Der saudiarabische Kronprinz Mohammed bin Salman sagte kürzlich in einem Interview: Frauen und Männer seien „absolut" gleich. Eine überraschende und zugleich fragliche Aussage von einem der mächtigsten Männer eines Landes, das für seinen Umgang mit Frauen kritisiert wird wie kaum ein anderes.
„Wir sind alle Menschen, da gibt es keinen Unterschied", sagte er in dem „60 Minutes“-Interview, einem investigativen Nachrichtenmagazin auf dem US-Sender CBS.
Im vergangenen Jahr hat Prinz Mohammed schrittweise die Rechte der Frauen im Nahen Osten als Teil seines Plans „Vision 2030" zur wirtschaftlichen und sozialen Reform seines Landes erhöht.
Der Prinz wurde gefeiert für seine Bemühungen, Saudi-Arabiens Zukunft fortschrittlich zu gestalten – dabei scheint er selbst von der Vergangenheit inspiriert zu sein.
Während des Interviews mit Norah O'Donnell sagte der Prinz, dass die Saudis seit 1979 Opfer seien, als der benachbarte Iran eine strenge religiöse Entwicklung annahm und Extremisten in Saudi-Arabien an die Macht kamen. „Das ist nicht das wahre Saudi-Arabien", behauptet Prinz Mohammed. „Ich würde die Zuschauer bitten, ihr Smartphone zu benutzen, um das selbst herauszufinden. Sie können Saudi-Arabien in den 70ern und 60ern googeln und sie werden das echte Saudi-Arabien auf den Bildern zu sehen bekommen.“
Dennoch ist dieses Saudi-Arabien seit Jahrzehnten die Realität. Lange durften Frauen nicht Autofahren, eine Einschränzung die im In- und Ausland viel Kritik hervorbrachte. Im Herbst 2017 gab die Regierung dann bekannt, dass Frauen das Autofahren ab Juni erlaubt werden solle.
„Bei uns gibt es Extremisten, die das Zusammensein der beiden Geschlechter [an einem Arbeitsplatz] verbieten“, sagte er. Aber diese Ideologie widerspreche dem „wahren Modell“ des Islam, sagte der Prinz.
Die vielleicht überraschendste Aussage des Prinzen ist, dass die schwarze Abaya, die bislang eng mit den Frauenbild Saudi-Arabiens verbunden ist, nicht vom islamischen Gesetz - der Scharia - verlangt wird. Deshalb sollten Frauen auch nicht gezwungen sein, diese Kleidung zu tragen. Seine Haltung spiegelt die von Sheikh Abdullah al-Mutlaq, einem hochrangigen saudisch-islamischen Gelehrten, wider. Dieser sagte vor einem Monat, dass Frauen keine Abayas tragen sollten – denn dies täten 90 Prozent der Frauen in der muslimischen Welt auch nicht.
„Die Gesetze sind sehr klar und in den Gesetzen der Scharia ist festgelegt, dass Frauen anständige, respektvolle Kleidung tragen sollen, so wie Männer auch", sagte Prinz Mohammed. „Dies ist jedoch nicht spezifiziert auf eine schwarze Abaya oder eine schwarze Kopfabdeckung. Die Entscheidung bleibt den Frauen überlassen, welche Art von anständiger und respektvoller Kleidung sie tragen möchten."
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Reuters berichtet, dass Frauen seit ein paar Jahren bereits bunte Kopftücher und Kleidung tragen, manche sogar offene Abayas über Jeans oder langen Röcken.
Das Land arbeite an mehr, als Frauen nur das Autofahren zu erlauben, sagt der Kronprinz. Die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern sei der nächste Schritt.
„In Saudi-Arabien haben Frauen ihre vollen Rechte noch nicht erreicht“, sagt er. „ Es gibt im Islam festgelegte Rechte, die sie immer noch nicht haben. Wir sind sehr weit gekommen und haben noch einen kurzen Weg vor uns."
Diese Aussage würden wohl durchaus viele infrage stellen. Wenn es um Menschenrechte geht, hat Saudi-Arabien noch einen langen Weg vor sich. Der Kronprinz hat nicht erwähnt, ob weitere Maßnahmen ergriffen werden würden, um das System der männlichen Vormundschaft zu demontieren. Noch immer sind Frauen dazu verpflichtet, die Erlaubnis eines männlichen Verwandten einzuholen, um beispielsweise einen Job oder eine Reise anzutreten.
“Today, Saudi women still have not received their full rights. There are rights stipulated in Islam that they still don’t have. We have come a very long way and have a short way to go.” --Crown Prince Mohammed on improving conditions for women. pic.twitter.com/ke8fGvJsCA
— 60 Minutes (@60Minutes) March 19, 2018
Auch für seine Rolle im Krieg im benachbarten Jemen, wurde Saudi-Arabien stark kritisiert. Im Jemen wurden Zivilisten ins Visier genommen wurden, Saudi-Arabien errichtete Blockaden und hielt Transporte von Hilfsgütern auf, was zu schrecklichen Hungersnöten geführt hat.
Viele Menschen legen große Hoffnung in die Worte des Kronprinzen. Jetzt bleibt abzuwarten, ob auf die Worte auch Taten folgen.
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