Not macht erfinderisch - in Algerien macht ein junger Mann diesem Sprichwort alle Ehre.
Tateh Lehbib ist 28 Jahre alt und kennt kaum ein anderes Leben als das auf der Flucht. Er gehört der ethnischen Gruppe der Sahrauis aus Westsahara an. Aufgrund des Westsaharakonflikts, der schon seit 1975 andauert, sind mittlerweile mehr als 165.000 Sahrauis aus ihrem Heimatland Marokko vertrieben worden. Die meisten der Geflüchteten leben heute in einem der fünf Flüchtlingslager in Süd-Algerien.
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Die Idee, ein Haus aus Plastikflaschen zu bauen, kam Lehbib, als er händeringend nach einer Wohnlösung für seine Großmutter suchte. Das Camp, in dem Lehbibs Großmutter und er wohnen, liegt in einer Wüstenregion, in der es tagsüber locker über 43 Grad Celsius heiß werden kann, während am Tag darauf kräftige Regengüsse niederprasseln.
„Ich wollte, dass sie nicht so sehr unter der Hitze leiden muss und die Möglichkeit hat, ein besseres, vor allem aber angenehmeres Leben zu führen“, erzählt Lehbib dem Online-Nachrichtenportal Middle East Eye.
Gesagt, getan. Lehbib füllte 6.000 Plastikflaschen mit Sand und Stroh, stapelte sie Reihe für Reihe aufeinander und befestigte sie mit Zement. Danach umhüllte Lehbib die Plastikflaschenwand mit einer weiteren Schicht Zement und Kalkstein und strich die Wände weiß an, damit sie das starke Sonnenlicht reflektieren. Voilà, fertig war die neue Wohnung.
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Laut Middle East Eye betragen die Kosten eines Plastikflaschenhauses gerade einmal ein Viertel eines herkömmlichen Lehmhauses (die Konstruktion einer Lehmhütte kostet bis zu 1.000 Euro). Außerdem sind die Plastikflaschen 20-mal widerstandsfähiger gegen Wind und Wetter, betont Lehbib.
Außerdem sollte man auch den positiven Recyclingaspekt nicht unterschätzen: Lehbib hat mittlerweile - dank der finanziellen Unterstützung des Kommissariats für Flüchtlinge der Vereinten Nationen - 25 solcher Hütten bauen können. Der Bau jeder einzelnen Hütte benötigt 6.000 Flaschen. Bei 25 Häusern konnten so bereits 150.000 Plastikflaschen recycelt werden - 150.000 Flaschen, die nicht auf einer großen Mülldeponie oder in den Meeren und Ozeanen landen (in denen übrigens schon jetzt jedes Jahr 5 - 13 Millionen Tonnen Plastik enden).
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Und noch ein wichtiger Aspekt kommt hinzu: die positiven Auswirkungen auf die Menschen im Flüchtlingscamp. Im Rahmen der Initiative, die Lehbib startete, konnten einige junge Flüchtlinge so Arbeit finden und neue, wertvolle Fertigkeiten erlernen. Die Website ThinkProgress schreibt außerdem, dass Lehbibs Kreativität solche Wellen geschlagen hat, dass es andere im Camp dazu inspiriert hat, ebenfalls Plastikflaschen zu sammeln und sie für andere Zwecke kreativ einzusetzen.
Lehbib hofft seinerseits, dass er sein Projekt, das mit nur einer Hütte für seine Großmutter begann, bald auf weitere Gemeinschaften ausweiten kann, die auf der Suche nach schnellen, unkomplizierten und günstigen Wohnlösungen sind.