Als Kind habe ich gelernt: Recycling ist gut. Gut für die Umwelt. Gut, um Ressourcen zu schonen. Doch so einfach ist das nicht.

Im vergangenen Jahr bin ich mit meiner Kollegin Linnéa Kviske nach Ghana, Westafrika, geflogen. Ich hatte einen Hinweis bekommen, dass dort Blei recycelt wird, eines der wichtigsten und gleichzeitig giftigsten Schwermetalle. Die ‚Bleihütten’ stehen abseits von Elektro-Schrottplätzen, über die in deutschen Medien schon viel berichtet wurde.

Die Bilder von zertrümmerten Computern, von brennenden Müllbergen, von Kindern, die im Dreck nach kleinen Metallteilen suchen, sind grausam. Ich war nie an einem schlimmeren Ort.

Ein Aktivist bestätigte mir das Offensichtliche: Das was hier passiere, sei schlimm. Doch dann sagte er auch noch: Das, was in den Bleihütten passiert, sei schlimmer als schlimm. Manche Arbeiter würden dort nur ein halbes Jahr durchhalten, bis ihre Bauchschmerzen zu stark und ihre Körper zu schwach werden. Dann verschwinden sie, ohne dass je einer nach ihnen sucht. Keiner weiß, wie viele von ihnen schon durch die Arbeit ums Leben kamen.

Also machten wir uns auf die Suche nach diesen Orten und fanden vier Fabriken, betrieben von indischen Unternehmen.

Der Grund, warum sie hier Blei recycelen lassen, ist simpel: Arbeitskräfte sind billig und die Gesetze lasch. Selten wird kontrolliert, ob minimale Arbeitsstandards eingehalten werden.

Wir haben mit Aktivisten, Vertretern von Nichtregierungsorganisationen und Industriebetreibern gesprochen. Und wir haben Nasir, einen der Arbeiter, kennengelernt, und ihnen ein paar Tage begleiten dürfen: 

Man könnte meinen, Bleirecycling sei ein abstraktes Thema, das wenig mit unserem Alltag zutun hat. Aber in Wirklichkeit ist es ganz nah dran. Denn statistisch gesehen hat mehr als jeder zweite Deutsche ein Auto – und in jedem steckt eine Batterie, die hauptsächlich aus Blei besteht.

Die Autobatterien gelangen auf vielen Wegen nach Afrika. Oft werden sie samt eines alten Autos von Europa nach Westafrika verschifft – dagegen können Privatpersonen kaum etwas unternehmen. Was man als Autobesitzer aber tun kann? Beim nächsten Batteriewechsel in der Werkstatt nachfragen, wo die alte Batterie landet und sich vergewissern, dass sie in Deutschland recycelt wird. Oder die Batterie direkt selbst bei einem Recyclinghof abgeben.

Berichterstattung kann immer nur ein kleines Mosaik sein, um auf Unrecht aufmerksam zu machen – doch bestenfalls kann es der erste Schritt sein, um etwas zu verändern.

Global Citizen setzt sich dafür ein, die Welt gerechter zu machen. Dadurch, dass wir über wichtige Themen informieren und Entscheidungsträger auffordern zu handeln. Auch du kannst deine Stimme nutzen und hier aktiv werden.

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Ein Beitrag von Jana Sepehr