Ich erinnere mich noch gut an diesen einen Sommer. Meine Familie mietete ein Boot und wir schipperten entlang der Küste South Carolinas zum angeln. Ich muss so 11 oder 12 Jahre alt gewesen sein. Und die meiste Zeit lag ich zusammengerollt in einer Ecke und war seekrank.
Nicht schwer zu erraten, dass ich aus keiner seefesten Familie stamme. Um ehrlich zu sein, besagter Urlaub war das erste und letzte mal für mich auf offenem Wasser. Setidem bewundere ich Menschen, die ihr Leben ganz dem Meer widmen. Und die Wochen, Monate, sogar Jahre lang auf offenem Wasser sein können, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

Sind wir ehrlich, maritimes Leben ist anders als das Leben an Land. Denn während wir 'Landratten' uns mehr oder weniger an strikte Gesetze und Regularien halten, weil ein Verstoß dagegen ziemlich schnell geahndet werden kann, scheint das Leben auf dem Meer weniger kontrolliert und irgendwie weniger angreifbar zu sein. Was auf gar keinen fall mit Meeresromantik und Abenteuergeschichten verwechselt werden darf - denn die bitteren Realität ist alles andere als beneidenswert.

Unabhängig von der Herausforderung, ein so großes Gebiet wie das Meer gescheit kontrollieren zu können, fehlt es einigen Ländern zudem auch an dem Umsetzungswillen, Gesetze strikter durchzusetzen, was dazu führt, dass Kriminalität auf dem offenen Meer häufig ungestraft davon kommt.

Diese gelebte 'Gesetzlosigkeit' hat einen enorm starken Einfluss auf Armut. Denn die ganze Welt ist anhängig von funktionierenden Seewegen für den Transport allerlei Güter. Die Existenzgrundlage von Millionen von Menschen hängt davon ab, vor allem von denjenigen, die am ganz unteren Ende dieser Prozesskette stehen. Umso mehr wir also die Weltmeere wie Mülldeponien und Ödland behandeln und so tun, als gehe uns das alles nichts an, umso mehr geraten diese Menschen in Gefahr. Und letztendlich auch wir. Denn was auf dem Meer geschieht, wird über kurz oder lang auch uns 'Landratten' betreffen.

Hier sind 8 Dinge, die nahezu tagtäglich in internationalen Gewässern passieren, die den meisten von uns mit Sicherheit nicht bewusst sind: 

1) Müll in Massen abwerfen
Ich war ziemlich schockiert, als ich davon erfuhr. Es gibt Schiffe, die absichtlich Öl und Müll im Meer entsorgen, und zwar in unvorstellbaren Mengen, ohne dass sie je mit irgendwelchen Strafen rechnen müssen!! Besagte Mengen sind sogar bei weitem größer als die Mengen, von denen wir in den Medien erfahren, wenn irgendein internationales Unternehmen z.B. durch einen Unfall Öl verliert.Schätzungen zufolge sprechen wir hier von 70 bis zu 210 Millionen Gallonen Öl und Müll, der ungestraft im Meer landen! 

Diese massive Verschmutzung betrifft alles und jeden, der im und vom Meer lebt.

Und wer jetzt denkt, dass wir Landmenschen uns keiner Schuld bewusst sein müssen, der sollte sich diesen Artikel hier mal durchlesen. Wir alle müssen uns auch gehörig an die eigene Nase fassen. 

2) Luftverschmutzung
Jawohl, umso mehr wir hier auf dem Land versuchen der Luftverschmutzung Herr zu werden, umso mehr verschmutzt die Luft über den Weltmeeren.
Hochrechnungen ergaben, dass im Jahr 2020 Schiffe zu den größten Luft-Verschmutzern in Europa zählen werden. Und während Unternehmen an Land regelmäßig dazu angehalten werden, ihren CO2 Ausstoß zu verringern und mitunter Strafen zahlen, sehen sich Schiffe kaum mit solchen Vorwürfen und Ansprüche konfrontiert. 


3) Entführungen
Jawohl, Entführungen sind ein ernsthaftes Problem. Angefangen von Besatzungsmitgliedern, die entführt werden um Lösegeld zu erpressen, bis hin zu ganzen Schiffen, die eingenommen und irgendwo hin verschleppt werden, um sowohl die Fracht als auch das Schiff selbst in Einzelteilen zu verkaufen. Und die Erfolgschancen die Fracht oder so ein Schiff je wieder zu erlangen geht augenscheinlich gen Null. 

Image: Flickr: EU Commission DG Echo
The Rohingya are especially vulnerable as they search for asylum from religious persecution. 


4) Menschenunwürdige Arbeitsbedingungen
Das Leben auf einem Schiff kann hart sein, aber wenn man dann nicht mal entsprechend bezahlt wird, ist die Misere am größten. Leider kommen viele Schiffbesitzer und Reedereien damit davon, ihrer Crew so gut wie nichts an Gehalt zu bezahlen, da Arbeitsgesetze nur schwer greifen und/oder sich -einmal auf offenem Meer- nur schwer einfordern lassen.

5) Sklaverei
Und daraus resultierend ist die Sklaverei nicht weit entfernt - wenn die Menschen an Board schlichtweg nichts verdienen und unter miserablen Bedingungen arbeiten und leben. 


6) Mord
Mag vielleicht wie aus einem Abenteuer-Roman klingen, entspricht aber der Wahrheit. Fakt ist, kein Mensch weiß was da draußen schon alles Grauenhaftes passiert ist - und wir werden es auch nie erfahren. Genauso wenig wie die Täter jemals fürchten müssen, Rechenschaft abzulegen. 


7) Ausbeutung natürlicher Ressourcen Die weltweite Fischpopulation ist von einer systematischen Ausbeutung und Ausrottung bedroht. Sowohl gesetzeswidrige Fischerei als auch nicht nachhaltige Fangmethoden sind quasi in jedem Meer anzutreffen. Wir müssen davon ausgehen, dass in den kommenden Jahren mehr Fischarten aussterben werden, als wir uns vorstellen können. 


8) Schlichtweg alles vermeiden, was mit Zahlungen zu tun hat
Nicht nur, dass einige Schiffbesitzer Lohnzahlungen vermeiden, manche gehen soweit ihr Schiff gänzlich von Häfen und Co. fernzuhalten und nur an unkontrollierten Häfen Halt zu machen, um jeglichen Abgaben, Gebühren und Zahlungen zu vermeiden.  


Fazit: Wir sind von unseren Weltmeeren abhängig, sei es durch Handels- und Transportwege oder durch Fisch und Meerestiere als Nahrungsmittel. Mal ganz abgesehen von den empfindlichen, und für unsere gesamte Existenz, notwendigen Ökosysteme, die unsere Weltmeere bevölkern. Wir dürfen unsere Ozeane daher nicht wie Mülldeponien behandeln. Es liegt an jedem einzelnen von uns, mit dem Bewusstsein zu leben, dass wir nicht nur das Land, sondern auch die Meere schützen, mit Respekt behandeln und dafür sorgen, dass sie gesund und sauber bleiben. 

Editorial

Umwelt schützen

Gesetzloser Ozean? 8 Dinge, die nahezu ungestraft in internationalen Gewässern passieren

Ein Beitrag von Joe McCarthy