In der Nacht am 21. Mai wurde ein 16-jähriges Mädchen aus Rio de Janeiro von 33 Männern vergewaltigt. Ja, richtig gelesen. Von dreiunddreißig Männern!

Kein Mensch, der jemals Opfer einer Vergewaltigung wurde, wird diese Gräueltat je vergessen. Auch dann nicht, wenn der Vergewaltiger Reue zeigt. Aber im Fall der 16-jährigen hat noch nicht einmal einer der Vergewaltiger die Tat bedauert. Ganz im Gegenteil! Nach der abartigen Tat prahlten die Peininger auch noch damit auf verschiedenen Onlineportalen und posteten Fotos und Videos von der Vergewaltigung. 
Schnell wurde die Öffentlichkeit auf die Fotos und Videos aufmerksam und meldeten den Inhalt bei der Polizei.

Das Opfer selbst meldete sich erst fünf Tage später bei der Polizei in Rio. In einem Interview erzählt sie, wie es zu der grausamen Tat kam: „Ich bin im Haus meines Freundes eingeschlafen. In einem völlig anderen Raum kam ich dann zu mir. Ein Mann lag unter mir, ein weiterer auf mir drauf. Zwei andere hielten mich fest, so dass ich mich nicht bewegen konnte. Die anderen Männer um mich herum haben laut gelacht. Sie verabreichten mir Drogen. Ich kann mich aber noch an Männer mit Waffen erinnern, die herum standen, lachten und sich über mich unterhielten.”

Die Polizei bestätigte nun, dass sie genügend Beweismaterial habe, um vier der Täter zu verurteilen. An der Verurteilung der übrigen 29 Männer wird weiterhin gearbeitet.

Der Fall hat Brasilien entsetzt und schockiert. Seitdem finden massive Proteste im ganzen Land statt.


Es gibt allerdings auch Menschen in Brasilien, die die Männer verteidigen und die komplette Schuld bei dem Mädchen sehen. Selbst einige Polizisten sprechen die Vergewaltiger von jeglicher Schuld frei. Das zeigt auf schockierende Weise, wie tief die Vergewaltigungskultur in Brasilien in den Köpfen vieler Menschen sitzt. Denn viele sehen eine Vergewaltigung noch immer nicht als Straftat an.

Gegen diese Menschen und auch gegen Medien, die das 16-jährige Opfer -und nicht die Vergewaltiger- für die grauenhafte Tat verantwortlich machen, geht nicht nur die Öffentlichkeit vor, sondern auch Abgeordnete, viele Polizisten und Politiker. Sie alle fordern eine längst überfällige Gerechtigkeit.

Und auch der weltberühmte Copacabana Strand wurde jetzt Teil der Protestkultur, um die weltweite Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. Vergangenen Montag ließen sich 420 rote bzw. mit roten Flecken versehene Slips im Sand finden. Zwischen den Slips stehen riesige Bilder von Frauen, auf deren Mündern ein roter Handabdruck prangert. Bilder und Slips sind Teil der „Ich werde niemals schweigen!”-Ausstellung des Künstlers Mario Freitas.


Den Stunt organisiert hat die Organisation „Rio de Paz“. Laut Aussage der Organisation soll die Aktion symbolisieren, dass in Brasilien alle 72 Stunden 420 Frauen vergewaltigt werden. Das sind pro Jahr 50.000 Vergewaltigungen. Nicht weltweit, sondern in einem einzigen Land! Und die Dunkelziffer ist wie so oft sicherlich weitaus höher, denn viele Opfer, die diese Gräueltat überleben, haben Angst davor, die Täter anzuzeigen.

Auf ihrer Facebook-Seite schreibt „Rio de Paz”: „Wir können den Missbrauch an Frauen nicht weiter hinnehmen. Wir wollen ihnen die Stimme geben, die ihnen zusteht.”


Mit ihrer Aktion will Rio de Paz nicht nur auf die tiefsitzende 'Vergewaltigungskultur' in Brasilien aufmerksam machen, sondern gleichzeitig weltweit relevante Themen wie die Verletzung von Grundrechten, Opferbeschuldigungen und die Forderung nach einem eindeutigen Einverständnis von Frauen zum Sex zur Diskussion stellen. Dem gegenüber will die Aktion vor allem in Brasilien dazu aufrufen, Gewalt gegenüber Frauen wie etwa häusliche Gewalt oder Vergewaltigung in der Ehe nicht zu bagatellisieren.

In letzter Zeit ist es allerdings nicht nur in Brasilien zu Protesten und Demonstrationen gekommen. In ganz Südamerika machen immer mehr Menschen auf Gewalt gegen Frauen und Frauenmorde aufmerksam und fordern ein Umdenken und Handeln.
In Argentinien zum Beispiel sind vor 2 Wochen tausende Menschen zusammengekommen, um gemeinsam den Mord an drei 12-jährigen Mädchen zu verurteilen. Die Demonstranten trugen lilafarbene Perücken, um so die Bewegung #NiUnaMenos - was grob übersetzt soviel heißt wie ‚keine weniger’ -  zu unterstützen.
Die brasilianische Organisation „Think Olga” hat ebenfalls mit dem Hashtag #PrimeiroAssedio - ‚die erste Belästigung’ - eine neue Bewegung ins Rollen gebracht. Sie möchte alle Opfer dazu ermutigen, offen über ihre Erfahrungen zu sprechen und ihre Vergewaltiger zur Anzeige zu bringen. Der Hashtag wurde innerhalb von nur vier Tagen mehr als 82.000 Mal getweetet. Und auch auf den Straßen Mexiko Citys kam es im April dieses Jahres zu Protesten, bei dem Frauen (und einige Männer) forderten, dass mexikanische Männer endlich ihr Machogehabe ablegen und Frauen anständig behandeln.

Frauen sollten weltweit vor sexuellen Übergriffen geschützt werden, egal wo und unter welchen Bedingungen sie leben. Dazu müssen nicht nur entsprechende Gesetze erlassen werden, sondern auch ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden. Protestaktionen wie diese am Copacabana Strand - kurz vor Beginn der Olympischen Spiele! - können hoffentlich dabei helfen, dass Regierungen endlich handeln, mehr Frauen sich in Zukunft trauen, ihre Peiniger anzuzeigen und generell ein Umdenken stattfindet, so dass Vergewaltigungen jeglicher Art in erlebbarer Zukunft der Vergangenheit angehören. 

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Gerechtigkeit fordern

Brasiliens Copacabana wird zur Kulisse massiver Anti-Vergewaltigungsproteste

Ein Beitrag von Garima Bakshi