Die 23-jährige Mitzy Violeta Cortés Guzmán ist Teil eines Netzwerks, das sich für den Umweltschutz einsetzt. Das Ziel: Das Narrativ um die Klimakrise zu verändern und um die Perspektive der indigenen Völker zu ergänzen.
Mitzy ist die Gewinnerin des Citizen Award Mexico. Sie gehört den Mixteken an, stammt aus San Sebastián Tecomaxtlahuaca in Oaxaca und wuchs umgeben von Natur auf. Flüsse, Lagunen und Berge sind von großer Bedeutung für ihre Gemeinde. So lernte sie bereits früh in ihrem Leben, wie wichtig es ist, das Land, auf dem sie lebt, zu schützen.
Mitzy Cortés kommt aus einer Gemeinschaft ohne Hierarchien und mit tiefem Respekt für die Natur. Als sie auf die Universität ging, erkannte sie, dass die Weisheit der indigenen Völker in den formalen akademischen Räumen nur selten als Teil der Lösung für die Klimakrise berücksichtigt wird.
Also erhob sie ihre Stimme – um Widerstand zu leisten und auch um zu beweisen, dass das weitergegebene Wissen ihres Volkes nicht nur von Bedeutung ist, sondern auch eine entscheidende "lebendige Lösung" zum Schutz der Erde darstellt.
Mitzys Aktivismus entstand, als sie Ungleichheiten, Unterdrückung und Gewalt gegen indigene Gemeinschaften miterleben musste, insbesondere gegen Frauen, deren Sprache und Land.
Nachdem sie verschiedene Jugendtreffpunkte erkundet hatte, fand sie ein Zuhause bei den Red Futuros Indígenas, einem Netzwerk des Widerstands. Durch Workshops, Treffen und Kommunikationskampagnen sollen das Wissen, die Sprache und die Praktiken von Vorfahren weitergegeben werden. Auch den Schutz von Wasser und Land, den Widerstand gegen die Ausbeutung von Bodenschätzen und die Weitergabe von Rezepten hat das Netzwerk zum Ziel.
"Wir schlagen nicht vor, in die Vergangenheit zurückzukehren", heißt es im Manifest der Organisation. "Wir romantisieren das Prekariat nicht. Wir leugnen nicht die Existenz von irgendjemandem. Wir entschuldigen uns nicht. Wir rufen dazu auf, Verantwortung zu übernehmen, um diese Vernichtungsmaschine zu stoppen. Wir wissen, dass die Klimakrise eine Folge des Systems struktureller Ungleichheit ist, das die Welt heute beherrscht.“
Ihre Schlussfolgerung: "Es gibt genug Wasser, Nahrung und Land für alle Menschen und Lebewesen, um in diesem Gebiet namens Mexiko, in diesem gemeinsamen Haus namens Erde, in Würde zu leben. Wir können die Lebenssysteme, von denen unsere Zukunft abhängt, regenerieren. Aber der Wandel muss an der Wurzel ansetzen. Denn nach jeder Krise wollen wir nicht zur Normalität zurückkehren, wir wollen zur Erde zurückkehren. In Zeiten der Klimakrise ist die Zukunft ein zu verteidigendes Territorium."
Mitzy möchte dafür sorgen, dass sich mehr Menschen für den Schutz der Erde engagieren und dass sich der Kampf gegen die Klimakrise auf die Beendigung ihrer strukturellen Ursachen konzentriert, und zwar aus einer intersektionellen Perspektive.
Als Gewinnerin des Global Citizen Prize erhält Mitzy ein einjähriges Unterstützungsprogramm von Global Citizen sowie eine Spende an Red Futuros Indígenas. Wir haben mit ihr über ihren Aktivismus gesprochen, die vielen Hindernisse, mit denen Klimaaktivist*innen in Lateinamerika konfrontiert sind, und darüber, was sie zu erreichen hofft.
Global Citizen: Wie ist die Idee des Red Futuros Indígenas entstanden?
Mitzy Cortés: Wir sind ein Netzwerk aus mehr als 20 Kollektiven, denen verschiedene indigene Völker Mexikos angehören. Unsere Kollektive konzentrieren sich auf die Verteidigung von Land in einem ganzheitlichen Sinne. Die Aktionen reichen von der Wiederherstellung der Sprache, des Wissens, der traditionellen Medizin, der Kommunikation der Gemeinschaften bis hin zu Widerstandsprozessen gegen Megaprojekte, Bergbau, Energieprojekte und Monokultur.
Wir halten es für notwendig, uns gegen das Narrativ des Widerstands zu äußern und klarzumachen, dass die Verteidigung von Land eine zeitgemäße Alternative zur Klimakrise ist, die heute den gesamten Planeten betrifft.
In Zeiten von Ökozid und Völkermord argumentieren wir, dass die Zukunft ein Territorium ist, das es zu verteidigen gilt und in dem das Narrativ geändert werden muss – eines, das die Gewalt gegen indigene Völker, weibliche Körper und die Natur anprangert, aber auch Hoffnung sät, dass eine bessere Welt möglich ist.
Wie lange arbeitest du schon mit der Organisation zusammen und was ist eure gemeinsame Vision?
