„Geflüchtete schlachten und verspeisen Pferd von Koppel neben Erstaufnahmelager”. „Zwölf Kinder in Fürstenfeldbruck entführt”. „Wurstverbot: In einem Kindergarten im Taunus dürfen Eltern ihren Kindern wegen Beschwerden muslimischer Eltern kein Frühstück mehr mitbringen”. „Weil Geflüchtete darin untergebracht werden sollen, wird ein Altersheim [in der Schweiz] geräumt”.

Das hier ist nur eine kleine Auswahl der zahlreichen Meldungen über Flüchtlinge, die im letzten Jahr durch Zeitungen und die Onlinewelt kursierten - und bei allen handelte es sich um Falschmeldungen.

Und auch dieses Jahr verging bisher kaum ein Tag, an dem man nicht mit Schlagzeilen über 'Flüchtlinge in Europa' konfrontiert wurde. Darunter leider vermehrt auch Meldungen über Anschläge auf Flüchtlingsheime, Pegida-Demonstrationen oder haarsträubende Aussagen von AfD-'Politikern'. Denn: die Stimmung im Land war und ist aufgeheizt - und das bietet besten Nährboden für Gerüchte.

Gerüchte sind nicht nur brandgefährlich, sondern verbreiten sich bekanntermaßen auch immer schneller als positive Nachrichten und sind doppelt so schwer wieder auszurotten. Denn noch immer gibt es zahlreiche Menschen, die solchen Gerüchten viel zu schnell und sehr blauäugig Glauben schenken, statt nachzufragen und weitere Fakten zu prüfen. Der Schaden, den Gerüchte anrichten, wird dabei fast immer verkannt.

Karolin Schwarz hatte die Gerüchteküche satt

Karolin, eine engagierte Leipzigerin, ärgerte sich immens über solche Gerüchte und beschloss, gegen die Falschaussagen vorzugehen. Im Februar 2016 rief sie deshalb die Webseite Hoaxmap - Neues aus der Gerüchteküche ins Leben. Das Wort ‘hoax’ kommt aus dem Englischen und heißt übersetzt so viel wie 'Falschmeldung' oder '(Zeitungs)-ente'.

Auf ihrer Webseite sammelt Karolin Falschmeldungen und Gerüchte über Flüchtlinge, die ihr in den Medien über den Weg laufen. Der Clou: zu jedem Gerücht steht gleichzeitig die Widerlegung zur Verfügung! Die Falschmeldungen kommen dabei nicht nur auf Deutschland, sondern auch aus der Schweiz und Österreich. Inzwischen sind es stolze 392 Gerüchte, die die Leipzigerin als schlichtweg 'falsch' entlarvt hat. 

So kam ihr die Idee 

Während Karolin mehrere Male in einem Erstaufnahmelager für Flüchtlinge aushalf, lernte sie genau die Menschen besser kennen, über die immer wieder kuriose Geschichten verbreitet wurden. Und sie ärgerte sich über das, was sie in den Medien hörte, vor allem aber darüber, wie absurd und weit weg diese Aussagen von der Realität waren. Da kam ihr die Idee, dass man ein Werkzeug bräuchte, mit dem jeder prüfen kann, ob an solchen Geschichten auch was dran ist.
„Die Hoaxmap ist aus dem Wunsch entstanden, eine Ordnung in die Vielzahl gestreuter Gerüchte zu bringen [...]. Sämtliche 'Auflösungen' sind etablierten Medien entnommen und verlinkt”, beschreibt Karolin ihre Seite.

Gemeinsam mit einem Freund setzte Karolin Schwarz ihre Idee in die Tat um - die Hoaxmap war geboren. Seitdem spüren die beiden in ihrer Freizeit nun verschiedene Meldungen auf und überprüfen diese auf ihren Wahrheitsgehalt. Natürlich können die beiden nicht jedem Gerücht und dessen Auflösung bis in aller Detailtiefe nachgehen. Doch inzwischen erhalten sie Unterstützung sowie wichtige Hinweise aus der Twitter-Gemeinschaft. Diese schicke ihnen regelmäßig Tipps und Links zu Artikeln und Veröffentlichungen.

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung antwortete Karolin auf die Frage, ob sie mit ihrer 'Hoaxmap' besorgte Bürger aufzuklären erhofft: „Viele sind sicherlich schwer zu erreichen [...]. Aber nicht alle, die den Gerüchten auf den Leim gehen, sind Überzeugungstäter. Wir hoffen, dass sich einige von Fakten überzeugen lassen und ihre Meinung [über Flüchtlinge] überdenken.”

Die 'Hoaxmap' ist definitiv für jeden interessant. Zum einen, weil man vielleicht selbst über das ein oder andere Gerücht gestoßen ist, von dem man nicht weiß, ob es nun der Wahrheit entspricht oder nicht. Zum anderen, weil jeder Nutzer auch geographisch nachvollziehen kann, welche Falschmeldungen in der Gegend, in der er oder sie lebt, kursierten und bereits entlarvt wurden.

Initiativen wie die von Karolin helfen nicht nur dabei, Gerüchten mit Hilfe von 'harten' Fakten den Garaus zu machen, sondern gleichzeitig durch den Abbau von Vorurteilen das Zusammenleben verschiedener Kulturen zu verbessern.

Das fanden auch die Juroren des diesjährigen Grimme-Online-Awards, denn seit Ende April ist hoaxmap.org nominiert! Die Preisverleihung findet am 24. Juni statt. Doch ob mit oder ohne Grimme-Online-Preis kann man Karolin zu ihrer genialen Idee und ihrem sozialen Engagement nur gratulieren. Weiter so!

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Gerechtigkeit fordern

Leipzigerin macht mit absurden Gerüchten über Flüchtlinge Schluss

Ein Beitrag von Katrin Kausche