Die junge Qandeel Baloch war in ihrer Heimat Pakistan, als auch über die Landesgrenzen hinaus, ein Internetstar. Fans bezeichneten sie als die 'pakistanische Kim Kardashian' - was vielleicht etwas übertrieben ist, wenn man bedenkt, dass Qandeel Baloch sich zwar in verführerischen Posen und enganliegender Kleidung zeigte, aber ansonsten keinen Vergleich zu genannter skandalgetriebener Hollywood-Frau hat.

Im Gegenteil, Qandeel Baloch wollte einfach nur frei und ungezwungen leben, roten Lippenstift tragen dürfen und ihrer größten Leidenschaft nachgehen: sich gezielt für Frauenrechte und eine freie Selbstbestimmung von Mädchen und Frauen in Pakistan einsetzen. Sie bezeichnete sich und ihr Engagement als 'Ein-Frauen-Armee' im Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen in ihrem Heimatland.

Das allerdings sah ihr Bruder anders. Er ärgerte sich über die 'freie' Lebensweise seiner Schwester, ihre angebliche Freizügigkeit und ihren Online-Erfolg. In der Nacht zu vergangenen Samstag betäubte er daher seine Schwester im Schlaf und erwürgte sie. Sein Argument: um die 'Ehre der Familie' wieder herzustellen.

Solche 'Ehrenmorde' sind leider keine Seltenheit in Pakistan. Allein letztes Jahr wurden in dem islamischen Land über 1100 Frauen brutal durch die eigene Familie aus Gründen der 'Ehre' ermordet.

Und ein massives Schlupfloch im pakistanischen Gesetz erlaubt es den meisten Mördern, mit ihrer Tat ungestraft davon zu kommen. Wenn nämlich die Familie der Getöteten dem Mörder 'offiziell verzeiht'. Da die Mörder jedoch fast immer aus der eigenen Familie stammen, wird diese Lücke ständig ausgenutzt und es entsteht eine Atmosphäre des 'ungestraften Davonkommens'.

In dem Fall Qandeel Balochs allerdings hat die Regierung in Pakistan jetzt bekannt gegeben, dass diese Möglichkeit dem Bruder nicht zugesprochen wird. Er wird sich also als Mörder vor einem Gericht verantworten müssen.

Diese Entscheidung könnte als signifikantes Fallbeispiel die Zukunft des Landes erheblich in eine neue Richtung lenken - nämlich, dass das Gesetz der 'Begnadigung durch die Familie' komplett abgeschafft wird.
Denn Qandeel Balochs Tod hat gezeigt, wie sehr die Meinung des Landes beim Thema 'Ehrenmord' auseinandergeht. Viele verurteilen den Mord scharf und begrüßen die aktuelle Entscheidung der Regierung - andere hingegen applaudieren dem Bruder zu seinem 'ehrenvollen' Handeln

Inzwischen ist allerdings bekannt, dass selbst bei Bestehenbleiben des Schlupfloches der Bruder sich vor Gericht verantworten müsse - denn der Vater hat offiziell Anklage gegen seinen Sohn erhoben. Balochs Eltern hätten ihm also nicht 'offiziell verziehen'.

Menschenrechtsaktivisten hoffen, dass der tragische Fall von Qandeel Baloch jetzt als Katalysator wirken wird, um Pakistan dazu zu bewegen, das Schlupfloch ein für alle mal zu schließen und Ehrenmorde in jedem Fall als Straftat zu behandeln.

Denn es gibt keine 'Ehre' in Ehrenmord. Gab es nie und wird es nie geben. 

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Gerechtigkeit fordern

Gerechtigkeit: 'Ehrenmord'-Täter darf nicht vorzeitig begnadigt werden

Ein Beitrag von Joe McCarthy