Mit dem Skateboard unterm Arm geklemmt brechen Mädchen in Afghanistan die Geschlechternormen auf. Der Dokumentationsfilm "Learning to Skateboard in a Warzone (If You're a Girl)" (Anmerkung der Redaktion: auf Deutsch in etwa “Im Kriegsgebiet (als Mädchen) Skateboad fahren lernen”) erzählt die Geschichten der Skater-Girls und gewann im Februar 2020 einen Oscar.
“Dieser Film ist mein Liebesbrief an die tapferen Mädchen in (Afghanistan)”, sagte Regisseurin Carol Dysinger beim Entgegennehmen des Preises.
In der Kurz-Doku geht es um die afghanische Nichtregierungsorganisation Skateistan. Die Personen im Verein bringen den Mädchen in den verarmten Vierteln Kabuls nicht nur das Skaten bei, sie helfen ihnen auch beim (Wieder-)Einstieg in das öffentliche Bildungssystem des Landes.
“Sie bringen den Mädchen Mut bei”, so Carol Dysinger. "Sie bringen ihnen bei zu sagen: ‘Ich bin hier. Ich habe etwas zu sagen. Und ich werde diese Rampe nehmen. Versucht nicht, mich aufzuhalten.’”
Die Idee zu Skateistan wurde geboren
Der australische Skateboarder Oliver Percovich besuchte Afghanistan zum ersten Mal im Jahr 2007. Immer wieder hat er den Jugendlichen dort seine Skateboards ausgeliehen und begann ein Jahr später mit Skate-Lektionen. Nach und nach gesellten sich Mädchen dazu und die Idee zu Skateistan nahm Form an.
Dass ein Skateboard in Afghanistan als Spielzeug angesehen wird, nutzt die NGO zu ihrem Vorteil, denn vielen Mädchen im Land ist es nicht erlaubt, Sport zu treiben. Trainerinnen unterrichten die Mädchen in eigenen Kursen, die für alle Kinder kostenlos angeboten werden. Inzwischen gibt es fünf Skateistan-Einrichtungen: drei sind in Afghanistan, eine in Kambodscha und eine in Südafrika.
Im Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter ist Afghanistan im weltweiten Vergleich eines der Schlusslichter. "Das Land rangiert auf dem Gender Inequality Index weit unten und die Alphabetisierungsrate für Frauen gehört zu den niedrigsten der Welt”, so UNICEF. “Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist dort weit verbreitet und die Mehrheit geht nicht zur Schule.”
Fast die Hälfte aller Kinder in Afghanistan zwischen sieben und 17 Jahren geht nicht zur Schule. Mädchen sind besonders benachteiligt: Im Landesdurchschnitt sind 60 Prozent der Kinder, die nicht zur Schule gehen, weiblich – in einigen Provinzen sind es bis zu 85 Prozent der Mädchen.
Einem Bericht von Human Rights Watch zufolge liegt das zum einen am Mangel von Lehrerinnen. Zum anderen heißen es viele afghanische Familien nicht gut, wenn ihre Töchter von Männern unterrichtet werden. Hinzu kommt, dass ein Drittel der Mädchen vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet werden. Mit der Hochzeit geht oftmals eine Entmutigung zum weiteren Schulbesuch einher.
Skateistan geht gegen diese Ungleichbehandlung vor, indem der Verein den Mädchen neue Perspektiven eröffnet, ihnen wichtige Kenntnisse vermittelt und so die Gleichberechtigung fördert. Wenn du dich auch für die Gleichstellung der Geschlechter einsetzen möchtest, kannst du hier aktiv werden.