Um die Erde – und damit vor allem die Menschheit – vor den enormen Auswirkungen des Klimawandels zu schützen, müssen Länder weltweit ihre Landwirtschaft auf nachhaltigere Nutzungsmodelle umstellen und ihre Fleischproduktion drastisch reduzieren. Das führt der Anfang August 2019 veröffentlichte Sonderbericht über Klimawandel und Landsysteme des Weltklimarats (IPPC) der UN an.
Der Einfluss von Ernährungsweisen und der Nahrungsproduktion auf das Klima ist laut Bericht gravierender, als bisher vermutet. Denn selbst wenn die Menschheit ihren Energiebedarf übergreifend aus nachhaltigen Quellen beziehen und auf Elektromobilität umsteigen würde – der Schaden, der durch die derzeitige Nahrungsproduktion für die Umwelt entsteht, wiegt immer noch höher.
Schuld daran sind drei Umstände, die vor allem auf die Kappe der Nahrungsindustrie gehen: Rodungen, Bodendegradierung und Wasserverschmutzung.
Laut Bericht muss die Rolle der Nahrungsmittelproduktion für den Klimawandel daher neu verhandelt werden.
“Wir nähern uns dem gefährlichen Moment, in dem das Klima beginnt, zu kippen – und wie der jüngste Bericht des IPPCs zeigt, sind die Maßnahmen, die es braucht, um dies zu verhindern, alles andere als leicht umzusetzen“, erklärt Bob Ward, Vorsitzender des Grantham Forschungsinstitut für Klimawandel und Umwelt in London, gegenüber dem Guardian.
Der aktuelle Bericht ist nicht der erste, mit dem die UN eine Transformation der globalen Nahrungsmittelindustrie fordert. Erst vergangenen Juli wurde eine Studie über den aktuellen Zustand der weltweiten Ernährungssicherheit veröffentlicht. Diese belegt, dass die Anzahl an hungernden Menschen weltweit derzeit wieder steigt.
In Zusammenarbeit mit der unabhängigen Organisation “World Resources Institute” erstellte die UN kurz darauf einen weiteren Bericht zu nachhaltiger Landwirtschaft. Das Fazit: Bis 2050 wird die Welt mehr Nahrung auf geringerer Fläche produzieren müssen. Sonst könnten die Auswirkungen des Klimawandels außer Kontrolle geraten.
Der jüngste Bericht der UN legt den Fokus nun darauf, wie und für was die Landflächen der Erde derzeit genutzt werden.
Demzufolge nutzt der Mensch 72 Prozent der Erdoberfläche, die nicht mit Eis bedeckt sind, für seine Zwecke – entweder für die Nahrungsmittelproduktion oder für den Abbau natürlicher Ressourcen. Der Großteil der bewirtschafteten Flächen wird allerdings für die Viehzucht und den Anbau von Futtermitteln verwendet. Und damit für zwei Bereiche, die entscheidend zur Verstärkung des Klimawandels beitragen.
Laut Bericht fällt bei der Landbewirtschaftung ein Viertel der Treibhausgasemissionen an, die die globale Erderwärmung Jahr für Jahr verstärken. Die Rinderzucht stößt das meiste Methangas aus – und damit das Treibhausgas, das klimaschädlicher als Kohlenstoffdioxid (CO2) wirkt.
Rodungen bilden einen weiteren klimaschädlichen Faktor. Da viele Wälder für die Viehzucht weichen müssen, wird mehr CO2 in der Atmosphäre frei. Allein im Amazonas-Regenwald sind Abholzungen im Laufe des vergangenen Jahres um 80 Prozent gestiegen. Die meisten Bäume werden auch hier für die Agrarindustrie abgeholzt.
Da der Klimawandel die Erde weiterhin aufheizt, Küsten überflutet und zerstört, extreme Dürren hervorruft und Vorhersagen immer schwieriger macht, steht die Nahrungsproduktion auf immer unsicherem Boden. Dabei sind es vor allem die derzeitigen Praktiken der Nahrungsindustrie selbst, die die Sicherung der globalen Ernährung gefährden.
Eine besonders alarmierende Entwicklung ist die weltweit voranschreitende Bodendegradierung. Diese wird vor allem durch den Einsatz von Chemikalien in der Landwirtschaft, durch Rodungen und weiterer umweltschädlicher Praktiken hervorgerufen. Entsprechend breitet sich die Versteppung, bei der einst fruchtbarer Boden zu Sand wird, weiterhin aus.
Um diese umweltschädlichen Prozesse einzudämmen wird die Menschheit zukünftig auf die Renaturierung setzen müssen, so die UN. Das bedeutet: Natürliche Flächen in ihren Zustand vor ihrer (Aus-)Nutzung durch den Menschen zu versetzen.
Eine andere wichtige Maßnahme beinhaltet die Veränderung von Ernährungsgewohnheiten weltweit. Länder mit einem hohen Fleischkonsum pro Kopf werden zukünftig öfter auf Fleisch und tierische Produkte verzichten müssen.
Aber auch die Verschwendung von Lebensmitteln muss reduziert werden. Aktuell wird etwa ein Drittel aller produzierter Lebensmittel weltweit weggeworfen. Wenn diese verschwendete Nahrung nicht fachgerecht kompostiert wird und einfach auf offenen Mülldeponien landet, werden hier weitere Treibhausgase in klimaschädlichen Größenordnungen frei.
Ein weiterer Ansatzpunkt, um den Klimawandel einzuschränken, ist laut Bericht der Austausch von Wissen und technologischem Fortschritt unter Ländern weltweit. Nur so kann sichergestellt werden, dass Ernteerträge ihr volles Potential entfalten können und lebenswichtige Ressourcen wie Wasser geschont werden.