Schon seit Ende der 1960er Jahre feiert die weltweite LGBTQ-Gemeinschaft einmal im Jahr eine große Parade - den sogenannten Christopher Street Day (CSD).
Was als politische Demonstration begann, hat sich inzwischen zu einer Groß-Veranstaltung entwickelt. Generationen an homosexuellen, Trans-, und Queer-Menschen, aber auch Heterosexuelle, finden sich zusammen, um zu feiern, politische Statements an die Öffentlichkeit zu tragen, Zeit mit Freunden zu verbringen und einfach eine gute Zeit zu haben.
Der CSD ist dabei nicht nur auf eine Stadt beschränkt - in Deutschland finden den ganzen Sommer über CSDs in verschiedenen Städten statt - zum Beispiel am 20. Juli in Frankfurt, am 27. Juli in Berlin oder aber am 3. August in Hamburg.
Wir stellen einige der mutigen Aktivist*innen vor, die in der Vergangenheit für LGBTQ-Rechte gekämpft haben, dabei nicht selten ihre eigene Sicherheit in Gefahr brachten, und dennoch nie aufgegeben haben, für die Anerkennung der LGBTQ-Gemeinschaft zu kämpfen.
1. Marsha P. Johnson
So manch einer hat Marsha P. Johnson schon als "Rosa Parks der LGBT-Bewegung" bezeichnet. Dabei ist Johnson selbst schon lange eine gefeierte Ikone für sich.
Johnson war Aktivistin, Drag-Darstellerin, Sexarbeiterin - und Model für Andy Warhol. Johnson war schwarz, queer und trans. Und setzte sich furchtlos für ihre Rechte, sowie für die Rechte der LGBTQ-Gemeinde ein. In einer Zeit, in der man mit einer solch offenkundigen Unterstützung leicht seine eigene Sicherheit aufs Spiel setzten konnte.
"Solange in Amerika homosexuelle Menschen nicht die gleichen Rechte wie alle anderen haben, gibt es keinen Grund zum Feiern", soll sie einmal gesagt haben.
Johnson gilt als eine der Schlüsselfiguren in der Schwulenbewegung der 1960er Jahre in den USA: Die Legende sagt, dass Johnson den Ziegelstein warf, der die berüchtigten Stonewall-Unruhen entzündete - die wiederum Katalysator für die gesamte Bewegung waren und seitdem unzählige Pride- bzw. CSD-Märsche inspiriert hat.
Rund drei Jahrzehnte später, im Jahr 1992, wurde Johnsons Leiche im Hudson River gefunden. Ihr Tod wurde als Selbstmord gedeutet, doch Freunde und Bekannte aus ihrem Umfeld waren anderer Meinung. Die Dokumentation "The Death and Life of Marsha P. Johnson" (Netflix) porträtiert Johnsons Leben und geht auch auf die mysteriösen Umstände ihres Todes ein.
2. Sylvia Rivera
Stonewall veteran Sylvia Rivera leads the ACT-UP march past New York’s Union Square Park, June 26, 1994.
Stonewall veteran Sylvia Rivera leads the ACT-UP march past New York’s Union Square Park, June 26, 1994.
Sylvia Rivera war eine lateinamerikanische Trans-Aktivistin, die zusammen mit Marsha P. Johnson (siehe oben) die "Street Transvestit Action Revolutionaries" (kurz: STAR) Organisation gründete. STAR bot obdachlosen LGBTQ-Jugendlichen in New York City Unterkunft und allgemeine Unterstützung an.
Rivera, geboren und aufgewachsen in NYC, rutschte mit 10 Jahren in den Sexhandel ab, nachdem ihre Mutter sich das Leben genommen hatte. Rivera führte ein turbulentes Leben, kämpfte mit Drogensucht und Obdachlosigkeit. Doch sie war auch immer schon ein lautstarker und manchmal energischer Befürworter des sozialen Wandels.
Einmal wurde sie bei dem Versuch verhaftet, durch das Fenster des New York City Council zu klettern (in einem Kleid und Absatzschuhen), wo gerade über ein Gesetz für die Rechte von Schwulen- und Lesben diskutiert wurde, weiß der NBC zu berichten.
