe finanzielle und andere Ressourcen. Deshalb benötigen sie Hilfe bei der Beschaffung von Unterkünften, Lebensmitteln, Wasser und anderen lebenswichtigen Dingen. Die vollständige Eingliederung in ein neues Land mit einer neuen Existenzgrundlage erfordert zusätzliche Hilfe. Doch die meisten Geflüchteten erreichen diesen Punkt nie, sondern bleiben in einem Zwischenstadium stecken.
8. Die Hälfte der Geflüchteten in der Welt sind Kinder
Fast 13 Millionen Geflüchtete weltweit sind unter 18 Jahre alt.
9. Nahezu die Hälfte aller geflüchteten Kinder bleibt der Schule fern
Die Wahrscheinlichkeit, dass geflüchtete Kinder im Grundschulalter den Unterricht besuchen, ist größer als die Schulbesuchsquote ab dem Sekundarschulalter. Denn es mangelt an Ressourcen und sozialer Druck treibt viele Geflüchtete dazu, die Schule abzubrechen.
10. Neben der Ukraine gibt es derzeit etwa 30 weitere Konflikt- und Krisengebiete, aus denen Menschen fliehen
Der zwei Jahrzehnte andauernde Konflikt in Somalia hat fast zwei Millionen Menschen vertrieben. Bandengewalt und Verfolgung in Zentralamerika haben mehr als 720.000 Menschen zur Flucht veranlasst. Mehr als 700.000 Rohingya-Geflüchtete befinden sich wegen des Völkermords in Myanmar nun in Bangladesch.
11. Der seit zehn Jahren andauernde Krieg in Syrien hat 5,7 Millionen Geflüchtete hervorgebracht
Syrische Geflüchtete sind aus dem Land geflohen und haben in der Türkei, im Libanon, in Jordanien und in anderen Ländern Zuflucht gesucht. Weitere 6,7 Millionen Menschen sind innerhalb Syriens vertrieben worden. Insgesamt 13,4 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe.
12. Die UN meldet eine Finanzierungslücke von zehn Milliarden US-Dollar (rund 9,5 Milliarden Euro) für die weltweite Geflüchtetenhilfe
Für viele der schlimmsten humanitären Krisen der Welt – darunter Jemen, Afghanistan und Sudan – wurde erst weniger als ein Drittel der Mittel aufgebracht, das eigentlich für bedürftige Menschen benötigt wird.
Die UN berichtet, dass die fehlende Finanzierung in der Geflüchtetenhilfe die Versorgung mit Wasser, Nahrung, Gesundheitsversorgung und Unterkünften gefährdet. Auch bei anderen Hilfsangeboten, etwa dem Schutz von Kindern, der Bildung oder auch der Versorgung im Bereich sexuelle Gesundheit wird gekürzt.