Weltweit wird Pakistan als drittgefährlichstes Land für Frauen und Mädchen eingestuft. Umso aufsehenerregender ist die Nachricht, dass die Provinz Punjab im Land jetzt ein Gesetz verabschiedet hat, das Frauen und Mädchen vor Gewalt schützen soll.
Das neue Gesetz sieht vor, alle Formen der Gewalt gegen Frauen als Straftat zu behandeln, inklusive häuslicher Gewalt, psychologischer, ökonomischer und sexueller Gewalt.
Unter dem Begriff 'Protection of Women against Violence' (Schutz von Frauen gegen Gewalt) wurde dieses Gesetz nicht nur lange herbeigesehnt, es wird auch von einer kostenfreien Hotline für Frauen begleitet, um Misshandlungen und Gewalttaten schnell und unkompliziert zur Anzeige zu bringen. Auch der Bau von verschiedenen Einrichtungen, die Frauen und Kindern im Notfall Schutz gewähren, ist in Planung.
Der Ausschuss will alle eingegangenen Anzeigen in einem Gremium behandeln und plant sogar, Täter mit GPS Armreifen auf Schritt und Tritt zu verfolgen.
Pakistan verzeichnet jedes Jahr mehrere tausend Fälle von Gewalt gegen Frauen, angefangen bei häuslicher Gewalt über Vergewaltigungen, Säureattacken, sexuelle Übergriffe, Kidnapping und Ehrenmorde. Eine ebenso traurige wie erschreckende Aufzählung. Laut Angaben der Aurat Foundation wurden allein in Punjab im Jahr 2013 über 5800 Fälle von Gewalttaten gegen Frauen verzeichnet - was 74% aller Gewalttaten gegen Frauen im gesamten Land ausmacht.
Pakistans Justizminister Rana Sanaullah zeigte sich erfreut und die Verabschiedung des neuen Gesetzes wurde auch über verschiedene Kanäle getwittert:
New law in Pakistan’s Punjab criminalises all forms of violence against women. https://t.co/AyPAww1KPFpic.twitter.com/MlgXdxsJBj
— Gulf News (@gulf_news) February 26, 2016
Mit Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung droht Tätern häuslicher Gewalt ab sofort bis zu einem Jahr Haft, Wiederholungstäter sogar zwei Jahre. Und auch wenn es in den ein oder anderen Ohren sich vielleicht nicht als ausreichend anhört, so ist es doch zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung. Und mit Sicherheit eine wichtige Ansage an (potentielle) Täter.
Es gibt allerdings auch Gegenstimmen. Einige orthodoxe Muslime prangern das Gesetz mit der Begründung an, dass es sich nicht mit dem Koran vereinbaren lässt. Einige, wie zum Beispiel der Vorsitzende der Jamia Binoria Priesterseminare in Karachi, Muhammad Naeem, gehen sogar soweit zu sagen, dass 'der Versuch, religiöse und nationale Werte zum Schutz von Frauen zu ändern, eine Tragödie großen Ausmaßes ist.'
Menschenrechtsaktivisten begrüßen daher das Gesetz mit offenen Armen, bleiben allerdings verhalten optimistisch. Denn das Gesetz wird letztendlich nur Erfolg haben können, wenn es auch umsetzt und ordentlich angewandt wird.
Auch die Vorsitzende der Menschenrechtskommission in Pakistan, Zohra Yusuf, sieht das so: „Die Änderung im Gesetz wird nur dann einen entscheidenden Unterschied machen, wenn es auch effektiv angewandt wird und die Legislative gewillt ist, sich weiterhin mit dem Thema zu beschäftigen und eine entsprechende Mitarbeit zusagt."
The change in Pakistan law will only make a difference if there is effective enforcement #ENDVAWhttps://t.co/R9cGGM8Ekz via @scotnational
— Gabriella Gillespie (@gabyez) February 27, 2016
Die gesamte Situation weckt also gemischte Gefühle - zum einen Freude, dass sich etwas tut, auf der anderen Seite die Sorge, dass es nur heiße Luft bleibt, nicht anständig umgesetzt und angewandt wird und Pakistan sich letztendlich auf schönen Worten ausruht, während sich die Lage für Frauen und Mädchen im Land nicht verbessert.
Global Citizens weltweit werden die Entwicklungen in den kommenden Monaten im Auge behalten und nach mehr Geschichten und Informationen Ausschau halten!