GroKo Halbzeitbilanz? Früher hätte ich diese Schlagzeile gekonnt ignoriert. Als Jugendliche fand ich Politik noch nicht so wahnsinnig spannend. Doch zunehmend fand ich heraus: Politik ist manchmal sogar spannender als Netflix. Ihr glaubt mir nicht? Dann gebt mir eine Chance – ich versuche euch hier und jetzt davon zu überzeugen!
Bilanz - wovon?
Okay, ein paar Zeilen braucht es, um zu verstehen, wovon wir hier eigentlich reden (bleibt bei mir, es geht auch ganz schnell!). Also: Von welcher Bilanz reden wir hier überhaupt? Vor fast zwei Jahren – die meisten erinnern sich – wurde der Bundestag und eine neue Regierung gewählt. Und dann begann das Chaos: Die SPD wollte AUF KEINEN FALL eine große Koalition (kurz: GroKo). Die FDP wollte auf einmal gar nicht mehr regieren (Zitat Christian Lindner: “Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren”). Weil irgendwer ja regieren musste, änderte die SPD ihre Meinung – die GroKo ging in die zweite Runde.
Politiker*innen der SPD und CDU/CSU gaben sich also damals die Hand und handelten einen Koalitionsvertrag aus, in dem sie die Ziele festhielten, die sie bis 2021 erreichen wollen. In diesen Wochen wollen sie nun Bilanz darüber ziehen, was bisher erreicht wurde – und das ist mehr als manch einer denkt. Denn laut der Bertelsmann Stiftung ist die GroKo “Besser als ihr Ruf”: Fast 60 Prozent ihrer Versprechen wurden bereits umgesetzt. Hättet ihr das gewusst?
Aber um ein Thema steht es gar nicht gut: Entwicklungszusammenarbeit.
Versprechen für die Ärmsten der Welt
Insgesamt hat die GroKo fünf konkrete Versprechen zur Entwicklungszusammenarbeit gegeben. Bisher wurde nur eins dieser Ziele erreicht und eins lässt sich nicht überprüfen, so das Fazit von Expert*innen von der Bertelsmann Stiftung. Daher nehmen wir mal vier dieser Ziele genauer in den Blick.
Versprechen 1: Mehr Geld für Entwicklung
Das erste Versprechen der GroKo ist: mehr Geld für Entwicklung. Gute Idee! Doch es ist nicht das erste Mal, dass Deutschland dieses Versprechen gibt. Bisher blieben die Ergebnisse aber viel zu oft hinter den selbst gesteckten Zielen zurück. Schon mal vom0,7-Prozent-Ziel gehört? Genau darum geht es hier!
Denn bereits 1972 hat Deutschland zugesagt, jedes Jahr 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Dieses Versprechen wurde jedoch nur ein einziges Mal in 2016 gehalten. Seitdem entfernen wir uns wieder von der Zielmarke.
Derzeit liegen wir bei 0,61 Prozent, wenn man die Kosten für Geflüchtete in Deutschland einrechnet – ohne die Inlandsflüchtlingskosten sind es nur 0,51 Prozent. Und ab 2021 sind weitere Kürzungen vorgesehen.
Fazit: Versprochen? Gebrochen!
Versprechen 2: Mehr Geld für die ärmsten Länder
Mehr Geld alleine reicht nicht aus – es ist auch entscheidend, wohin das Geld für Entwicklung geht. Daher hat die GroKo sich auch die internationale Zielmarke vorgenommen, mindestens 0,15-0,2 Prozent des Bruttonationaleinkommens an die wenigsten entwickelten Länder zu geben. Ob das eingehalten wird? Gerade einmal die Hälfte dieser Quote wird erreicht und stagniert seit Jahren.
Wir halten fest: der Kampf gegen extreme Armut wird nicht so geführt, wie die GroKo es sich vorgenommen hat.
Versprechen 3: Verteidigung und Entwicklung - gehört das zusammen?
Weiter geht es mit einem heiklem Thema: Verteidigung. Und vielleicht kennt ihr die NATO-Zielmarke: Zwei Prozent des Bruttonationaleinkommens soll für Verteidigung ausgegeben werden. Dagegen scheinen die Ausgaben für Entwicklung ein Klacks! Dabei sind Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe jedoch auch wichtige Faktoren, um Regionen und Länder zu stabilisieren. Daher hat sich die GroKo überlegt, zusätzliche Ausgaben für Verteidigung an zusätzliche Erhöhungen für Entwicklung zu koppeln.
Aber wird dieses 1:1 Versprechen eingehalten? Die Antwort ist wie vieles in der Politik: Auslegungssache. Aber unseren Berechnungen zufolge ist die Antwort: nein! Die neuesten Erhöhungen für Verteidigung sind circa dreimal höher als für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, obwohl der Bedarf aufgrund von Katastrophen und Konflikten immer weiter steigt.
Nach all diesen negativen Nachrichten, wollen wir endlich Mal zu positiven Neuigkeiten übergehen: es gibt Licht am Ende des Tunnels mit Versprechen Nummer 4.
Versprechen 4: Reformpartnerländer stärken
Im Rahmen des G20 Gipfels in 2017 in Hamburg und der Strategie des Entwicklungsministeriums, hat sich die Regierung vorgenommen mehr in spezielle Länder zu investieren, mit denen es sogenannte Reformpartnerschaften geschlossen hat. Hier will die GroKo vor allem Programme für den Mittelstand und Start-Ups fördern und Jobs schaffen. Dafür wurde in 2018 ein neuer Fonds angekündigt. Ein erreichtes Ziel! Doch wenn nur wenige, meist wirtschaftlich stärkere Länder gefördert werden, bleiben vor allem die weniger entwickelten und fragilen Länder zurück.
Was wir fordern? Wort halten!
Zusammengefasst: Es wurden gute und sinnvolle Versprechen gemacht, aber diese wurden zum Großteil leider weder eingehalten noch wirklich auf den Weg gebracht. Auch wenn die GroKo in anderen Politikfeldern schon Erfolge aufweisen kann, fällt die Halbzeitbilanz für Deutschlands Verantwortung in der Welt nicht gut aus – denn die Ärmsten der Welt bleiben auf der Strecke.
Also liebe GroKo, jetzt heißt es: Kurs aufnehmen und alles dafür tun, dass wir gemeinsam eine gerechtere Welt ohne extreme Armut schaffen! Denn wenn wir in 2020 nicht den bisherigen Kurs wenden, werden wir die Global Goals bis 2030 nicht erreichen können.