Ein Artikel von Nita Bhalla - Thomson Reuters Foundation
NEU-DELHI, 30. August (Thomson Reuters Foundation) - Seit Jahren versuchen Aktivistengruppen und Opfer von häuslicher Gewalt das Gesetz, das Männern in Indien die Vergewaltigung in der Ehe erlaubt, abzuschaffen. Aus diesem Grund wandten sie sich an das Oberste Gericht des Landes.
Nun hat sich die indische Regierung zu Wort gemeldet und argumentiert, dass eine Änderung oder Abschaffung des Gesetzes die Institution Ehe zu sehr „destabilisieren“ würde und zu viele Ehemänner Gefahr laufen würden, fälschlicherweise wegen Vergewaltigung angezeigt zu werden.
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Die Regierung verglich den Vorschlag über die Abschaffung des Gesetzes zudem mit Indiens 'Anti-Mitgift Gesetz', unter dem laut männlicher Aktivistengruppen die Männer Indiens sehr zu leiden hätten, weil Frauen das Gesetz zu häufig für ihren 'persönlichen Rachefeldzug' missbrauchen.
„Es muss sichergestellt werden, dass ein Verbot der Vergewaltigung in der Ehe nicht zum Auslöser wird, der tausende Ehen aus den Fugen geraten lässt“, heißt es in der Regierungserklärung, die dem Obersten Gericht vorliegt.
Image: REUTERS/Rupak De Chowdhuri.
In der Erklärung der Regierung steht ebenfalls, dass das Land nicht blindlings westlichen Ländern folgen sollte, die in der Vergangenheit bereits die Vergewaltigung in der Ehe verboten hatten. Indiens ethnische und kulturelle Vielfalt aber auch sein hoher Grad an Analphabetismus machen das Land schwer mit anderen vergleichbar.
Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist in Indien weit verbreitet. Häufig werden Mädchen auf dem Weg zur Schule oder von ihren Verwandten zu Hause sexuell belästigt. Andere Frauen berichten davon, wie sie von Männern auf der Straße in ein Auto gezerrt und von einer ganzen Gruppe Männer vergewaltigt wurden.
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Eine Gruppenvergewaltigung und der anschließende Mord einer 23-jährigen Inderin aus Neu-Delhi sorgte 2012 für landesweite Proteste, die die Regierung dazu zwang, etwas gegen den hohen Anteil an Gewalt gegen Frauen zu unternehmen.
Die Regierung hat bereits einige Gesetze auf den Weg bringen können: so stehen nun zum Beispiel das Stalken und Säureattacken unter Strafe. Bei dem Verbot der Vergewaltigung in der Ehe stellt sich die Regierung bisher allerdings quer.
Die Vergewaltigung in der Ehe ist mittlerweile in über 50 Ländern verboten - inklusive Deutschland, Südafrika und Nepal.
Indiens überwiegend konservative Normen machen es für die Opfer schwierig, über die sexuellen Gewalttaten, die ihnen ihre Ehemänner angetan haben, zu sprechen. Deshalb liegen auch keine genauen Opferzahlen vor.
Doch es muss davon ausgegangen werden, dass 40 Prozent aller verheirateten Frauen zwischen 15 und 49 Jahren unter häuslicher Gewalt leiden. Unter Kinderbräuten steigt der Anteil sogar auf 70 Prozent.
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Aktivisten wollen Indiens ‘Vergewaltigungsgesetz’ - welches den Männern die Vergewaltigung in der Ehe erlaubt - nicht nur ändern, sondern für verfassungswidrig erklären, da es die Rechte von Mädchen und Frauen verletzt.
Die Gerichtsverhandlungen dauern derzeit noch an.
(Ein Beitrag von Nita Bhalla @nitabhalla; Überarbeitet von Katy Migiro und Lyndsay Griffiths; Bitte die 'Thomson Reuters Foundation' als Quelle angeben, wenn dieser Artikel zitiert / geteilt wird. Die Thomson Reuters Foundation liefert Beiträge über humanitäre Hilfe, Frauenrechte, Menschenhandel, Klimawandel und vieles mehr auf news.trust.org.)