“Letzte Woche war ein wahres Auf und Ab” – diesen Ausdruck habe ich noch nie so sehr gefühlt wie zu dem Moment, als am 24. Juni mit breiter Mehrheit Paragraf 219a in Deutschland abgeschafft wurde und damit auch das Verbot, für Schwangerschaftsabbrüche zu werben.
Im Deutschlandbüro von Global Citizen sollte sich schon Feierlaune einstellen, als uns schlechte Nachrichten aus den USA erreichten: Der Oberste Gerichtshof hat das landesweite Grundsatzurteil Roe v. Wade mit der Begründung gekippt, dass die Verfassung das Recht auf Abtreibung nicht garantiere. Das Urteil von 1973 sicherte das verfassungsmäßige Recht auf Abtreibung im ganzen Land – nun entscheidet jeder Staat selbst, wie Schwangerschaftsabbrüche reguliert werden. Es steht bereits fest, dass mindestens 20 konservativ regierte Bundesstaaten diesen wichtigen medizinischen Eingriff verbieten werden. Das ist ein fataler Rückschritt für die Gleichberechtigung der Geschlechter in den USA und auch ein gefährliches Zeichen für die Welt – denn politische Entscheidungen in den USA haben schon immer auch die Politik in anderen Ländern beeinflusst.
Durch diese Entscheidung sind mehr als 33 Millionen gebärfähige Menschen in den USA der Gefahr ausgesetzt, in ihrem Staat keinen Zugang zu Abtreibungen mehr zu haben. Sollten Frauen und Menschen, die schwanger werden können, dennoch ihre Schwangerschaft abbrechen, können sie strafrechtlich verfolgt werden.
Viele Kliniken in diesen Bundesstaaten, die derzeit legale Schwangerschaftsabbrüche anbieten, müssen innerhalb weniger Tage schließen.
Doch wie kam es dazu? Die Entscheidung Roe v. Wade zu kippen, folgte auf einen von Richter Samuel Alito verfassten Meinungsentwurf, der am 3. Mai durchgesickert war und weltweite Reaktionen ausgelöst hatte. Einige Bundesstaaten veranlasste es bereits, den Zugang zu Abtreibungen zurückzudrängen, bevor der Oberste Gerichtshof eine offizielle Entscheidung zum Thema bekanntgab.
Jedes Jahr sind bereits 25 Millionen Personen gezwungen, auf gefährliche und unsichere Methoden zum Schwangerschaftsabbruch zurückzugreifen und wie in anderen Ländern trifft die Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs auch in den USA unverhältnismäßig viele Frauen und Mädchen, die in Armut leben.
Die USA gehören demnach zu einer kleinen Gruppe von Ländern, die in den letzten Jahren die Abtreibungsgesetze verschärft haben, darunter Polen, El Salvador und Nicaragua. Ein Viertel der Frauen und menstruierenden Personen im reproduktiven Alter weltweit lebt in einem der 66 Länder, die Abtreibung verbieten oder nur unter lebensbedrohlichen Umständen erlauben. Unsichere Abtreibungen sind weltweit die dritthäufigste Todesursache bei Gebärenden und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass jährlich 47.000 Gebärende an unsicheren Abtreibungen sterben.
Investitionen in die sexuelle und reproduktive Gesundheitsversorgung, einschließlich des Zugangs zu sicherem Schwangerschaftsabbruch, ermöglichen es Mädchen, in der Schule zu bleiben, unbeabsichtigte Schwangerschaften zu vermeiden und somit auch eine Heirat hinauszuzögern. Haben Frauen, Mädchen und Gebärende die Kontrolle über ihren eigenen Körper, verringert sich ihr Armutsrisiko und das künftiger Generationen.
Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte sind unabdingbar, um die Gleichstellung aller Geschlechter zu erreichen. Aktivist*innen aus aller Welt fordern dringende Maßnahmen zum Schutz der körperlichen Selbstbestimmung und des Abtreibungsrechts, um sicherzustellen, dass Gebärende selbst entscheiden können, ob und wann sie schwanger werden wollen.
Hier sind fünf Möglichkeiten, wie du dich für einen sicheren Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen einsetzen kannst.
1. Sende einen Tweet an die US-Regierung
Fordere die US-Regierung – also Präsident Joe Biden, Vizepräsidentin Kamala Harris und die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi – per Tweet auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die grundlegenden sexuellen und reproduktiven Rechte von Gebärenden zu schützen und die Entscheidungsfreiheit über ihren Körper und ihre Zukunft zu verteidigen.
2. Unterzeichne unsere Petition, in der die Verantwortlichen aufgefordert werden, in sexuelle und reproduktive Gesundheit zu investieren
Länder auf der ganzen Welt sind mit beispiellosen Angriffen auf die reproduktive Gesundheitsversorgung, einschließlich des Zugangs zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen, konfrontiert.
Fordere Staats- und Regierungschef*innen auf der ganzen Welt auf, neue und rechtzeitige Finanzierungszusagen zu machen, um den Zugang zur sexuellen und reproduktiven Gesundheitsversorgung weltweit zu gewährleisten und sich für das Recht der körperlichen Selbstbestimmung stark zu machen. Unterschreibe diese Petition!
3. Nimm an Demonstrationen teil
Proteste tragen dazu bei, die Aufmerksamkeit auf ein Thema zu lenken, die öffentliche Meinung zu verändern und die Politik zum Handeln zu bewegen, um Veränderungen zu bewirken. Großdemonstrationen sind eine wirksame Methode, um den führenden Politiker*innen mitzuteilen, was dir wichtig ist und sie haben im Laufe der Menschheitsgeschichte dazu beigetragen, die Gleichberechtigung voranzubringen.
Nimm an Kundgebungen in deiner Stadt oder deinem Bundesland teil oder organisiere selbst eine Demonstration.
4. Spende an Organisationen, die sich für das Recht auf Abtreibungen einsetzen
Es gibt zahlreiche Organisationen, die Patient*innen, die einen Schwangerschaftsabbruch benötigen, bei der Organisation und Deckung der Kosten für eine Abtreibungsbehandlung unterstützen. Spenden an diese Vereine helfen bei der Finanzierung von Transport- und Unterbringungskosten für Patient*innen, die weite Strecken zurücklegen müssen, weil sie in ihrer Umgebung keinen Zugang zu Dienstleistungen haben. Vor allem kleinere Organisationen brauchen Unterstützung.
5. Sprich mit Freund*innen und Verwandten offen über das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche
Eine offene und transparente Diskussion über Schwangerschaftsabbrüche kann dazu beitragen, das Stigma abzubauen und die Verbreitung von Fehlinformationen über diesen medizinischen Eingriff zu stoppen.