Ein hohes Gericht in Pakistan hat auf Grundlage der Scharia entschieden, dass Männer minderjährige Mädchen heiraten dürfen – sofern diese ihre erste Periode hatten.
Die Scharia ist das islamische Recht, dass sich auf die Lehren des Korans bezieht. Da die Scharia im Islam die Ordnung Gottes repräsentiert, steht sie für strenggläubige Muslime über dem Gesetz.
Der Rechtsspruch wurde durch das Höchste Gericht in Sindh, einer der vier pakistanischen Provinzen, am 3. Februar verkündet. Er war das Ergebnis einer Klage, bei der ein 14-Jähriges katholisches Mädchen zur Konvertierung zum Islam und anschließender Kinderehe gezwungen wurde.
Urteil verstößt gegen geltendes Recht
Um zu beweisen, dass die Eheschließung ungültig und illegal war, zeigten die Eltern des Mädchens die Taufurkunde und eine Schulbescheinigung bei der Anhörung vor. Beide Beweise bestätigten, dass ihre Tochter Younus zum Zeitpunkt der Ehe noch minderjährig war. Die Familie berief sich in ihrer Klage auf das Verbot von Kinderehen, dass das Höchste Gericht in Sindh 2014 verabschiedet hatte.
Entgegen dieser Rechtslage entschieden die Richter, dass die Eheschließung zwischen Younus und ihrem Entführer Abdul Jabbar nach der Scharia rechtsgültig ist, da das junge Mädchen ihre erste Periode bereits durchlebt hatte.
Nach diesem verheerenden Urteil verkündeten Younus Eltern und ihr Anwalt Tabassum Yousaf, sich an das pakistanische Verfassungsgericht zu wenden.
“Wir werden nicht aufgeben, bis wir Gerechtigkeit erfahren“, sagte der Anwalt Yousaf gegenüber AsiaNews. Yousaf berichtete zudem, dass Younus nicht zu der Anhörung erschienen war. Damit ist sie bereits über vier Monate von ihrer Familie getrennt.
Kinderehen: Verbreitete Menschenrechtsverletzung
Weltweit ist eins von fünf Mädchen unter 18 Jahren bereits verheiratet, wie der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) berichtet. Diese Mädchen sind stark in ihrer Freiheit eingeschränkt und werden oft dazu gezwungen, früh Kinder zu bekommen. Dadurch erhöht sich ihr Risiko, Komplikationen während oder nach einer Schwangerschaft zu erfahren.
Bisher haben die Behörden in Sindh erst wenige Maßnahmen durchgeführt, um das Verbot von Kinderehen umzusetzen. Zudem wurde ein Gesetzesentwurf vorgelegt, nach dem das Verbot auf ganz Pakistan ausgeweitet werden soll. Die Verhandlungen im pakistanischen Parlament stagnieren jedoch zur Zeit.
Frauenrechtsorganisation fordert Revision
Flavia Mwangovya, internationale Leiterin der Frauenrechtsorganisation Equality Now, sagte gegenüber Global Citizen: “Equality Now fordert die Regierung Pakistans auf, ihren internationalen gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen und die eigenen Gesetze zu wahren. Dafür muss sie dieses rechtswidrige Urteil rückgängig machen und ab diesem Punkt einen fairen und korrekten Prozess garantieren.“
“Das beinhaltet, dass die Eltern von Huma [Younus] ihre Tochter sehen dürfen und dass Huma bei den Anhörungen anwesend ist“, so Mwangovya.