Im August 2014 wurde Nadia Murad von Kämpfern des IS verschleppt, als ein Dorf im Nordirak, in dem sie damals lebte, überfallen wurde. Drei Monate lebte Murad in Gefangenschaft, wurde vergewaltigt und versklavt, bevor ihr die Flucht gelang. Heute ist die 25-Jährige Jesidin mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden.
Bereits vor zwei Jahren wurde sie für ihren Mut und Aktivismus geehrt: Am 16. September 2016 wurde Nadia Murad zur UN-Sonderbotschafterin für Opfer des Menschenhandels ernannt.
Generalsekretär Ban Ki-moon verlieh Murad damals ihren Titel und bezeichnete sie als „kämpferische und rastlose Verfechterin des jesidischen Volkes”.
Simone Monasebian, Direktorin der UN-Abteilung für Drogen- und Verbrechensbekämpfung zu der nun auch Murad zählt, berichtet, wie Ban Ki-moon damals „alles stehen und liegen” ließ, um Nadia Murad persönlich treffen zu können und sie zu ermutigen, auf dem Flüchtlingsgipfel in New York zu sprechen.
Nadia Murad, survivor of the Yazidi genocide, was just named UN Goodwill Ambassador pic.twitter.com/13HPT5VcbP
— Teymour (@Teymour_Ashkan) September 16, 2016
Begleitet von ihrer Anwältin Amal Clooney, folgte Murad der Einladung. Clooney stand Nadia Murad schon vor dem Internationalen Strafgerichtshof zur Seite, um darum zu kämpfen, den IS für den grausamen Völkermord am jesidischen Volk auf die Anklagebank zu bringen.
"Ich stehe heute hier, um die zu repräsentieren, die bereits von uns gegangen sind”, spricht Murad vor einer ganzen Reihe von Botschaftern, Würdenträgern und Anwälten. "Wir können ihnen nicht mehr helfen. Aber mit dem Gedanken an sie müssen wir weiterkämpfen.”
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Vor versammeltem Haus erzählte Nadia Murad ihre bewegende Geschichte. Wie alles begann im August 2014. Wie Soldaten des IS in ihrem Dorf im Dschabal Sindschar Gebirge im Irak plötzlich vor ihr und den anderen Dorfbewohnern standen und hunderte jesidische Männer töteten und die Frauen und Kinder kidnappten. Nadia Murads Brüder waren ebenfalls unter den Opfern. Sie selbst wurde vom IS nach Mosul im Irak verschleppt.
"Ich hatte wahnsinnige Angst", sagte Murad. "Als ich hoch schaute, sah ich einen großen Mann. Für mich sah er aus wie ein Monster. Ich weinte und schrie ‚Ich bin noch so jung’. Dann schlug er mich und trat auf mich ein."
"Ein paar Tage später hat er es dann getan. Ab diesem Tag hat er mich jeden Tag gedemütigt. Der IS kam, um das jesidische Volk zu töten, zu verschleppen und zu vergewaltigen. Das war ein Völkermord."
Nach drei qualvollen Monaten gelang Nadia Murad die Flucht. Seitdem versucht sie die internationale Gemeinschaft zum Eingreifen zu bewegen. Denn noch immer werden jesidische Frauen und Kinder vom IS gefangen gehalten. Gleichzeitig bittet Murad darum, weitere Beweise für den Völkermord am jesidischen Volk zu sammeln und diese einzusetzen, um den IS am Internationalen Strafgerichtshof anzuklagen.
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Kurz nach ihrer Ernennung zur UN-Sonderbotschafterin eröffnete Nadia Murat am 20. September 2016 den Flüchtlingsgipfel in New York. Noch einmal trat sie mit klaren Worten vor die Vereinten Nationen: "Ich flehe euch an, die Menschlichkeit nicht zu vergessen und den Frieden zu schützen. Menschen werden geköpft, Frauen versklavt und Kinder vergewaltigt. Was muss passieren, dass ihr etwas tut?“. Ihre Anwältin Amal Clooney fügte hinzu: "Wir sollten uns alle schämen. Wenn wir den IS nicht für seine grauenhaften Verbrechen strafrechtlich verfolgen, welche Gruppe sollen wir dann verfolgen?"
Noch immer ist Murad nicht am Ziel: Mehr als 3.000 entführte jesidische Frauen werden noch vermisst.
Dieser Artikel erschien erstmals im September 2016 und wurde am 5. Oktober 2018 überarbeitet.