"In der Geschichte der Schwulenbewegung war Sylvia eine der ersten, die deutlich machte, dass unsere Bewegung auch diejenigen berücksichtigen muss, die nicht in den Mainstream passen", sagte Carrie Davis, Vorsitzende des New Yorker LGBT Community Centers gegenüber NBC News.
3. Harvey Milk
Harvey Milk poses in front of his camera shop in San Francisco on Nov. 9, 1977.
Harvey Milk poses in front of his camera shop in San Francisco on Nov. 9, 1977.
Harvey Milk, hervorragend porträtiert in dem Oscar-prämierten Film "Milk", war der erste öffentlich schwule Politiker in Kalifornien, der in ein Amt gewählt wurde. Während seiner - wenn auch kurzen - Amtszeit, setzte er sich dafür ein, dass Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung in Bezug auf Jobs, Wohnungen und öffentliche Unterbringungen verboten wurde. Das Gesetz wurde damals mit nur einer Gegenstimme verabschiedet. Die Gegenstimme stammte von Dan White, einem Stadtverwalter, der wenig später, im Jahr 1978, Milk durch gezielte Schüsse tötete.
Im Jahr 2009 ernannte Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger den 22. Mai, Milks Geburtstag, zum Tag der Anerkennung für den verstorbenen Politiker und Aktivisten.
4. Edith Windsor
Plaintiff Edith Windsor of New York, reacts as she looks toward supporters in front of the Supreme Court in Washington, DC after the court heard arguments on the Defense Against Marriage Act (DOMA) on March 27, 2013.
Plaintiff Edith Windsor of New York, reacts as she looks toward supporters in front of the Supreme Court in Washington, DC after the court heard arguments on the Defense Against Marriage Act (DOMA) on March 27, 2013.
Im Jahr 2015 entschied der Oberste Gerichtshof in den USA, dass gleichgeschlechtliche Ehen landesweit legal sind - eine wegweisende Entscheidung, die ohne Edith Windsor nicht möglich gewesen wäre.
Nach einer 40 Jahre andauernden Verlobung heiratete Windsor im Jahr 2007 ihre Lebensgefährtin Thea Spyer in Kanada. Zwei Jahre später verstarb Spyer und hinterließ ihren gesamten Besitz ihrer Frau. Da zu dem Zeitpunkt die gleichgeschlechtliche Ehe in den USA nicht anerkannt war, wurde Windsor aufgefordert, Steuern auf Spyers Nachlass zu zahlen, die weit über das hinausgingen, was ein*e heterosexuelle*r Ehepartner*in auf den Nachlass des verstorbenen Partners hätte zahlen müssen.
Windsor zog vor Gericht und im Jahr 2013 entschied der Oberste Gerichtshof zu ihren Gunsten. Zwei Jahre später bezog das Gericht sich in einem anderen Fall erneut auf diese Entscheidung, die letztendlich zur endgültigen Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe in den Vereinigten Staaten von Amerika führte.
5. Alice Nkom
Alice Nkom ist Menschenrechtsanwältin und LGBTQ-Aktivistin aus Kamerun, wo Homosexualität immer noch als Straftat zählt. Polizisten entlarven Mitglieder der LGBTQ-Gemeinschaft per SMS-Nachrichten oder schlagen diejenigen zusammen, die sie für homosexuell halten. In diesem Land kämpft Nkom, die sich selbst als heterosexuell identifiziert, mutig für die Rechte der LGBTQ-Gemeinschaft.
Im Jahr 2003 gründete sie einen Verein zum Schutz homosexueller Menschen - und auch wenn sie und ihre Kollegen regelmäßig für ihre Arbeit bedroht werden, kämpfen sie unbeirrt weiter: "Diese Drohungen sind in der Tat ein Beweis dafür, dass unser Kampf fortgesetzt werden muss", sagte Nkom gegenüber Amnesty International.
6. Laverne Cox
Actress Laverne Cox speaks on stage at the 2015 Global Citizen Festival in Central Park on Sept. 26, 2015 in New York City.
