Wenn das Wort Syrien fällt, erscheinen in den meisten Köpfen sofort Bilder von Krieg, fliehenden Menschen und Krisen.

Doch in Rojava, der nordöstlichen Region des Landes, gibt es eine Gemeinschaft, die dieses Bild verändern will. An der Spitze der Bewegung: Frauen!

Im Sommer 2015 reiste ein Journalist in die Region Rojava im Nordosten Syriens und fand sich in einer Gesellschaft wieder, in der „Frauen und Männer die gleiche Stimme haben", sagt Carne Ross, freier Journalist und Videograf.

Ross drehte damals eine BBC Dokumentation über Anarchismus. Er sei sehr überrascht gewesen, die neue Gesellschaft zu entdecken, die sich in Rojava gebildet hat, schrieb Ross in einem Artikel in der englischen Ausgabe des Magazins „Vice”.

In Rojava lebten Menschen, die sich um die Gleichstellung der Geschlechter, den Umweltschutz und die Flüchtlingsumsiedlung kümmern. Sie kämpfen gegen den Islamischen Staat und wollen sich ihre eigene, einzigartige Regierungsform einrichten, so beschreibt es Ross.

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Image: Flickr/Kurdishstruggle

Die Region Rojava ist ein kurdisches Siedlungsgebiet. De facto wird Rojava als autonome Föderation anerkannt und beherbergt fast fünf Millionen Menschen, von denen etwa die Hälfte von anderen Regionen Syriens vertrieben wurde. Die Region hat Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak aufgenommen.

Rojava sei der Ort, an dem es die „vielleicht entschiedenste, feministische Revolution gibt, die die Welt – zumindest in der jüngsten Geschichte – erlebt hat“, sagt Ross.

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In Rojava sind Kinderehen und Ehrenmorde illegal. Es gibt militärische Einheiten, die nur aus Frauen bestehen, genannt Frauenschutz-Einheiten oder YPJ, die gegen den IS kämpfen.

Rund vier Stunden entfernt von Rojavas Hauptstadt Qamischli liegt Rakka - die Hauptstadt des sogenannten Islamischen Staats. Hier werden Frauen versklavt und das Scharia-Gesetz durchgesetzt.

Rojava’s Gesellschaft organisiere sich durch dezentrale Strukturen, schreibt die amerikanische Zeitschrift The Atlantic. Es gibt Dorfversammlungen und Gemeinden sowie Legislativräte und Kommissionen, in denen „die Balance von Ethnien und Geschlechtern durchgesetzt wird“.

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Dennoch ist Rojavas Experiment von direkter Demokratie in den vergangenen Jahren ins Wanken geraten: Im Jahr 2015 behauptete eine Amnesty International „Fact-Finding-Mission“, dass Rojavas Einheit zum Völkerschutz „eine Welle der Zwangsverlagerung und Hauszerstörungen" entfesselte und Anwohner beschuldigte, IS-Kämpfer bei sich unterzubringen.

Diese Vorwürfe folgten auf einen früheren Report von Human Rights Watch, in dem der Regierung die Verwendung von Kindersoldaten sowie willkürliche Verhaftungen und unfaire Prozesse vorgeworfen wurden.

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Doch während Syrien seit mehr als einem halben Jahrzehnt in Schutt und Asche gelegt wird, entwickelt sich Rojava ständig weiter.

Während der Krieg in Syrien weitergeht, hat Rojava eine neue Demographie von Kämpfern inspiriert, um gegen den IS vorzugehen: die LGBT-Gemeinschaft, wie Newsweek berichtet. Sie nennen sich „Queer Insurrection and Liberation Army“ und es ist die erste Armee dieser Art. Auf Twitter rufen sie dazu auf, „die Geschlechterungleichheit zu zerschlagen und die Frauen-Revolution“ voranzutreiben. Sie lobten außerdem die "Revolution in Rojava“, wo sie sehen, wie „Frauen in rasantem Tempo auf revolutionäre Fortschritte drängen“.

Von ihrer Basis in Rojava haben die kämpferischen Frauen einen kühnen Slogan für ihre Schlacht gewählt: „Frau, Leben, Freiheit“.

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Ein Beitrag von Phineas Rueckert