Der Unternehmer Jack Sim hat seiner erfolgreichen Karriere in Singapur den Rücken gekehrt und 2001 die World Toilet Organization (WTO) gegründet. Seine Motivation: Die Toiletten- und Sanitärversorgung weltweit zu verbessern – und zwar auf unkonventionelle Weise.
WTO möchte Menschen mit Wissensvermittlung, Trainingsprogrammen und wirtschaftlichen Perspektiven stärken, doch oft ist es schwierig, sie dazu zu bringen, über die natürlichste Sache der Welt zu sprechen.
Dieses Schweigen möchte Sim brechen – und zwar mit einem Augenzwinkern. Deshalb kann es jederzeit passieren, dass Sim in ein Kostüm des grinsenden “Kackhaufen-Emoji“ schlüpft oder mal eben ein Selfie vom Klo aus postet. Sein Ziel: Über die Sanitärkrise aufzuklären und Menschen anzuregen, gemeinsam aktiv zu werden.
Sims Arbeit hat aber auch eine seriöse Seite. Noch im Gründungsjahr veranstaltete seine Organisation den ersten World Toilet Summit. Hier kamen Expert*innen, Regierungen und Vertreter*innen der Vereinten Nationen (UN) zusammen, um sich für Wasser, sanitäre Einrichtungen und Hygiene (WASH) weltweit einzusetzen. Seitdem hat sich ihr Treffen zu einem festen Tag etabliert – dem jährlich am 19. November abgehaltenen World Toilet Day der UN.
Global Citizen hat Sim getroffen und wirft mit ihm einen genaueren Blick in die Kloschüssel – und auf die Menschen, die noch keine haben.
Welchen Hürden begegnest du bei deiner Arbeit, Menschen für WASH-Themen zu begeistern?
Diese Themen werden von vielen als “braun“ angesehen, sie sind peinlich, unaussprechlich – was dazu führt, dass viele Menschen sie ablehnen und es lieber “die Wasser-Agenda“ nennen, was bedeutet, dass sie nicht über Toiletten sprechen. 2001 habe ich erlebt, wie das Thema drastisch vernachlässigt wurde. Immerhin hat das Thema Wasser seitdem an Fahrt aufgenommen.
Es wird als “braunes“ Problem bezeichnet, weil es schlicht und ergreifend braun ist. Gründer*innen [und] Spender*innen lieben “grüne“ und “blaue“ Themen – Wasser, Wald, Tiere, dann Kinder, Frauen und Klimawandel. Diese können in wunderschönen Bildern dargestellt werden, dagegen sind Toiletten, Sanitäranlagen, Kacke, Abwasserbeseitigung unangenehm.
Wir fanden heraus, dass Regierungen diese Vernachlässigung und den Fakt, dass es keine Finanzierung [für Toiletten] gibt, sehr wohl bewusst war. Forscher*innen und Wortführer*innen sprachen ja nur über Wasser, und auch wenn sie sagen, dass sie damit Wasser und Sanitärversorgung meinen – wer soll da die Verbindung herstellen, wenn sie es nicht konkret aussprechen?
Warum hast du dich dazu entschieden, Menschen mit Humor über WASH-Themen aufzuklären?
Wir konkurrieren mit Kim Kardashian und Fußball. Und wenn du ganz unten stehst, hilft Humor enorm. Das war unsere Tür, um sanitäre Versorgung sichtbar zu machen und [das Thema] zu rechtfertigen.
Mit unserer einzigartigen Mischung aus ernsten Fakten und Humor wurden die Medien unser großer Partner. Mittlerweile feiert jedes Land jährlich den World Toilet Day mit offiziellen Ansprachen und Aktionen. Ich denke, dass es sich zu einem normalen Thema etablieren könnte und darüber bin ich sehr glücklich.
Stars wie Matt Damon tragen dazu bei und auch Bill Gates investiert über 200 Millionen US-Dollar in Sanitärentwicklung und erfindet die Toilette neu. Sogar auf Netflix konnte man sehen, wie Bill Gates über Sanitärversorgung spricht.
Wenn wir es schaffen, mithilfe der Medien wirklich wirkungsvolle Geschichten zu erzählen, kann uns der Wandel gelingen und wir können auch alle anderen Akteure gewinnen – denn die Sichtbarkeit des Themas wird ihnen die Ernsthaftigkeit der Probleme vor Augen führt, die vor allem entstanden sind, weil keiner über sie spricht.
Was wir nicht aussprechen, können wir auch nicht verändern.
Was denkst du, sollten Menschen über die Relevanz von Wasser und Sanitärversorgung wissen?
Wasser steht für Hygiene, Würde und Gesundheit. Beide zusammen [Wasser und Sanitäranlagen] sind Teil eines Ganzens, denn nur mit diesen beiden Dingen ist es uns möglich, uns weiterzuentwickeln, gesund und produktiv zu sein, Geld zu verdienen, Fähigkeiten auszubilden und eine bessere Zukunft aufzubauen. Aber wenn du kein Wasser und keine Hygieneeinrichtungen hast, wird es dir erschwert, auf der Leiter der Lebensqualität hochzuklettern, denn dann wird dein Kind krank und du gerätst in den Armutskreislauf.
Dieses Interview wurde redigiert und für mehr Klarheit gekürzt.