"Wir alle sind heute Morgen fassungslos, aber wir sind nicht hilflos." – Außenministerin Annalena Baerbock

Ich bin heute morgen in der anderen Welt aufgewacht. Eine Welt, in der Frieden in Europa, meinem Kontinent, nicht mehr gegeben ist. In der Europäischen Union aufzuwachsen, bedeutete für mich immer Sicherheit. Sicherheit vor Konflikten und Kriegen. Das erste Mal, als dieses Grundvertrauen erschüttert wurde, war 2013. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew begannen die Euromaidan-Demonstrationen. Die damalige Regierung bemühte sich um die Unterdrückung der pro-europäischen Proteste. Es waren über 80 Todesopfer zu beklagen. 

Da ist mir zum ersten Mal bewusst geworden, dass Frieden nicht selbstverständlich ist und wie wackelig das Fundament ist, auf dem wir als Menschen und als Bürger*innen der EU stehen. 

Heute ist ein Krieg ausgebrochen, den ich nicht verstehen kann und will. Krieg ist NIE eine Option, denn er wird katastrophale Folgen haben: Tod, Leid, Hunger und Armut, Vertreibung und die Verletzung grundlegender Rechte hunderttausender Menschen. Menschen wie du und ich, die vor Kurzem noch ihrer Arbeit nachgegangen sind, es sich in ihrem Zuhause gemütlich gemacht haben und grummelig die neuen Maßnahmen zur COVID-19-Pandemie entgegengenommen haben. 

Das ist für 45 Millionen Menschen in der Ukraine nicht mehr der Fall. Einige Ukrainer*innen sind heute Morgen durch Explosionen geweckt worden, das russische Militär greift das Land von verschiedenen Seiten an. Eine Bekannte erzählt, dass ihre Familie alle Sachen zusammengepackt hat und aus ihrer Wohnung gezogen ist, um sich im Schutz bei einer befreundeten Familie einen Plan zu überlegen, wie sie auf dem sichersten Weg nach Polen kommen können.

Ich frage mich, wie es für die Menschen in der Ukraine in den letzten Wochen gewesen sein muss, als sie Zuhause saßen und überlegten: Ich muss mich vorbereiten für die Flucht. Was packe ich ein? Was lasse ich hier? Wie viel Geld soll ich bei mir tragen? Wen soll ich kontaktieren? Werde ich mein Zuhause wiedersehen?

Der Spiegel hat diese Gefühl der Hilflosigkeit für mich eindrücklich mit diesen Bildern auf seinem Instagram-Kanal aufgezeigt:

Europa ist in Schockstarre – und steht solidarisch hinter der Ukraine

Ich checke den Nachrichten-Ticker alle paar Minuten, doch realisieren kann ich es nach wie vor nicht. Genau jetzt ist es wichtig, dass wir als Europäer*innen zusammenkommen, unseren Nachbar*innen helfen und ein starkes Zeichen gegen diesen Krieg setzen. 

Und genau das erhoffe ich mir durch die Stellungnahmen, die von politischen Vertreter*innen der EU in diesen Stunden einprasseln: 

Die EU-Führung, einschließlich der EU-Präsidentin Ursula von der Leyen, sagte heute Morgen, dass "dies eine der dunkelsten Stunden Europas seit dem Zweiten Weltkrieg ist."

Bundeskanzler Olaf Scholz bezieht in seiner Rede klar Stellung, dass Putin mit seinem Angriff auf die Ukraine das Völkerrecht breche. 

Außenministerin Annalena Baerbock verurteilt den russischen Angriff auf die Ukraine stark und kündigt an, dass die EU, die Nato und die G7 miteinander koordinieren werden, um mit massiven Sanktionen gegen Russland vorzugehen. 

Ebenso hat Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron seine Solidarität zur Ukraine verdeutlicht. Er möchte verstärkt mit Verbündeten zusammenarbeiten, um diesen Krieg zu beenden:

Pedro Sáncez, Spaniens Premierminister, will ebenfalls eng mit Partnern aus der EU und der NATO zusammenarbeiten, um eine gemeinsame Reaktion zu koordinieren:

Und auch mit meiner Fassungslosigkeit bin ich nicht allein: Viele Europäer*innen haben ihre Solidarität in den sozialen Medien bekundet und sprechen über ihre eigenen Erfahrungen – als Ukrainer*innen im Land, im Ausland oder als Befreundete von Betroffenen:

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat Europa beschlossen, währenden Frieden zu erlangen. Die Ukraine ist ein wesentlicher Teil davon – ein freies und souveränes Land – und ein ganzer Kontinent ist schockiert, wütend, ängstlich und ungläubig, was hier gerade geschieht.

Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist nur etwa 1.200 Kilometer von Berlin entfernt. Viele von uns in der EU haben Freund*innen oder ehemalige Kolleg*innen in der Ukraine, die in diesem Moment über Möglichkeiten nachdenken, ihr Land zu verlassen. Deutschland, Polen und andere EU-Länder bereiten sich auf eine große Zahl von Flüchtenden vor. 

Überall in Europa signalisieren die Menschen ihre Unterstützung für die Ukraine, mit Demonstrationen in vielen Städten. In diesem Moment ist es unendlich wichtig, unsere Solidarität mit den Menschen in der Ukraine auf jede erdenkliche Weise zu bekunden – insbesondere als Global Citizens. 

Deswegen werde ich heute mit vielen anderen Europäer*innen vor dem Brandenburger Tor stehen und meine Stimme erheben – für Frieden, Solidarität und Gerechtigkeit. 

#StandWithUkraine.

Opinion

Gerechtigkeit fordern

Krieg in der Ukraine – zwischen Schockstarre & Solidarität

Ein Beitrag von Nora Holz