Der US-amerikanische Filmproduzent Harvey Weinstein wurde in zwei von fünf Anklagepunkten von einem New Yorker Gericht schuldig gesprochen.
Bei dem monatelangen Prozess sagten sechs Frauen gegen den Gründer der Weinstein Company – bekannt für Filme wie Halloween und Inglourious Basterds – wegen Vergewaltigung und sexueller Gewalt aus.
In den vergangenen fünf Tagen blickte die Welt auf die Verhandlungen der sieben Männer und fünf Frauen der Geschworenenjury. Insgesamt wurde Weinstein in fünf Punkten zu sexuellen Verbrechen unterschiedlicher Schwere angeklagt, von denen zwei mit lebenslanger Haft belegt waren.
Weinsteins Verteidigung streitet Schuld ab
Grundlage dieser Anklagepunkte bildeten die Aussagen von zwei Frauen. Die ehemalige Produktionsassistentin Mimi Haleyi erklärte, dass Weinstein sie im Juli 2006 in seiner Wohnung zu Oralsex gezwungen hatte. Die Schauspielerin Jessica Mann sagte aus, dass sie 2013 in einem Hotel von Weinstein vergewaltigt wurde.
Weinsteins Verteidigung plädierte auf unschuldig in allen Anklagepunkten und behauptete, dass jeglicher sexueller Kontakt mit den Frauen im gegenseitigen Einvernehmen stattgefunden hätte.
Das sahen die Geschworenen anders. Sie sprachen Weinstein wegen sexueller Nötigung ersten Grades und Vergewaltigung dritten Grades schuldig. Dem 67-Jährigen droht nun eine Haftstrafe zwischen fünf bis 25 Jahren. Das genaue Ausmaß soll am 11. März verkündet werden.
Neben diesem Gerichtsverfahren in New York wird sich Weinstein wegen weiterer sexueller Verbrechen vor einem Gericht in Los Angeles verantworten müssen.
#MeToo-Bewegung wertet die Verurteilung als Erfolg
Das Urteil ist ein Meilenstein der #MeToo-Bewegung, die 2017 durch die Aktivistin Tarana Burke angestoßen und durch die Schauspielerin Alyssa Milano vorangetrieben wurde. Seitdem haben über 100 Frauen wegen sexueller Gewalt gegen Weinstein ausgesagt. Ihr Mut hat weitere hunderttausende Frauen weltweit mit ähnlichen Erfahrungen darin bestärkt, ihre Geschichten zu teilen.
Annabella Sciorra
— Tarana (@TaranaBurke) February 24, 2020
Miriam Haleyi
Dawn Dunning
Tarale Wulff
Lauren Young
Unnamed Survivor
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#SilenceBreakers#NotAccusersSurvivors#Protectthematallcostshttps://t.co/0xxLbmhf8A
Namibia war eines der ersten Länder Afrikas, dass sich der #MeToo-Bewegung anschloss. Nigeria, Ägypten und weitere Länder folgten dem Beispiel, während Frauen in Japan mit der #KuToo-Kampagne gegen sexistische Kleidervorschriften protestierten. In Indien sprachen sich Frauen gegen die verbreitete sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz aus. In Südafrika fanden mehr Frauen den Mut, in den sozialen Medien über ihre persönlichen Erfahrungen geschlechtsspezifischer Gewalt zu sprechen.
Der Schuldspruch Weinsteins sendet ein positives Zeichen an all diese Frauen. Dennoch betonen Expert*innen, dass er die globale Situation von Opfern sexueller Gewalt nicht grundlegend verändern wird.
35 Prozent aller Frauen weltweit erleben sexuelle Belästigung
“Dieser Fall erinnert uns daran, dass sexuelle Gewalt bei ungebremster Macht und Reichtum floriert“, so die #MeToo-Begründerin Burke. “Die Konsequenzen strahlen weit über Hollywood hinaus, bis in das tägliche Leben von uns allen und in die ganze Welt.“
Yasmeen Hassan, internationale Geschäftsführerin der Frauenrechtsorganisation Equality Now, wertet das Urteil ebenfalls als einen Erfolg, obgleich es nur “ein Tropfen auf den heißen Stein“ sei. Denn etwa 35 Prozent aller Frauen weltweit geben an, bereits sexuell belästigt oder genötigt worden zu sein.
Zudem gibt es noch immer kein internationales Abkommen, dass geschlechtsspezifische Gewalt am Arbeitsplatz verhandelt. Obwohl 154 Länder weltweit zwar Gesetze gegen sexuelle Gewalt verabschiedet haben, geht die korrekte Umsetzung nur schleppend voran.
Am 11. März findet die jährliche Frauenrechtskommission der Vereinten Nationen statt, bei der Regierungen den weltweiten Fortschritt der Gleichberechtigung besprechen. Hier wird sich zeigen, welchen Einfluss die Verurteilung Weinsteins und die #MeToo-Bewegung auf internationale Gesetze zum Schutz von Frauen genommen haben.