Ein Artikel von Anuradha Nagaraj - Thomson Reuters Foundation

CHENNAI, INDIEN (Thomson Reuters Foundation) - Die Polizei im indischen Chennai untersucht einen Fall, bei dem sich ein 12-jähriges Mädchen das Leben genommen haben soll, nachdem eine Lehrerin sie aufgrund eines Blutflecks auf ihrer Schuluniform demütigte. Das Thema Menstruation ist in Indien immer noch ein Tabuthema.

Das Mädchen stürzte sich von einem hohen Gebäude nahe ihrer Heimatstadt im indischen Bundesstaat Tamil Nadu in den Tod. Sie hinterließ eine Nachricht, in der sie laut offiziellen Aussagen schrieb, dass ihre Lehrerin sie gequält und vor all ihren Mitschülern blamiert hätte.

Als befreundete Mitschülerinnen das Mädchen darauf aufmerksam machten, dass sie einen Blutfleck von ihrer Periode auf ihrer Uniform hatte, bat sie die Lehrerin um Hilfe. Doch statt dem Mädchen zu helfen, sollte sie ihren Blutfleck der ganzen Klasse zeigen, so die Mutter des Mädchens.

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„Der Lehrerin war völlig egal, dass in der Klasse auch Jungs waren“, sagte die Mutter gegenüber dem Nachrichtensender The News Minute.

„Sie forderte meine Tochter dazu auf, das oberste Hemd ihres Salwar Kamiz [einem traditionellen indischen Kleidungsstück] hochzuhalten und gab ihr dann ein Staubtuch, um es als Binde zu benutzen.“

In Indien werden Frauen und Mädchen, wenn sie ihre Periode haben, als unrein angesehen und dafür mitunter stark diskriminiert. Während dieser Zeit dürfen sie zum Beispiel keinen Tempel besuchen oder Essen zubereiten.

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Global Citizen setzt sich dafür ein, dass die Diskriminierung von Mädchen und Frauen auf der ganzen Welt ein Ende findet - sowohl in der Gesellschaft als auch vor dem Gesetz. Hier kann sich jeder für eine gerechtere Welt einsetzen.

Die Eltern der 12-Jährigen erfuhren von der Demütigung, die ihre Tochter durchleben musste, erst im Nachhinein von den Klassenkameraden und fordern nun ein Verfahren gegen die Lehrerin.

Laut Polizei dauern die Untersuchungen derzeit noch an und es werden weitere Lehrer und Schüler befragt.

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In dem erwähnten Abschiedsbrief erwähnt das Mädchen, dass die Lehrerin sie gedemütigt hätte, schreibt allerdings nichts über den Vorfall mit dem Blutfleck auf ihrer Uniform.

Seit Bekanntwerden des schrecklichen Tods machen Aktivisten vermehrt darauf aufmerksam, dass es jugendlichen Mädchen einfacher gemacht werden muss, die Schule zu besuchen.

Oft werden sie dazu gezwungen, während ihrer Periode zu Hause zu bleiben, entweder aufgrund der Vorurteile oder weil es in der Schule keine Toiletten gibt.

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„Die Schule stellt keine Hygieneartikel für die Mädchen zur Verfügung, wenn sie ihre Periode bekommen”, sagt der Kinderschutzbeauftragte Dev Anand gegenüber der Thomson Reuters Foundation.

„Sie haben dem Mädchen noch nicht einmal eine Slipeinlage geben können. Die Schule muss noch einige Antworten liefern.”

In Indien kommt es nur schrittweise zu einer Lockerung des Tabuthemas Menstruation. Hoffnung auf Veränderung geben Beispiele von indischen Firmen, die ihren weiblichen Mitarbeitern ‘Menstruations-Urlaub’ anbieten, wenn sie ihre Periode haben. Dennoch ist es noch ein langer Weg.

(Ein Beitrag von Anuradha Nagaraj; Überarbeitet von Katy Migiro und Lyndsay Griffiths; Bitte die 'Thomson Reuters Foundation' als Quelle angeben, wenn dieser Artikel zitiert / geteilt wird. Die Thomson Reuters Foundation liefert Beiträge über humanitäre Hilfe, Frauenrechte, Menschenhandel, Klimawandel und vieles mehr auf news.trust.org.)

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