Wir arbeiten seit etwas mehr als einem Jahr zusammen und haben Kommunikationskampagnen in fünf Bereichen durchgeführt: Energie, Städte, Verteidigung von Land, Wasser und Nahrung. Dies geschieht zusätzlich zu gemeinsamen Aktionen mit Jugendlichen, die für Klimagerechtigkeit kämpfen, wie Fridays For Future MAPA, Legaia und anderen indigenen Völkern im Widerstand.
Unsere Absicht ist es, das Narrativ der Klimakrise zu zerschlagen und zu zeigen, dass sie ein Symptom einer größeren Krankheit ist, dass wir Menschen gegen diese Krankheit kämpfen können, indem wir unsere Sprachen bewahren, Kollektive bilden und das Land gegen Extraktivismus verteidigen.
Kannst du uns einige Beispiele für Momente oder Projekte nennen, die du mit einem positiven Ergebnis vorangebracht hast?
Unter den Jugendlichen und Mitgliedern des Netzwerks haben wir die Initiative Defensoras de la Tierra gegründet, um an der Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP26 in Glasgow) teilzunehmen. Wir wollten die Geschehnisse in unserem Gebiet anprangern und uns mit anderen Aktivist*innen vernetzen, die einen tiefgreifenden Wandel anstreben, bei dem Geld nicht mehr über das Leben gestellt wird. Wir waren zehn Aktivist*innen und andere Jugendkollektive, die die Initiative gemeinsam entwickelten und umsetzten.
Was ist das Hauptziel von Red Futuros Indígenas?
Wir glauben, dass die Heilung der Erde die Verteidigung des Lebens und Landes bedeutet. Angesichts dieser Notlage halten wir es für unabdingbar, die Krise in unseren Sprachen und kosmischen Weltanschauungen zu beschreiben, mit unseren Gemeinschaften in Dialog zu treten, aber auch die Verantwortung sichtbar zu machen, die wir alle haben, um die Zukunft zu verändern. Auch müssen wir diejenigen benennen, die für die Krise verantwortlich sind.
An welchen Projekten arbeitest du derzeit?
Im Moment arbeiten wir intern daran, einige Kommunikations- und Sicherheitsmaßnahmen für die Mitglieder des Netzwerks zu verbessern, zusätzlich zur Anpassung einiger Prozesse, zum Beispiel im Kampf gegen Bergbauunternehmen und Megaprojekte. Ich gehöre jetzt auch der Behörde für kommunales Eigentum in meiner Gemeinde an, die sich um Gemeingüter wie Wasser oder den Wald kümmert.
In Bezug auf Aktivismus ist Lateinamerika eine gefährliche Region. Bist du auf riskante Herausforderungen oder Situationen gestoßen? Und wie hast du es geschafft, deine Arbeit trotzdem fortzusetzen?
Wir betrachten uns als Beschützer*innen des Landes, die an der Seite verschiedener Organisationen oder Gemeinden kämpfen. Die meisten von uns befinden sich in ihren Gemeinden und überwinden gemeinsam mit Organisation verschiedene Probleme. Doch mit dem Aufkommen von Bergbauprojekten in unseren Städten nehmen Gewalt, Spaltung und die Verletzung der Menschenrechte in den Gemeinden zu. Angesichts dessen kämpfen wir gegen den Staat, die Unternehmen und das organisierte Verbrechen in Gemeinden, die von den Medien kaum beachtet werden. Aktivist*innen können ermordet oder eingeschüchtert werden, ohne dass es Gerechtigkeit oder Schutz gibt.
Es gibt mehrere Fälle von Frauen, die eingeschüchtert wurden und ihre Häuser verlassen mussten, weil sie Bergbauprojekte anprangerten und für die Einhaltung von Gemeindeentscheidungen kämpften. Aber wir haben gelernt, dass wir auch unsere eigenen Kommunikationsnetze und regionalen Verbindungen aufbauen können, um unmittelbarer reagieren zu können und ein größeres Echo zu erzielen. Wir tun uns unter den Organisationen zusammen, prangern die Projekte an und lassen sie wissen, dass sie nicht allein sind.
Welche Herausforderungen stehen dir auf deinem Weg noch bevor und was brauchst du, um dennoch erfolgreich zu sein?
In den letzten Jahren hat die Gewalt gegen indigene Völker in Mexiko zugenommen. Unsere Territorien und unser Wissen wurden sich angeeignet, es wurde versucht, unserer Organisation ein Ende zu setzen, diese Art von Widerstand zu stoppen.
Die Kolonialisierung unserer Völker hält bis heute an, obwohl wir es sind, die 80 Prozent der biologischen Vielfalt der Umwelt bewahren. Wir müssen unsere eigenen Narrative zu Gehör bringen, über die Folgen von Gewalt und Enteignung in unseren Gebieten sprechen. So kann unsere Freiheit respektiert werden, damit wir über unsere Gebiete selbst entscheiden und Ausplünderung beenden können.
Unsere Lösungen müssen als zeitgemäße Alternativen für die Klimakrise anerkannt werden. Die Welt muss verstehen, dass es andere Wege geben kann, andere Formen der Beziehung zur Natur. Es gibt immer noch Möglichkeiten der Koexistenz mit Menschen, Möglichkeiten auf ein System, das nicht einige Menschen über andere stellt.