Wälder werden niedergebrannt. Flüsse durch zerstörte Infrastruktur verunreinigt. Tiere gewildert und aus ihren Lebensräumen vertrieben – Kriege verursachen enorme Umweltschäden, die meist von den sozialen Folgen überschattet werden.
Daher fordern Forscher*innen, Umweltzerstörungen in Konfliktregionen zukünftig mit Kriegsverbrechen gleichzusetzen. Im Juli 2019 wendeten sie sich in einem Brief, der im Wissenschaftsmagazin “Nature“ veröffentlicht wurde, an die Vereinten Nationen (UN). Zeitgleich zu einer Tagung der UN-Völkerrechtskommission riefen sie die versammelten Mitglieder am 8. August dazu auf, “die Umwelt in Zeiten bewaffneter Konflikte zu schützen“.
“Wir fordern Regierungen auf, konkrete Schutzmaßnahmen für die Artenvielfalt zu verankern und die Empfehlungen der Kommission zu nutzen, um endlich eine fünfte Genfer Konvention zum Schutz der Umwelt [in Konfliktzonen] zu verabschieden“, schreiben sie in ihren Brief.
“Obwohl die Forderung nach einer fünften Konvention nun schon seit zwei Jahrzehnten anhält, zerstören militärische Konflikte weiterhin die Tierwelt, verstärken das Artensterben und verschmutzen Wasserquellen“, heißt es weiter. “Die unkontrollierte Verbreitung von Waffen verschlimmert die Situation, beispielsweise indem sie die nicht autorisierte Jagd auf Wildtiere fördert.“
Da wo Kriege wüten, werden oft natürliche Lebensräume zerstört. Die militärische Intervention der USA in Afghanistan im Jahr 2001 hinterließ verunreinigte Gewässer und eine großflächige Luftverschmutzung. Letztere wurde nicht nur durch den Einsatz von Bomben verursacht, sondern auch dadurch, dass US-amerikanischen Truppen häufig Müll in offenen Gruben verbrannten. Die dabei freigesetzten gesundheitsschädlichen Giftstoffe und die schweren Militärfahrzeuge, die große Mengen Staub aufwirbeln, tragen zusätzlich zu der Luftverschmutzung bei.
Doch hier hört die Liste an Umweltzerstörungen bei Kriegseinsätzen noch lange nicht auf.
Ein weiteres Beispiel ist der zweite Golfkrieg von 1991, bei dem US-amerikanische Truppen in den Irak einmarschierten. Die dort eingesetzten Bomben enthielten radioaktives Uran, das Böden und Gewässer verseuchte, berichtet der Guardian.
Im Vietnamkrieg zerstörte das US-Militär Millionen Waldflächen mit einer giftigen Substanz namens “agent orange”. Die Auswirkungen dieses Bombeneinsatzes sind heute noch sichtbar.
Doch auch für Tier- und Pflanzenarten stellen Kriege eine große Bedrohung dar. Während der Bürgerkriege im Kongo wurden heimische Wildtiere wie Antilopen, Elefanten und Affen in großer Zahl getötet oder gezwungen, aus ihren zerstörten Lebensräumen zu fliehen.
Selbst in mittlerweile befriedeten Gebieten kommt es immer wieder vor, dass Tiere auf übriggebliebene Minen treten. Die Chemikalien, die für die Herstellung von Waffen verwendet werden, können Wasserquellen für immer kontaminieren. Und da in Kriegszeiten viele Gesetze außer Kraft treten, nehmen ausbeuterische Aktivitäten gegen die Umwelt – wie etwa der illegale Abbau von Bodenschätzen – zu.
Militäreinsätze schaden neben der Umwelt auch dem Klima. In 2008 allein haben die USA im Irak mehr Öl verbrannt als 1,2 Millionen Autos im Jahr verbrauchen. Zusammengerechnet haben die Interventionen des US-amerikanischen Militärs mehr Treibhausgase freigesetzt, als ganze Länder. Oft stecken Truppen aus strategischen Gründen Ölquellen in Brand, um ihrem Gegner Schaden zuzufügen und setzen dabei Unmengen von schädlichen Treibhausgasen in der Atmosphäre frei.
Um Länder weltweit daran zu erinnern, die Umwelt in Zeiten des Kriegs zu schützen, hat die UN einen den “Internationale Tag für die Verhütung der Ausbeutung der Umwelt in Kriegen und bewaffneten Konflikten“ ins Leben gerufen. Dieser findet seitdem jährlich am 6. November statt.
Sollten die UN und damit Länder weltweit auf die Forderung der Forscher*innen eingehen und Umweltzerstörungen zukünftig als Kriegsverbrechen werten, müsste das letztendlich auf ein Verbot moderner Kriegswaffen hinauslaufen. Denn noch ist keine Bombe vom Himmel gefallen, ohne beim Aufprall einen enormen Schaden für Mensch und Natur anzurichten.