Ein Nationalpark in Neuseeland hat den Status einer 'juristischen Person' bekommen. Das heißt, der Park hat vor dem Gesetz jetzt eine anerkannte 'Selbstständigkeit' ähnlich wie ein Mensch und wird dementsprechen auch so behandelt. Dieser weltweite Präzedenzfall ist den einheimischen Maoris in Neuseeland zu verdanken.
Der über 2000qm große Te Urewera Nationalpark stand seit 1954 unter der Aufsicht der Regierung, bis im Jahr 2014 damit begonnen wurde, den staatlichen Besitz an dem Park aufzuheben, bis das Gebiet jetzt offiziell 'selbstständig' wurde - mit „allen Rechten, Verantwortungen und Verpflichtungen wie eine rechtlich legale Person auch".
Und ähnliches soll dieses Jahr auch mit dem 'Whanganui' Fluss, dem drittgrößte Fluss in Neuseeland, geschehen. Mit der neuen 'Selbstständigkeit' des Flusses könnte dann niemand mehr einfach so Dämme bauen oder andere Arbeiten an dem Fluss durchführen.
Vertreten werden 'Herr Nationalpark' und 'Frau Fluss' von einem gewählten Gremium, dass die Interessen der beiden 'juristischen Personen' bei Bedarf vor Gericht repräsentiert. Das Gremium darf ausschließlich die Interessen des Parks und des Flusses vertreten und niemanden von staatlicher Seite in seinen Reihen haben.
Es mag unsereins vielleicht komisch vorkommen, dass Bäume, Flüsse und Felder ihre eigenen Rechte haben, aber für die Maoris ergibt das alles wunderbaren Sinn.
Denn während die westliche bzw. europäische Kultur traditionell die Natur als 'Besitz' des Menschen betrachtet (und dementsprechend Ressourcen schamlos ausbeutet - mit Besitz kann man ja machen, was man will) betrachten die Maori - wie viele andere indigenen Völker auch - die Welt mit anderen Augen.
Die Maori sehen Menschen, Pflanzen, Tiere und die Natur als untereinander gleichwertig an, mit dem jeweils gleichen Recht auf Schutz und Leben.
Wenn man es also mal aus dieser Perspektive betrachtet, ergibt es durchaus Sinn, dass man einem Fluss und einem Park die gleichen Rechte zuspricht wie einem Menschen. „Diese Entscheidung ist eine echte Alternative zu der menschlichen Annahme, der Natur grundlegend überlegen zu sein und diese schlichtweg besitzen zu können", sagte Pita Sharples, damaliger Minister für Angelegenheiten der Maoris, gegenüber der New York Times.
Und die Idee ist gar nicht mal abwegig.
So kann auch in Deutschland laut Gesetz ein 'Nicht-Mensch', also zum Beispiel ein Verein, als 'juristische Person' eingestuft werden und damit Rechte und Pflichten bekommen, wie sie auch für 'echte' Menschen gelten. Und ähnlich wie in Neuseeland muss es dann auch hier einen Vertreter (aka echten Menschen) geben, der das ganze durchführt.
Für Umwelt- und Klimaschützer ist die Entscheidung aus Neuseeland ein signifikanter Meilenstein im Kampf um ein respektvolleres Verhältnis zwischen Mensch und Natur. Denn es eröffnet die Möglichkeit, mit neuen und effektiveren Methoden die Umwelt und Natur auf rechtlicher Ebene zu schützen und vor weiterer Ausbeutung zu bewahren.
So können Umweltschützer und Fürsprecher jetzt direkter klagen, wenn es zum Beispiel um Übernutzung, massive Abholzung, Verschmutzung und ähnliches geht, in dem sie beweisen, dass die Rechte des betroffenen Nationalparks oder Flusses verletzt worden sind.
Für den 'Te Urewera' Nationalpark bedeutet das, dass Menschen zwar immer noch den Park nutzen dürfen, aber Aktivitäten wie zum Beispiel Fischen oder Jagen strenger kontrolliert werden.
Andere Länder haben diese Regelung inzwischen ebenfalls zur Kenntnis genommen. Glaubt man der New York Times, stellt Kanada bereits Überlegungen an, ähnliche Regelungen zu adaptieren. (Ganz ehrlich, wundert das irgend wen? Kanada scheint sich zum besten Land der Welt zu mausern.)
Solche Überlegungen sind absolut großartig, denn sie begegnen der Herausforderung des Umweltschutzes auf neue und kreative Weise. Etwas, was wir angesichts der immer schneller wachsenden Bevölkerung und den immer schneller schwindenden Ressourcen dringend brauchen.
Die Umwelt zu schützen wird mit den Jahren immer herausfordernder, angesichts einer stetig wachsenden Bevölkerungszahl und den immer größer werdenden Ansprüchen. Internationale Klimaabkommen sind da ebenso wichtig wie ein nachhaltiges Handeln von jedem einzelnen von uns. Auch wenn wir in Deutschland (leider) noch nicht so weit sind, das Waldstück am Ende der Stadt als 'juristische Person' zu behandeln könnten wir ja alle trotzdem schon mal so tun als ob. Und mit gutem Beispiel voran gehen. Es muss nicht immer die Regierungen sein, die uns so etwas aufzwingt.