Das Urteil ist ein starkes Signal für die Rechte von Mädchen in Indien: In Zukunft können Männer bestraft werden, wenn sie ihre minderjährige Frau zum Sex zwingen. Indiens oberstes Gericht hat entschieden, dass Sex mit einer Minderjährigen immer eine Vergewaltigung ist – ganz egal, ob das Mädchen verheiratet ist oder nicht.
Die Entscheidung des Gerichtshofs in Neu-Delhi hat im Oktober 2017 endlich eine Gesetzeslücke geschlossen. Eigentlich liegt das Alter für sexuelle Mündigkeit sowie für Eheschließung in beiden Fällen bei 18 Jahren. Doch es gab eine Klausel in Indiens Vergewaltigungsgesetzen, die das Alter der Einwilligung zu Sex auf 15 herabsetzte, wenn das Mädchen verheiratet war. Das Gericht hat jedoch entschieden, dass die Klausel „diskriminierend, launisch und willkürlich“ ist und „die körperliche Unversehrtheit des Mädchens verletzt“.
(Caption: A young actress plays the role of Giorgia, 10, forced to marry Paolo, 47, during a happening organised by Amnesty International to denounce child marriage, on October 27, 2016 in Rome.)
Vergewaltigungen von Volljährigen in der Ehe sind in Indien nach wie vor keine Straftat. Die Begründung der Regierung: Eine Änderung dieses Gesetzes könne Ehen gefährden und Männer den willkürlichen Beschuldigungen ihrer Frauen aussetzen.
Das Gesetz ist nun ein erster Schritt, die Rechte der Mädchen besser zu schützen. „Dies ist ein richtungsweisendes Urteil, das ein historisches Unrecht gegen Mädchen korrigiert“, sagte Vikram Srivastava, der Gründer der Wahlkampfgruppe „Independent Thought“, gegenüber der BBC. „Wieso sollte die Ehe als Kriterium für die Diskriminierung von Mädchen genutzt werden dürfen?“
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Mädchen unter 18 Jahren können nun ihre Ehemänner wegen Vergewaltigung anzeigen, sofern sie innerhalb eines Jahres Beschwerde einreichen. „Das Urteil ist ein Schritt vorwärts, um Mädchen vor Missbrauch und Ausbeutung zu schützen, unabhängig von ihrem Familienstand“, sagte Divya Srinivasan von der Frauenrechtsorganisation Equality Now gegenüber Global Citizen. „Diese positive Entscheidung des Obersten Gerichtshofs wird die indische Regierung hoffentlich dazu ermutigen, alle Frauen zu schützen, indem sie in allen Fällen die Befreiung von der Ehe ausschließt“, sagte sie.
Trotzdem befürchten Experten, dass die Entscheidung aufgrund der hohen Rate an Kinderehen im Land schwer durchzusetzen sei. Indien liegt weltweit auf Platz 10 der meisten Kinderehen. Geschätzt werden rund 47 Prozent der Mädchen in Indien als Minderjährige verheiratet, heißt es bei der Organisation „Girls Not Brides“.
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Mädchen werden oft als wirtschaftliche Belastung angesehen. Vor allem in armen, ländlichen Gebieten haben viele Eltern die Hoffnung, ihre finanzielle Sicherheit so zu verbessern. Noch grausamer ist der Umstand, dass vergewaltigte Mädchen von ihren Eltern häufig gezwungen werden, ihren Peiniger zu heiraten, um die Familienehre aufrecht zu erhalten, so berichtet es die Nachrichtenagentur AFP.
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