Actress Laverne Cox speaks on stage at the 2015 Global Citizen Festival in Central Park on Sept. 26, 2015 in New York City.
Laverne Cox, bekannt für ihre Rolle als Sophia Burset in der Netflix Serie "Orange is the new Black", ist nicht nur eine schwarze Transfrau, sondern die erste Trans-Person, die für einen Emmy nominiert wurde. Zudem ist sie stolze Fürsprecherin für LGBTQ-Rechte und setzt sich vor allem für den Zugang zu einer Gesundheitsversorgung für die LGBTQ-Gemeinschaften ein. "In den letzten Jahren ist in mir die Hoffnung gewachsen, dass sich die unglaubliche Liebe, die ich von der Öffentlichkeit erhalten haben, auf das Leben aller Trans-Menschen übertragen wird", sagte Cox 2015 in einem Tumblr Post.
7. Alexya Salvador
Alexya Salvador ist eine Wegbereiterin. Sie lebt als Transfrau in Brasilien, wo die Gewalt gegen die LGBTQ-Gemeinde inzwischen einen traurigen Höhepunkt erreicht hat. Mehr als 380 homosexuelle Menschen wurden allein im Jahr 2017 in Brasilien ermordet. 58 weitere nahmen sich selbst das Leben, berichtet der Guardian.
Salvador ist von Beruf Pastorin. Sie selbst bezeichnet sich als "der erste Transgender-Hirte Lateinamerikas" und veranstaltete letztes Jahr zusammen mit weiteren Trans-Pastoren aus der ganzen Welt eine bahnbrechende LGBTQ-Messe in Kuba.
Und damit nicht genug: Salvador ist Mutter von zwei Kindern. Sie hat eine Trans-Tochter, und ist die erste Trans-Person, die ein Kind in Brasilien adoptiert hat, berichtet das Newsoutlet Al Día.
8. Arsham Parsi
The founder of @IRQRLGBT visits Turkey every three months to make sure all the refugees gets the help they need 🇹🇷
— One in an ARMY Charity Project🎁 (@OneInAnARMY) 20. Mai 2019
Here is @arshamparsi inspiring speech when accepting an award, telling us why helping is worth it 💜
More info on how to help in the quoted thread 👇 https://t.co/gjplnesIqZpic.twitter.com/59SK3orAWc
Arsham Parsis Arbeit begann im Geheimen, indem er Mitglieder der LGBTQ-Gemeinde in seinem Heimatland Iran unterstützte. Selbst homosexuell, sah er sich im Jahr 2005 jedoch gezwungen, sein Heimatland zu verlassen. Im Iran zählt Homosexualität als strafbar.
Heute lebt Parsi im Exil in Kanada, wo er die Organisation "Iranian Railroad for Queer Refugees" gegründet hat, die LGBTQ-Asylsuchende aus dem Nahen Osten unterstützt und auf ihrem Weg nach Kanada begleitet.
9. Michael Sam
Dallas Cowboys practice squad player defensive end Michael Sam speaks to reporters after team practice at the team's headquarters in Irving, Texas on Sept. 3, 2014.
Dallas Cowboys practice squad player defensive end Michael Sam speaks to reporters after team practice at the team's headquarters in Irving, Texas on Sept. 3, 2014.
Michael Sam war der erste öffentlich schwule Football-Spieler, der 2014 Teil der NFL wurde. Und während seine erstmalige Aufstellung eine historische Premiere war, war Sams Zeit in der NFL eher entmutigend. Er wurde von Team zu Team weitergereicht und fand sich letztendlich ohne Team wieder. Ungefähr ein Jahr nach seiner ersten Aufstellung zog Sam sich dann aus der NFL aus persönlichen Gründen zurück.
Sams Kampf als schwuler Profi in der NFL rückte das Thema Diskriminierung und Homophobie, beides immer noch weit verbreitet in der Sportwelt, in den Fokus der Öffentlichkeit. Und nach seinem offiziellen Rücktritt setzt Sam sich weiterhin für ein Umdenken und mehr Akzeptanz ein.