Die Regierung in Nepal setzt alles daran, Frauen und Mädchen im reproduktiven Alter besser zu schützen. Der sogenannte Chhaupadi-Brauch, eine langjährige Tradition in Nepal, die Frauen und Mädchen während ihrer Menstruation in spezielle Menstruationshütten verbannt, ist nicht nur diskriminierend, sondern zudem auch gefährlich. Nun will die Regierung neue Maßnahmen ergreifen, um diese Tradition zu stoppen, berichtete die britische Tageszeitung The Guardian.
Obwohl der Brauch bereits seit 2005 offiziell verboten ist und seit 2017 mit drei Monaten Gefängnis und einer Geldstrafe von 3.000 Rupien (etwa 37 Euro) geahndet wird, leben viele Familien diese Tradition noch immer aus. Sie treibt die Angst, dass menstruierende Frauen und Mädchen “unrein” seien und ihren Familien “Unglück” bringen würden.
Anfang des Jahres erstickten die 35-jährige Amba Bohara und ihre beiden Söhne in einer Menstruationshütte in Bajura, einer Provinz im Westen Nepals, als sie versuchten, die Hütte mit einem Feuer zu wärmen.
"Seit einem Jahr versuchen wir, die Menschen vor dem Chhaupadi-Brauch zu warnen", erzählte Janak Bhandari, Vorsitzende des Achham-Distrikts, dem Guardian in Bezug auf die 2017 eingeführten Geldstrafen.
Nun stellt die Regierung betroffene Familien vor die Wahl: Wer weiterhin an der gefährlichen Tradition festhält, soll keine staatliche Unterstützung erhalten können.
Dilu Bhandari, eine 26-jährige Nepalesin und Mutter von vier Kindern, schilderte dem Guardian, dass sie anfangs empört war, als sie von den Neuigkeiten erfuhr. Mittlerweile sei sie aber erleichtert, dass sie während ihrer Periode in ihrem Haus bleiben kann und dort in Sicherheit ist.
Seit der Gesetzesverschärfung schlafen 20 Prozent weniger Frauen während ihrer Periode in sogenannten Menstruationshütten, berichtete Bhandari.
Menschenrechtsaktivisten kritisieren, dass die Fortschritte langsamer verlaufen, als es die Behörden vorgeben. Pasupati Kunwar, Leiterin der Frauenrechtsgruppe Sama Bikash Nepal, erklärte dem Guardian, dass der Brauch in den letzten zehn Jahren nur um 35 Prozent zurückgegangen sei. Als sie sich vor zehn Jahren zum ersten Mal gegen den Brauch einsetzte, wurde er von 95 Prozent der Bevölkerung praktiziert, heute praktizieren ihn rund 60 Prozent.
Last week, Parbati Bhuda died in Nepal while in a Chhaupadi hut, a practice meant to keep girls away from the community while on her period. She is one of more than a dozen girls who've lost their lives going through this menstrual exile.
— She's the First (@shesthefirst) June 18, 2018
Gemeinden im ganzen Land versuchen Lösungen zu finden, um Frauen während ihrer Periode zu unterstützen. In Ramaroshan zum Beispiel, einer ländlichen Gemeinde im Achham, wurde inmitten des Dorfes ein Tempel für Gebete errichtet, damit Frauen und Mädchen während ihrer Menstruation einen sicheren Ort haben, an dem sie sich aufhalten können. Maßnahmen wie diese bieten Sicherheit, tragen jedoch nicht zur Entstigmatisierung der Menstruation bei. Sie halten vielmehr die kulturellen Normen aufrecht, die Frauen von der Teilnahme am Gemeinschaftsleben abhalten.
Laut Weltbank brechen 10 bis 20 Prozent der Mädchen weltweit während ihrer Periode die Schule ab, weil ihnen der Zugang zu Menstruationshygiene und Artikel fehlt. Auch in Dadeldhura gehen viele Mädchen während der Menstruation nicht in die Schule.
"Dieser gefährliche Brauch muss bald ein Ende haben – und wir arbeiten daran", sagte Kaushila Bhatta, Vorsitzende des Dadeldhura-Distrikts, gegenüber dem Guardian.